Dokumentarfilmfestival fokussiert auf Justiz, Erziehung, Protestkultur
In Bukarest hat One World Romania“, das Internationale Festival für Dokumentarfilme zum Thema Menschenrechte, in diesem Jahr schon die 11. Auflage erreicht.
Corina Sabău, 17.03.2018, 17:30
Vom 16. bis 25. März läuft in Bukarest die 11. Auflage des Dokumentarfilmfestivals One World Romania“ zum Thema Menschenrechte. 10 Tage lang werden in acht Sälen in der Bukarester Stadtmitte neue Dokumentarfilme aus aller Welt vorgeführt. Auch bei der diesjährigen Auflage fokussiert das Festival One World Romania“ auf brisante Themen. Die Arbeitsweise der Justiz, die Modernisierung der Erziehungsmethoden, die Umgestaltung der Familie nach neuen Kriterien der Gegenwart gehören zu den Themen, die oft in den rumänischen und internationalen Medien zur Debatte stehen. In diesem Sinne werden im Rahmen des diesjährigen Festivals One World Romania“ diese wichtigen Themen in speziellen Sektionen behandelt. Mehr dazu von Alexandru Solomon, Direktor des Festivals One World Romania“:
Diese Themen sind sowohl in Rumänien als auch weltweit höchst aktuell. Das Thema Justiz zum Beispiel; es wird so viel darüber geredet, dass es vielen langweilig wurde. Und doch hat dieses Thema nichts an Brisanz verloren, die Lage wurde mit jedem Tag akuter. Nach so vielen Diskussionen und Debatten dachten wir, die Situation hätte sich wieder gelegt, aber das war keineswegs der Fall. Es scheint, dass der Begriff ‚Rechtsstaat‘ in Rumänien weiterhin für Ärger sorgt. Auch die Diskussionen über Gender, Antirassismus und LGBTQ-Gerechtigkeit (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und Queer) wurden immer aktueller in der rumänischen Gesellschaft. In den letzten Monaten gab es mehrere Vorfälle in Rumänien, bei denen fundamentalistische Gruppierungen versucht haben, das Vorführen von Filmen zum Thema LGBTQ-Gerechtigkeit zu verhindern. Zum Thema Erziehung und deren Bedeutung in der rumänischen Gesellschaft gibt es auch viel zu diskutieren. Es ist schon klar: Wir müssen mit der Erziehung anfangen, die Erziehung muss eine wichtigere Rolle in unserem Leben spielen, sonst werden wir nichts erreichen.“
Die 11. Auflage des Internationalen Festival für Dokumentarfilme zum Thema Menschenrechte One World Romania“ hat eine Sektion mit der Bezeichnung Memoria arhivelor de film“ — Gedächtnis der Filmarchive“. Zweck dieser Sektion ist, verschiedene historische Ereignisse und Phänomene ans Licht zu bringen, um die Nuancen der Gegenwart besser zu konturieren. Seit seiner Gründung bemüht sich der Verband One World Romania“, die Dokumentarfilme des ehemaligen staatlichen Studios Alexandru Sahia“ zu retten und dem Publikum vorzuführen. Dazu Andrei Rus, Ko-Direktor des Festivals:
Es geht dabei um ein breitangelegtes Projekt. Die Sektion »Gedächtnis der Filmarchive« hat einen besonderen Bezug zur diesjährigen Auflage des Festivals »One World Romania«. Wir wollten zeigen, wie die Vergangenheit die Gegenwart und auch die Zukunft beeinflusst. Grundlegend bei der Gestaltung der Sektion »Gedächtnis der Filmarchive« war auch das 100-Jahre-Jubiläum seit dem Entstehen des modernen Rumänien, aber wir wollten keine Feierlichkeiten veranstalten, sondern unseren Zuschauern die Realität präsentieren. »Get real!« (»Zurück zur Realität!«) ist auch der Slogan der diesjährigen Festivalauflage. Auch in anderen Sektionen werden mit Hilfe der vorgeführten Dokumentarfilmegewisse Aspekte der Vergangenheit und deren Einfluss auf die Gegenwart in Frage gestellt. Eine besonders interessante Sektion trägt den Namen »Trecutul prezent« (»Die gegenwärtige Vergangenheit«) und präsentiert 10 Dokumentarfilme aus aller Welt über brisante Themen wie zum Beispiel den Einfluss des Kommunismus und Faschismus auf die Gesellschaft.“
Eine weitere Sektion der 11. Auflage des Internationalen Festivals für Dokumentarfilme zum Thema Menschenrechte One World Romania“ heißt Cultura Protestului“ (Protestkultur“); darin werden 5 Dokumentarfilme über verschiedene Protestformen in verschiedenen Ländern gezeigt: Kambodscha (Primăvara cambodgiană — A Cambodian Spring“), Israel (Înainte ca tălpile mele să atingă pământul — Before My Feet Touch the Ground“), Frankreich (Adunarea – L’assemblée“), USA (În stradă — Whose Streets?“) und Rumänien (Portavoce — Megaphone“). Mehr dazu von Alexandru Solomon, Direktor des Festivals One World Romania“:
Auch wenn sie in den letzten Jahren ziemlich stark waren, stecken jetzt die Straßenproteste in Rumänien in einer Sackgasse, weil sie eine klare Richtung brauchen. Ich fand es interessant, die Protestkultur zur Debatte zu bringen, und zwar durch Filme, die aus ganz verschiedenen Kulturen der Welt stammen, von Kambodscha bis Rumänien. Bei der jetzigen Auflage von »One World Romania« wollen wir sehen, was die verschiedenen Protestformen bewirkt haben, ob man dadurch einen anderen politischen Diskurs erreicht hat. In diesem Sinne werden wir eine Dokumentation aus Hong Kong vorführen; es geht dabei um Straßenproteste, die nach und nach zur Gründung einer organisierten politischen Bewegung führten. Ferner wollten wir die Protestaktionen aus einer historischen Perspektive betrachten, wir fokussierten auf das Jahr 1968, mit Dokumentarfilmen über die Proteste der 1960er und 1970er Jahre in Frankreich, Italien und der Tschechoslowakei.“
1968: După 50 de ani“ (1968: 50 Jahre danach“) ist eine Sektion des Festivals One World Romania“, die an den 50. Jahrestag seit den Studentenprotesten von 1968 erinnern sollte. Diese Studentenbewegungen haben sowohl den Westen als auch den Osten tief geprägt und wichtige Änderungen ermöglicht, sowohl im sozialen Bereich als auch im kollektiven Gedächtnis der neuen Generationen weltweit. Mehr dazu von Andrei Rus, Ko-Direktor des Festivals One World Romania“:
In der Sektion »1968: 50 Jahre danach« werden wir mehrere Events haben, die mir sehr wichtig sind. Ein Event widmen wir den Studentenbewegungen vor 50 Jahren, die versucht haben, die Welt zu verändern. Wir wollen sehen, wie diese Studentenproteste die gegenwärtige Gesellschaft verändert haben. Dazu veranstalten wir zwei Rundtischgespräche. Das erste findet am Samstag, den 24. März, im Bukarester Kulturhaus ARCUB statt, mit Karel Kovanda, Monika MacDonagh-Pajerová, Protagonisten des Films »Revolte der tschechischen Studenten« der Historikerin Lavinia Betea, und dem Präsidenten des Nationalen Studentenverbands ANSOR, Marius Deaconu. Das zweite Event in der Sektion »1968: 50 Jahre danach« findet am Sonntag, den 25. März, im Französischen Institut Bukarest statt. Der bekannte französische Journalist Bernard Guetta wird über seine persönlichen Erfahrungen im Paris des Jahres 1968 sprechen und erläutern, wie die damaligen Ereignisse die Welt, in der wir leben, beeinflusst haben.“
Bei der 11. Auflage des Internationalen Festivals für Dokumentarfilme zum Thema Menschenrechte One World Romania“ werden 12 Dokumentarfilme vorgeführt, die in Rumänien produziert oder koproduziert wurden.