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Eintauchen in die Welt der Taschendiebe

Der Taschendieb Amar klaut einer Regisseurin einen Briefumschlag – und darf als Protagnist und Namensgeber in ihrem neuen Dokufilm auftreten.

“Amar”, un documentar premiat la Astra Film Festival
“Amar”, un documentar premiat la Astra Film Festival

, 08.04.2024, 10:06

Ein interessanter Dokumentarfilm, der letztes Jahr beim Astra Filmfestival prämiert wurde, ist seit einiger Zeit in den rumänischen Kinos zu sehen. Die Regisseurin Diana Gavra hat mit Beharrlichkeit und Mut „eine vertrauensvolle und intime Beziehung zu den Protagonisten aufgebaut, um uns eine Gruppe von Menschen näher zu bringen, für die Taschendiebstahl – wie sie es beschreiben – „eine Lebensart“ ist. Mit Objektivität, ohne Sensationslust enthüllt der Film Amar meisterhaft die Persönlichkeiten der Menschen jenseits den Stereotypen und gibt den Protagonisten Platz, über ihr kompliziertes Leben offen zu berichten, hieß es in der Begründung der Jury des Astra Filmfestivals.

Die Geschichte hinter der Geschichte ist vielleicht noch interessanter. Amar Răducanu, ein junger Roma, der Hauptprotagonist des Films, und die Regisseurin Diana Gavra lernten sich 2021 kennen. Amar stahl Diana einen Umschlag mit Geld, Diana meldete es der Polizei und mit Hilfe von Überwachungskameras wurde der Dieb gefasst. Amar war gerade aus dem Gefängnis entlassen worden, wo er ebenfalls wegen Diebstahls gesessen hatte, und schlug Diana Gavra vor, ihr das Geld zurückzugeben, um einer erneuten Verurteilung zu entgehen. Diana war jedoch klar, dass Amar wieder stehlen müsste, um ihr das Geld zurückzugeben. Sie willigte jedoch ein, ihre Klage unter einer Bedingung zurückzuziehen: Er musste akzeptieren, vor der Kamera aufzutreten und die Hauptfigur in ihrem Dokumentarfilm sein. Amar sagte zu, und so begann ihre Zusammenarbeit.

Als die Dreharbeiten begannen, hatte Diana Gavra, Regisseurin, Juristin und Professorin an der Nationalen Schule für Politik- und Verwaltungsstudien SNSPA, auch einen Doktortitel über die Integration der Roma, so dass sie das Thema gut recherchiert hatte. Der Film war für sie eine Herausforderung, über ihre Grenzen hinauszugehen und zu versuchen, sich in eine Welt hineinzuversetzen, die ihr fremd war.

„Mit diesem Film wollte ich ein anderes Licht auf diese Welt werfen und die Dinge aus einer menschlichen Perspektive betrachten. Ich wollte diese Leute so sehen, wie sie wirklich sind, ihre Probleme, Erfahrungen, Gefühle, Wünsche und Frustrationen kennen lernen. Im Laufe eines Jahres gelang es mir, Taufen, Hochzeiten, Beerdigungen, einfach alles, was im Leben von Amar, seiner Familie und seinem engen Freundes- und Verwandtenkreis passierte, festzuhalten. Natürlich haben Leute wie wir mit seinem Umfeld überhaupt nichts zu tun. Wir leben in Parallelwelten, jeder in seiner eigenen Blase, und wir haben den Eindruck, dass alle so denken wie wir, dass wir einander verstehen können, dass unsere Welt perfekt ist. Unsere Welten – meine und die von Amar – kommen nur im Konfliktfall zusammen – 2021 hatte er mir Geld gestohlen, ich hatte Anzeige erstattet, und er wäre im Knast gelandet.
Tatsächlich wissen wir nicht, wie diese Menschen leben, und sie wissen nicht, wie wir leben. Sie wissen nicht, welche anderen Lebensperspektiven sie haben könnten, denn wir haben uns nicht einmal die Frage gestellt, ob sie ein anderes Leben führen könnten. Deshalb dachte ich, dass ich mit diesem Film ein Licht auf ihre Welt, aber auch auf unsere Welt werfen kann, indem ich Themen wie soziale Verantwortung anspreche. Amar wurde mitten in Bukarest geboren, aber er ist ein totaler Analphabet. Wir führen Debatten über funktionalen Analphabetismus und befürchten, dass er weit verbreitet ist. Aber Amar kann nicht einmal seinen eigenen Namen schreiben. Und ich frage mich, wie es möglich ist, dass ein Kind, das 1986 im Zentrum von Bukarest geboren wurde, sich selbst überlassen wird. Es stimmt, die Familie hat ihn nicht zur Schule gebracht, das war nicht ihr Lebensmodell, aber was hat die Gesellschaft für ihn getan? Ich finde, man hätte in der Statistik erwähnen müssen, dass dieses Kind nicht zur Schule gegangen ist. Und dann frage ich mich, ob wir keine Verantwortung gegenüber diesen Menschen haben? Welche Möglichkeiten hat Amar, der nicht einmal seinen Namen schreiben kann, im Zeitalter von ChatGPT?“

Die Produktion erzählt die Geschichten von Menschen, die aus benachteiligten Verhältnissen stammen, die süchtig waren und auf der Straße aufgewachsen sind, sowie von Menschen, die das System, das Gesetz und die Haft in verschiedenen Gefängnissen in Europa aus erster Hand kennengelernt haben. Einige sind unverbesserlich, andere haben sich in die Sozialsysteme anderer Länder integriert, haben lesen und schreiben gelernt, haben ein soziales Leben, haben ein Zuhause und verbringen ihre Zeit auf konstruktive Weise. Als er Diana Gavra kennenlernte, war Amar Răducanu 35 Jahre alt und hatte 13 Jahre wegen Diebstahls im Gefängnis gesessen. Dianas Vorschlag, ihn zu einer Filmfigur zu machen, veränderte sein Leben, sagt Amar.

„Sie können sehen, dass ich nicht mehr in dieser Welt bin, ich möchte wirklich aus der kriminellen Welt herauskommen. Ich habe eine Familie, ich habe Kinder, ich will nicht mehr ins Gefängnis, ich war schon so oft dort, dass ich das satt habe. Ich möchte ein Daheim haben, wo es besser geht Und der Vorschlag von Diana Gavra hat mir gefallen, ich wollte sehen, wie auch ihre Welt ist, eine Welt, die ich nicht kenne. Und sie gefällt mir jetzt wirklich. Als wir mit den Dreharbeiten begannen, war es ein bisschen schwierig, weil ich nicht an die Kamera gewöhnt war, aber dann fing ich an, es zu mögen. Und schließlich war es gut, ich habe den Dreh rusbekommen, wir haben es zusammen mit den Kollegen gelernt.”

Der Dokumentarfilm AMAR ist eine Produktion von Pintadera Film und Pro Omnia Cinema und wurde mit Unterstützung des Nationalen Filmzentrums gedreht. Kameramann war Marius Panduru, den Schnitt übernahmen Eugen Kelemen und Monica Pascu.

foto: RRI
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