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Die Wanderakademie Andrei Şerbans

Beginnend mit 2007 veranstaltete der weltbekannte Regisseur Andrei Şerban mehrere Theater-Workshops für Künstler und Jugendliche, die eine Welle der Begeisterung auslösten. Nun gibt es ein Buch darüber.

Die Wanderakademie Andrei Şerbans
Die Wanderakademie Andrei Şerbans

, 14.12.2013, 18:29

Die Theaterkritikerinnen Monica Andronescu und Cristiana Gavrilă haben den Band Academia Itinerantă Andrei Şerban — Cartea Atelierelor“ (Die Wanderakademie Andrei Şerban — das Buch der Workshops) koordiniert. Der Band wurde von vom Nemira-Verlag herausgegeben. Bei der Buchlancierung sagte die Thetarerkritikerin Monica Andronescu folgendes:



Ich glaube, dass ein derartiges Buch einzigartig in Rumänien ist. Wir brauchten so ewas, es war notwendig, ein einzigartiges Phänomen, ein besonderes Phänomen wie dieses zu dokumentieren.“




Die Geschichte dieses Buchs lautet folgenderma‎ßen: Der Regisseur Andrei Şerban hat im Jahre 2007 zusammen mit der Direktorin des Rumänischen Kulturinstitutes in New York, Corina Şuteu, Theaterwerkstätten für Jugendliche unter dem Namen Academia itinerantă“ (Wanderakademie“) organisiert. Andrei Şerban erklärte, daran konnten sich nicht nur Schauspieler, Regisseure, Musiker beteiligen, sondern auch Jugendliche, die andere Berufe hatten. Das Buch rekonstruiert das geheimnisvolle Bild der Akademie von Andrei Şerban aus Fragmenten.




Bei der Buchlvorstellung versuchte der Regisseur das Magische zu entdecken:



Was fehlt uns? Was brauchen wir? Derartige Fragen waren die Quelle dieser Workshops. Wir arbeiten in unterschiedlichen Bereichen, einige im Theater, andere vielleicht in ganz verschiedenen Sparten, jedem fehlt etwas oder er braucht etwas. Gleichzeitig aber finden wir uns alle in dem Wunsch wieder, etwas zu suchen. Die Werkstätten waren für uns alle eine Flucht. Genauso wie die Gestalten aus Shakespeares »Wie es euch gefällt«, die die Stadt verlassen, um in dem Wald zu leben, weil sie den Druck der Gesellschaft nicht mehr aushalten konnten.“




Die bis jetzt organisierten Werkstätten fanden in Plopi, Horezu, Ipoteşti und Mogoşoaia statt. Die Werkstatt in Plopi hatte als Ausgangspunkt das Buch Spovedanie la Tanacu“ (Die Beichte von Tanacu“) von Tatiana Niculescu-Bran und hatte als Ergebnis eine Aufführung auf der Bühne des bekannten Theaters La MaMa“ in New York. Andrei Şerban dazu:



Die erste Werkstatt im Apuseni-Gebirge war ein Versuch, zueinander zu finden. Menschen, die sich vorher nicht kannten, Schauspieler, Musiker, Maler und Schriftsteller sollten 10 Tage lang zusammen wohnen, um zu sehen, ob sie etwas Gemeinsames entdecken können. In diesem Fall haben wir versucht, das Buch von Tatiana Niculescu-Bran zu erleben. Die zweite Werkstatt in Horezu fu‎ßte auf Brîncuşis Werk. Die Schauspieler, die sich bis dahin untereinander nicht kannten, wurden zu einer Familie. Wir trafen uns ganz früh am Morgen, um zu proben. Am Mittag a‎ßen wir gemeinsam. Anstatt dass wir kleine Gruppen bildeten, mussten wir alle ganz aufmerksam sein. Wir mussten aufpassen, wenn jemand Brot oder Salat verlangte, wenn jemand kein Wasser hatte. Die Idee war, nicht nur für mich allein und schnell zu essen, so wie ich es gewöhnlich tue, sondern es mit viel Aufmerksamkeit, Ruhe und Respekt gegenüber den anderen zu tun.“




Im Mittelpunkt der Werkstatt von Ipoteşti, dem Geburtsort, des rumänischen Nationaldichters, stand natürlich Eminescu mit seinen Gedichten und seinem Leben. In Mogoşoaia waren es Caragiale und Shakespeare. Es ist sehr kompliziert, die Essenz dieser Treffen in einem Buch zusammenzufassen. Monica Andronescu erläutert, wie das Buch Academia Itinerantă Andrei Şerban — Cartea Atelierelor“ strukturiert ist:



Das Buch enthält Erinnerungen, Erzählungen, Gespräche und Essays. Nachdem man dieses Buch liest, bleibt man mit dem Eindruck, dass es dort eine Schule gibt, in der dir beigebracht wird, wie du leben sollst, wie du im Theater leben und Theater spielen sollst. Und das ist sehr bedeutend. Es folgt der Text von Corina Şuteu. Danach brachte ich die erste Wanderakademie in den Vordergrund, die ein andes Schicksal hatte, und zwar diejenige, die als Ausgangspunkt das Buch ‚Spovedanie la Tanacu‘ (‚Die Beichte von Tanacu‘) von Tatiana Niculescu-Bran hatte. Dann folgen die Erinnerungen der Workshop-Teilnehmer, die in Horezu, Mogoşoaia und Ipoteşti waren. Das Buch endet mit einem anderen Text von Andrei Şerban.“




Unter den Erinnerungen zählen auch jene des Schauspielers Marius Manole, der bei der Buchlancierung folgendes erzählt hat:



Ich kam mit Andrei Şerban in Horezu zusammen. Es war ein Workshop, den ich persönlich nie vergessen werde. Es war einer der schönsten Momente, die ich im rumänischen Theater verbracht habe. Es scheinen gro‎ße Worte zu sein, doch der Workshop in Horezu war für mich eine Offenbarung. Ich hatte mein Vertauen in das Theater verloren, ich glaubte, es geschieht nichts mehr so, wie ich mir es gewünscht hatte. Hierher kamen zahlreiche begabte Schauspieler aus dem ganzen Land. Man hat uns bewiesen, dass ein Schauspieler eine riesige Arbeitskraft hat. Er kann früh aufstehen und bis spät in die Nacht arbeiten. Man kann eine Aufführung in 5-6 Tagen auf die Beine stellen. Unsere Phantasie ist unbegrenzt, nur muss sie jemand zum Aufblühen bringen. Ich werde nie mehr glauben, dass eine schlechte Aufführung die Schuld des Schauspielers ist.“




Zum Schluss ein Statement von Andrei Şerban über den Kern seiner Wanderakademie:



Diese Werkstätten können für die Jugendlichen eine neue Etappe, eine offene Tür zu einer neuen Bildung sein, die keiner von uns hatte. Die Workshops funktionieren wie ein Wecker. Matisse sagte über die Kunst, sie sei ein bequemer Sessel. Anders gesagt ist sie wie eine Droge. Man hat alle Chancen, dabei einzuschlafen oder passiv zu werden. Das Theater ist heutzutage leider ein Beruhigungsmittel, das dich zum Einschlafen bringt. Es gibt natürlich auch Ausnahmen. Dieser Schläfrigkeit müssen wir uns entziehen!“



Audiobeitrag hören:




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