Englischsprachiger Buchmarkt: Taffe Szene für rumänische Literatur
Unter dem Motto "Voices of Freedom" (Stimmen der Freiheit) war die diesjährige Teilnahme Rumäniens an der Londoner Buchmesse - eine der größten Veranstaltungen für Literaturschaffende - allen Generationen einheimischer Schriftsteller gewidmet, die in völliger Redefreiheit geschaffen haben.
Corina Sabău, 20.04.2024, 00:11
35 Jahre nach der Wende feierte das rumänische Kulturinstitut bei einer neuen Ausgabe der Londoner Buchmesse die Freiheit in all ihren kreativen Formen. Unter dem Motto „Voices of Freedom“ (Stimmen der Freiheit) war die diesjährige Teilnahme Rumäniens an der Londoner Buchmesse – eine der größten Veranstaltungen für Literaturschaffende – allen Generationen einheimischer Schriftsteller gewidmet, die in völliger Redefreiheit geschaffen haben. Das Rumänische Kulturinstitut bereitete ein dichtes Programm mit Buchvorstellungen und Konferenzen und Veranstaltungen des gesprochenen Wortes vor, die am Stand auf der Messe, in der Londoner Zentrale des Instituts, in der Barbican Library und in der Conway Hall stattfanden. Eli Bădică, Koordinatorin und Initiatorin der Sammlung zeitgenössischer rumänischer Literatur bei der Nemira Publishing Group bewertet bei RRI die Teilnahme an der Londoner Buchmesse aus ihrer Sicht als Verlegerin.
„Natürlich ist eine Messe wie diese auch für die Öffentlichkeit zugänglich, aber es findet kein Buchverkauf statt. Es ist also nicht wie in Rumänien, mit vielen Ereignissen und Buchpremieren, sondern eine Veranstaltung vor allem für Literaturagenten, Verleger, Kulturmanager und Übersetzer, eine literarische Vernetzung, aber auch eine kommerzielle. Für mich und meine Branchenkollegen ist es eine wichtige Messe, die zweitwichtigste der Welt nach Frankfurt. Sie sind auch strategisch günstig, im Frühjahr und im Herbst, weil dabei normalerweise Übersetzungsrechte gekauft werden. Einige der rumänischen Veranstaltungen fanden beim Sitz des Rumänischen Kulturinstituts statt, zwei weitere in Bibliotheken, also in prächtigen Räumen. Rumänische Schriftsteller, Literaturkritiker und Kulturmanager waren anwesend und nahmen an einigen sehr interessanten Diskussionen teil. Es wurden auch mehrere neuere Übersetzungen aus dem Rumänischen ins Englische vorgestellt. Dabei kam die Diskussion wieder auf, dass nur 3 % des angelsächsischen Buchmarkts Übersetzungen sind. Ich sage dies, um zu verstehen, wie schwierig es für rumänusche Verlage ist, für ihre Autoren jemand zu finden, der sie auf einem Markt herausbringt, in dem das Englische dominiert. Ich habe mich in London mit Übersetzern, Verlegern und Agenten getroffen, die sich wirklich dafür interessieren, was rumänische Autoren schreiben”.
Was laut Verlagsfrau Eli Bădică die wenigsten außerhalb der Szene wissen, ist, dass die Verlagspläne in der Regel auf sehr wenige Autoren aus dem Osten ausgerichtet sind, manchmal nur auf einen pro Verlagsjahr. Und dann muss man versuchen, den Verleger, den Übersetzer oder den Agenten davon zu überzeugen, dass dieser osteuropäische Schriftsteller es verdient, ein rumänischer Schriftsteller zu sein, erläutert sie.
Die Teilnahme an dieser Ausgabe der Londoner Buchmesse wurde mit einer Veranstaltung eröffnet, die den Stimmen rumänischer und britischer Schriftstellerinnen gewidmet war. Elena Vlădăreanu, Initiatorin und Koordinatorin des Sofia-Nădejde-Preises, der an zeitgenössische rumänische Autorinnen verliehen wird, war auch dabei und sagt, dass Feminismus ein Schwerpunktthema der Diskussion war.
„Eine der Schriftstellerinnen, die an dieser Diskussion teilnahmen, war Alina Purcaru, die zusammen mit Paula Erizanu die dreibändigen Anthologie Ein Jahrhundert rumänischer Poesie von Frauen koordinierte, die vom Verlag Cartier herausgegeben wird. Es handelt sich um eine sehr wichtige Anthologie, denn Alina und Paula haben ein Jahrhundert rumänischer Poesie zusammengetragen und dabei Schriftstellerinnen ausgewählt und in die Gegenwart geholt, die vielen Leuten kein Begriff sind. Zwei sehr interessante Schriftstellerinnen und Philosophinnen aus dem Vereinigten Königreich, Suzannah Lipscomb und Hannah Dawson, die über ein umfangreiches Werk und einen Doktortitel in Philosophie verfügen, nahmen ebenfalls an der Diskussion teil. Lipscomb ist Geschichtsspezialistin und hat kürzlich einen Sachbuchpreis ins Leben gerufen, der an den im Vereinigten Königreich verliehenen Preis für Belletristik anschließt. Die Idee für den Preis sei ihr gekommen, erzählte sie, als sie feststellte, dass in der akademischen Welt hauptsächlich von Männern verfasste Texte und Forschungsarbeiten vorkommen. Sie hielt es für eine gute Möglichkeit, diese von Frauen verfassten Sachtexte hervorzuheben, und initiierte deshalb den Preis, der dieses Jahr zum ersten Mal verliehen wird. Hannah Dawson, Spezialistin für Sprachphilosophie, hat ihrerseits vor kurzem bei Penguin eine Anthologie mit dem Titel The Penguin Book of Feminist Writing veröffentlicht. Dafür hat Dawson mindestens 100 Jahre Literatur von Frauen durchforstet. Sie war vor allem daran interessiert, unbekannte Texte zu finden, die feministische Themen behandeln. Und sie war überrascht, sehr alte Texte zu finden, Texte, die sogar älter als 100 Jahre sind und sich auf sehr zeitgemäße Weise mit feministischen Themen befassen, wie z. B. Gleichberechtigung, dem Recht auf Bildung, dem sozialen Stellenwert von Frauen, den Beziehungen, die Frauen innerhalb der Familie, aber auch innerhalb der Gesellschaft haben.“
Zu den Teilnehmern an der Londoner Buchmesse gehörten auch die Autoren und Kritiker Mădălina Căuneac, Liliana Corobca, Cosmin Perța, Florentin Popa, Maria Stadnicka, Matei Vișniec, Marius Chivu, Bogdan Crețu, Alex Ciorogar und Susan Curtis, Iulian Morar, Gabi Reigh und Milena Deleva