Filmfestival im Donaudelta: Anonimul-Preis geht an Bogdan Alexandru
Der Publikumspreis für den besten Kurzfilm beim Internationalen Filmfestival ANONIMUL 2023 geht an Antrenamentul de noapte (dt: Nachttraining) von Regisseur Bogdan Alecsandru. Für den Kurzfilmwettbewerb waren mehr als 100 Filme eingereicht worden.
Corina Sabău, 30.09.2023, 13:08
Für die Endauswahl bei Anonimul wählte Filmkritiker Ionuț Mareș 12 Titel aus, von denen viele von bekannten Namen des rumänischen Kinos gezeichnet waren.
Der Film von Bogdan Alecsandru wurde auch in den Wettbewerb der rumänischen Filmtage auf dem TIFF (Transilvania International Film Festival) aufgenommen. Bogdan Alecsandru, der vor kurzem sein Studium der Filmregie an der Nationalen Universität für Theater und Kino (UNATC) I.L. Caragiale in Bukarest abgeschlossen hat, nahm zum zweiten Mal am Kurzfilmwettbewerb des Anonimul teil. Letztes Jahr war er in Sfântu Gheorghe im Donaudelta, wo das Festival jedes Jahr stattfindet, mit seinem ersten Kurzfilm Unser Haus vertreten. Wir sprachen mit Bogdan Alecsandru über das Thema seines Films und die Reaktionen des Publikums bei Anonimul.
Dies ist das zweite Jahr, in dem ich am Kurzfilmwettbewerb von ANONIMUL teilnehme, und es ist auch das zweite Jahr, in dem das Festival selbst etwas ganz Besonderes und sehr Spezielles ist. Ich habe Leute getroffen, die Monate im Voraus buchen, um an dem Festival teilnehmen zu können, das, wie Sie wissen, an einem ziemlich abgelegenen Ort stattfindet. In Sfântu Gheorghe gibt es nicht viel zu tun, und das ist das Tolle daran, dass sich die Menschen dort versammeln, um Filme zu sehen, daher die ganz besondere Atmosphäre. Ich war mit dem Film dort und ich war froh, dass ich gekommen bin. Für mich ist es sehr wichtig, mit dem Publikum hier in Kontakt zu kommen, ein ganz besonderes und engagiertes Publikum. Übrigens wird dieser Preis, der Publikumspreis, an junge Filmemacher durch Abstimmungen vergeben, sowohl physisch als auch online, und für mich ist das eine prägende Erfahrung, würde ich sagen.
Während des Festivals wird jeder Kurzfilm zweimal vorgeführt. Bei einer dieser Vorführungen gibt es auch eine Fragerunde, und das ist tatsächlich das einzige Mal, wo man vor das Publikum kommt und direkt mit ihm interagieren kann. Ich fand die Reaktionen ziemlich enthusiastisch, und es hat mir Spaß gemacht, weil ich einen ziemlich publikumsfreundlichen Kurzfilm mit Elementen des Horrorgenres, ich würde sogar sagen, des Thrillers, im klassischsten Sinne machen wollte. Deshalb habe ich erwartet, dass der Film gut ankommt, aber ich habe nicht mit dieser Auszeichnung gerechnet. Denn auch wenn es sich um einen populären Publikumsfilm handelt, so beleuchtet er doch ein ziemlich sensibles Thema in Rumänien, nämlich die Beziehung zwischen zwei Menschen gleichen Geschlechts.
Bogdan Alecsandru interessiert sich laut eigenen Aussagen besonders für das Queer-Kino, das in Rumänien noch immer eine Nische darstellt. Und er habe es nicht eilig, sein Spielfilmdebüt zu geben, da er sich nach wie vor für das Kurzfilmgenre begeistere, das er seiner Meinung nach noch nicht genug erforscht habe.
In Rumänien gibt es nur wenig queeres Kino, d. h. Filme, die Geschichten über gleichgeschlechtliche Beziehungen erzählen. Allerdings wurde diese Art von Kino schon früher in Angriff genommen, aber der erste rumänische Queer-Film kam erst recht spät, 2006, als Tudor Giurgiu <Krankhafte Beziehungen> drehte. Ich denke, dass es viele Geschichten dieser Art gibt, die noch nicht erzählt wurden oder die bis vor kurzem nicht die Möglichkeit hatten, erzählt zu werden, und ich bin daran interessiert, in diesem Sinne ein wenig Aufschluss zu geben, ich interessiere mich jetzt für diesen Bereich des Kurzfilms, der sicherlich als eine Übung oder ein Training betrachtet werden kann. Aber ich halte den Kurzfilm für eine sehr wertvolle eigene Gattung, so dass ich zumindest in den nächsten Jahren versuchen werde, das Spezifische daran zu erforschen. Das heißt, ich versuche Kurzfilme zu vermeiden, die eher wie ein Anfang oder eine Vorführung für einen Spielfilm wirken könnten. Das gilt für die Gegenwart.
In Zukunft weiß ich nicht, was ich machen werde, denn ich bin noch recht jung und ändere meine Interessen recht schnell. Wenn wir über das rumänische Kino sprechen, denke ich, dass es gerade eine gute Zeit erlebt, und es war eine Freude, in einer Auswahl zu sein, in der die Mehrheit der Filmemacher Frauen waren. Viele dieser Künstler sind auch meine Freunde, und ich freue mich über ihren Weg. Ich finde es auch gut, dass es immer mehr kommerzielle Filme gibt, dass dieses Phänomen zu wachsen scheint. Ich denke dabei an Filme wie Teambuilding, die in den Kinos ziemlich hohe Einspielergebnisse erzielt haben, was bei rumänischen Filmen selten der Fall ist. Ich halte das für eine gute Sache, auch weil diese Art von Filmen die Sichtweise der Rumänen auf rumänische Filme ein wenig verändern könnte, aber natürlich auch aus kommerzieller Sicht. Ich denke, eine funktionierende Industrie sollte sowohl Autoren– als auch kommerzielle Filme haben.
Zur Besetzung von Nachtraining gehören Andrei Giurgea, Tiberius Zavelea, Gabriel Spahiu, Marc Titieni, Rareș Ularu, Horațiu Băcilă, Vlad Tudoran, Robi Brage und Antonio-Daniel Petrica.
(deutsche Fassung von Alex Sterescu)