Internationales Festival für Dichtung und Kammermusik in Bistritz
Seit sieben Jahren ist die Poesie im Monat Juli in Bistritz zu Hause. Und nicht nur die Poesie. Bei jeder Auflage des Internationalen Poesie– und Kammermusikfestivals Die Poesie lebt in Bistriţa“ gibt es zahlreiche Events, die das Kulturleben animieren.
Corina Sabău, 18.06.2016, 17:45
Seit sieben Jahren ist die Poesie im Monat Juli in Bistritz zu Hause. Und nicht nur die Poesie. Bei jeder Auflage des Internationalen Poesie– und Kammermusikfestivals Die Poesie lebt in Bistriţa“ gibt es öffentliche Lesungen, Buchvorstellungen, Konzerte, Theateraufführungen, Rundtischgespräche, die das Kulturleben in Bistritz animieren. Das Festival ist auch ein Beweis dafür, dass auch in Rumänien, wo öffentliche Lesungen keine lange Tradition haben, das literaturinteressierte Publikum den Wunsch hat, die Schriftsteller live zu erleben. Es ist erstaunlich, wie drei Menschen — der Festivalleiter Gavril Ţărmure und die zwei Schriftsteller, die die Auswahl treffen, Marin Mălaicu-Hondrari und Dan Coman, es schaffen, eine Stadt zu verwandeln. Nach einer der ersten zwei Auflagen des Festivals Die Poesie lebt in Bistriţa“ sagte der Schriftsteller Mircea Cărtărescu: Ich hatte keine hohen Erwartungen; aber auch wenn ich hohe Erwartungen gehabt hätte, hätte das Festival sie übertroffen. Ich habe meine Schüchternheit überwunden, und, zu meinem Erstaunen, war die Kommunikation mit den Menschen hervorragend. Dadurch habe ich viel gewonnen. Jetzt habe ich ein viel besseres Bild über die rumänische Dichtung der Gegenwart.“
Mehr über das Festival Die Poesie lebt in Bistriţa“ erfahren Sie vom Schriftsteller Marin Mălaicu-Hondrari, der dieses Jahr zusammen mit dem Dichter Dan Coman und dem Festivalleiter Gavril Ţărmure die Auswahl der Teilnehmer getroffen hat:
Wenn Mircea Cărtărescu dies sagt, dann glaube ich ihm. Die Festivalauflage, an der er teilgenommen hat, habe ich noch in Erinnerung. Damals war Mircea Cărtărescu bei allen Lesungen dabei und hörte allen Dichtern aufmerksam zu, sowohl den jungen Autoren, als auch den Dichtern seiner Generation. Er war voll dabei. Unsere Idee für dieses Festival war, Dichter aller Generationen zusammenzubringen, jedes Jahr ein Panorama der rumänischen Gegenwartsdichtung zu bieten, die insbesondere die Dichter mit mindestens einem veröffentlichten Poesieband präsentieren sollte. Dieses Jahr haben wir Dichter eingeladen, die im Jahr 2015 oder sogar 2016 neue Poesiebände veröffentlicht haben.“
Der Internationale Poesiefestival Die Poesie lebt in Bistriţa“ ist mit jeder Auflage gewachsen. Jedes Jahr gab es mehr Veranstaltungen, Theateraufführungen, Lesungen in Haftanstalten, Rundtischgespräche über Literatur, wie zum Beispiel das schon zur Tradition gewordene Rundtischgespräch im Plan B Club Café, die Veranstaltungen im Club Blecher und der Lektüreclub, geleitet und moderiert von Claudiu Komartin, an dem bis jetzt 150 rumänische Schriftsteller und Dichter der Gegenwart teilgenommen haben. Seit einigen Jahren laden die Dichter auch Prosaschriftsteller ein, und 2013 war die erste internationale Auflage des Poesiefestivals in Bistriţa. Zu den Gästen des Festivals, die im Laufe der Jahre aus ihrer Dichtung vorgelesen haben, gehören Constantin Acosmei, Daniel Bănulescu, Andrei Bodiu, Marius Chivu, Florin Partene, Ioan Es. Pop, Oana Văsieş, Gabi Eftimie, Mihail Gălăţanu, Adela Greceanu, Vlad Moldovan, Ion Mureşan, Ştefan Manasia (Rumänien), Vladimir Đurišić (Montenegro), Jan Mysjkin (Belgien), István Kemény (Ungarn), Henrik Nilsson (Schweden), Enrique Nogueras (Spanien). Das Poesiefestival in Bistriţa war nicht von Anfang an als internationale Veranstaltung geplant — es hat sich nach und nach dazu entwickelt. Der Schriftsteller Marin Mălaicu-Hondrari dazu:
Als wir das Festival planten, wussten wir nur eins: Wir wollten dem literaturliebenden Publikum aus Bistriţa und den Festivalgästen, die aus anderen Regionen Rumäniens zu uns kamen, Poesie schenken. Wir hätten nie daran gedacht, dass wir auch ausländische Dichter einladen würden, und auch nicht, dass wir auch Unterstützung von erfahrenen Profis auf diesem Gebiet bekommen würden. Der Schriftsteller und Literaturübersetzer Florin Bican zum Beispiel hat viele Übersetzungen für unser Festival gemacht. Dadurch haben wir an Vertrauen gewonnen — wenn man das Festival ohne Eile, richtig organisiert, wenn man keine Kompromisse macht, kann alles gelingen. Das Festival ist im Laufe der Jahre gewachsen, und hatte positive Echos in den europäischen Literaturzeitschriften und im europäischen Kulturraum. Wir haben eine starke Verbindung zum Flemish Literature Fund, der jedes Jahr die Beteiligung eines flämischen Dichters am Festival in Bistritz unterstützt. Und beginnend mit diesem Jahr hoffen wir auf eine dauerhafte Zusammenarbeit mit der US-Botschaft in Rumänien, die uns bei dieser Auflage ermöglicht hat, zwei Dichter aus den USA nach Bistriţa einzuladen.“
Wie sieht die rumänische Dichtung der Gegenwart aus der lebhaften Perspektive des Internationalen Poesie– und Kammermusikfestivals Die Poesie lebt in Bistriţa“ aus? Der Schriftsteller Marin Mălaicu-Hondrari, der dieses Jahr zusammen mit dem Dichter Dan Coman und dem Festivalleiter Gavril Ţărmure die Auswahl der Teilnehmer getroffen hat, antwortet:
Die rumänische Dichtung sieht sehr gut aus, zum Beispiel im Vergleich zur spanischen Gegenwartsdichtung, die ich im Original lesen kann. Zurzeit sind wir wirklich auf einem sehr hohen Niveau. Es geht vor allem um einige bekannte Dichter, aber auch die jungen Dichter sind bemerkenswert. Alex Văsieş, der dieses Jahr zum Festival eingeladen wurde, hat neulich beim Verlag Cartea Românească einen Poesieband mit dem Titel »Instalaţia« veröffentlicht. Bei demselben Verlag debütierte dieses Jahr auch die junge Dichterin Alina Purcaru. Ioan Es. Pop und Angela Marinescu sind zwei bekannte Namen der rumänischen Gegenwartsdichtung. Das wird besonders klar, wenn man weiß, wie sich die Gegenwartsdichtung anderer Länder, anderer Kulturen präsentiert. Wenn wir über die verkauften Poesiebände sprechen, dann sieht die Lage weniger gut aus. Das kommt aber davon, dass der Literaturmarkt in Rumänien im Allgemeinen nicht sehr gut funktioniert, weder bei Poesie noch bei Prosa. Das Gute dabei ist, dass man trotzdem den Mut hat, Poesiebände zu veröffentlichen, rumänische Originaldichtung und auch Übersetzungen. Wir haben beim Verlag Charmides ungarische und polnische Dichter der Gegenwart übersetzt, und jetzt versuchen wir, eine Anthologie mit Übersetzungen aus dem Werk eines spanischen Dichters herauszubringen.“