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Filmproduzentin Ada Solomon: „Filme sollten eigene Ansichten hinterfragen“

Seit Mitte Februar ist die rumänische Filmproduzentin Ada Solomon geschäftsführende Präsidentin von European Women‘s Audiovisual Network (EWA). Das Netzwerk unterstützt die Gleichstellung der Frauen im Bereich audiovisuelle Medien.

Filmproduzentin Ada Solomon: „Filme sollten eigene Ansichten hinterfragen“
Filmproduzentin Ada Solomon: „Filme sollten eigene Ansichten hinterfragen“

, 28.07.2018, 17:30

Die rumänische Filmproduzentin Ada Solomon ist die neue geschäftsführende Präsidentin von European Women’s Audiovisual Network (EWA), als Nachfolgerin der Filmregisseurin Isabel de Ocampo. Das Netzwerk European Women’s Audiovisual Network unterstützt die Gleichstellung der Frauen, die im Bereich audiovisuelle Medien arbeiten, und monitorisiert den Zugang der Filmemacherinnen zum Arbeitsmarkt, deren Einstellungschancen und Finanzierungsmöglichkeiten in Europa. Zu den EWA-Zielen gehören die Schaffung einer starken Gemeinschaft der berufstätigen Frauen im Bereich audiovisuelle Medien, der Erfahrungsaustausch, die gegenseitige Unterstützung sowie die Förderung der audiovisuellen Produkte, die von Frauen geschaffen werden. Das European Women’s Audiovisual Network verleiht jedes Jahr Preise bei den Festivals DOK Leipzig, WEMW-Trieste und La Coruña. Ada Solomon:



Das European Women‘s Audiovisual Network (EWA) hat sich in den letzten Jahren sehr schön entwickelt. Bei EWA wird wenig geredet und viel getan, und das ist auch meine Arbeitsweise. EWA wurde vor mehreren Jahren gegründet, unsere Organisation ist keine neue Reaktion zum Schutz der Frauen im audiovisuellen Bereich. Unser Netzwerk basiert vor allem auf Erfahrungsaustausch, auf Erfolgsbeispielen. Die Filmemacherinnen, die mehr Erfahrung haben, sprechen mit den jüngeren Kolleginnen über ihre positiven Erfahrungen. Da kommt sehr viel zusammen, und ich glaube, dass es viele positive Beispiele über die Integration der Frauen in der Filmindustrie gibt, die wir ausnutzen sollten. Wir müssen auf diesen positiven Beispielen bauen. Das ist meine Ansicht — im Leben schaue ich immer auf die volle Hälfte des Glases.“




In den letzten Jahren war Ada Solomon in mehreren EWA-Projekten aktiv — 2014 moderierte sie die Debatte Gender Representation in European Films“ in Berlin, 2017 hielt sie eine Masterclass beim EWA-Jahrestreffen und 2018 beteiligte sie sich an dem Mentoring-Schema für Nachwuchsproduzentinnen in Triest. Ada Solomon über die Aktivität der Frauen in der Filmindustrie:



Es ist wichtig, darüber zu diskutieren. In den letzten Jahren wurden die Frauen im Bereich audiovisuelle Medien sehr aktiv, aber das war nicht immer so. Jahrelang waren die Filmemacherinnen, die Regisseurinnen, die Filmproduzentinnen so gut wie unsichtbar. In den letzten Jahren habe ich die Filmprojekte einiger jüngeren oder auch bekannteren Filmemacher verfolgt, und es war für mich sehr interessant, zu beobachten, dass es eine beinahe obsessive Rückkehr zum Thema Familie oder kleine Gemeinschaft gibt und dass die Mutterfigur im Kino immer wichtiger wird. Andererseits habe ich festgestellt, dass die Präsenz einer Frau in einem Team (Filmemachen ist immer Teamwork) extrem wichtig ist. Eine Frau kann sich einem Projekt völlig widmen, sie weicht von ihrem Ziel nicht ab, sie hat Vermittlertalent, Einfühlungsvermögen, Diplomatie und ein weniger prägnantes Ego als ein Mann. Diese Qualitäten müssen die Frauen richtig einsetzen.“




Ada Solomon hat mehr als 50 Filme produziert und koproduziert; diese wurden mit insgesamt 180 Preisen bei internationalen Filmfestivals ausgezeichnet. Ada Solomon produzierte mehrere preisgekrönte Spielfilme. Din dragoste cu cele mai bune intenţii“ (Best intentions“) des Regisseurs Adrian Sitaru gewann zwei Preise beim Internationalen Filmfestival in Locarno. Mit dem Regisseur Radu Jude hatte Ada Solomon eine besonders erfolgreiche Zusammenarbeit — sie produzierte drei vielfach ausgezeichnete Spielfilme von Radu Jude: Toată lumea din familia noastra” (Everybody in Our Family“) wurde mit dem Preis Heart of Sarajevo 2012, dem gro‎ßen Preis Bayard d’Or, dem Preis für den besten Darsteller beim Internationalen Filmfestival Namur und mit dem Gro‎ßen Preis des Internationalen Filmfestivals CinEast IFF ausgezeichnet; Aferim!“, der bei mehr als 30 internationalen Filmfestivals vorgeführt wurde, gewann einen Silbernen Bären für die beste Regie bei der Berlinale 2015, die Gro‎ße Trophäe beim internationalen Filmfestival IndieLisboa, den FIPRESCI-Preis beim Jameson CineFest Miskolc, den Publikumspreis beim Let’s CEE Filmfestival und den Bayard d’Or beim Frankophonen Filmfestival in Namur; Inimi cicatrizate“ (Vernarbte Herzen“) erhielt unter anderen den Sonderpreis der Jury in Locarno und den Silver Astor für die beste Regie beim Filmfestival Mar del Plata. Ada Solomon produzierte auch den Spielfilm Poziţia copilului“ (Mutter und Sohn“), Regie Călin Peter Netzer, der 2013 als erster rumänischer Spielfilm bei der Berlinale den Goldenen Bären gewann.



2017 produzierte Ada Solomon 5 Streifen — 3 Spielfilme und 2 Dokumentationen, die als wichtigste rumänische Filmproduktionen des Jahres gelten: Un pas în urma serafimilor“ (Einen Schritt hinter den Seraphim“), Drehbuch und Regie Daniel Sandu, Mariţa“, Regie Cristi Iftime, Ţară moartă“ (Totes Land“), Regie Radu Jude, Ouăle lui Tarzan“ (Tarzans Eier“), Regie Alexandru Solomon, Soldaţii. O poveste din Ferentari“ (Soldaten. Eine Geschichte aus Ferentari“), das Debütspielfilm der Regisseurin Ivana Mladenović. Ada Solomon über ihre Produktionen:



Bei der Auswahl meiner Filmproduktionen orientiere ich mich nach den Menschen, die diese Filme machen wollen. Die Art und Weise, wie ich mir die Leute aussuche, hängt davon ab, wie ich die Welt sehe, welche gemeinsame Werte ich mit diesen Menschen teile. Ich könnte nie mit jemandem zusammenarbeiten, wenn wir nicht dasselbe Wertesystem haben. Wenn ich über die Produktionen des Jahres 2017 nachdenke, so kann ich sagen, dass die Regisseure und ich viel Gemeinsames haben. Vor allem die Art und Weise, wie wir die Welt sehen und sie dem Publikum zeigen wollen. Selbstverständlich habe ich mir die Filme sehr sorgfältig ausgesucht, eine Filmproduktion kostet sehr viel Geld, und ich will mit meinen Filmproduktionen dem Publikum nicht blo‎ß anderthalb Stunden leichte Unterhaltung bieten. Ich empfinde es als meine Pflicht, dem Publikum viel mehr zu bieten — ein Thema für eine Debatte, eine Hinterfragung der eigenen Ansichten, eine Betrachtung der eigenen Stellung gegenüber der Welt, in der wir leben. Ob mir das gelingt oder nicht — das bleibt noch zu sehen. Ich tue aber, was ich am besten wei‎ß und kann, um Reaktionen und Diskussionen zu provozieren.“




2013 wurde Ada Solomon bei der Gala der Europäischen Filmakademie (EFA) in Berlin mit dem Europäischen Koproduktionspreis EURIMAGES ausgezeichnet. Ein Jahr später war sie Koproduzentin bei Maren Ades mehrfach ausgezeichnetem Spielfilm Toni Erdmann“. Die Weltpremiere hatte Toni Erdmann“ 2016 in Cannes, wo er mit dem Preis der Filmkritiker- und Filmjournalisten-Vereinigung FIPRESCI für den besten Film im offiziellen Wettbewerb ausgezeichnet wurde und auch ein Favorit der Filmkritiker für die Goldene Palme war. Der fast vollständig in Rumänien gedrehte Streifen erhielt eine Oscar-Nominierung 2017 und wurde von BBC Culture in die Liste der besten 100 Filme des 21. Jh. aufgenommen. Im Januar 2018 erhielt Ada Solomon den Preis der Organisation Central European Initiative für ihren Beitrag zum interkulturellen Dialog im Rahmen des Festivals Alpe Adria Trieste. Ada Solomon ist Vertriebsdirektorin bei microFILM und Initiatorin des internationalen Filmfestivals NexT. Sie ist auch Mitglied im Board der Europäischen Filmakademie und Koordinatorin für Rumänien bei European Audiovisual Entrepreneurs (EAVE).

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