DATfest: Theaterstudenten erobern Hermannstadt
Constantin Chiriac, Schauspieler und Intendant des Hermannstädter Nationaltheaters Radu Stanca, rief ein neues Projekt mit und für Studenten ins Leben. Dabei können angehende Darsteller bereits während ihrer Studienzeit in der Öffentlichkeit auftreten.
Luana Pleşea, 14.10.2017, 17:30
Jugendliche, die die Stadt erobern“ — unter diesem Motto schufen die Studenten der Hermannstädter Hochschule für Theater und Kulturmanagement die Mikrospielzeit an der Theaterschule Hermannstadt. Daraus wurde in diesem Jahr das Festival des Lehrstuhls für Theaterkunst der Universität Lucian Blaga“ in Sibiu — oder abgekürzt das DATfest. Das Festival fand also im Zeitraum 2.-5. Oktober unter dem Motto Studenten erobern Hermannstadt“ statt. Was sich aber unter diesem leicht klischeehaft anmutenden Motto verbirgt, konnte die Projektleiterin und Dozentin der Hermannstädter Uni, Prof. Dr. Luminiţa Bîrsan, erklären.
Die Grundidee des Projekts war es, dass sie nicht mehr die Schulbank drücken und direkt auf ihre Spielbühnen steigen — in den Klassenräumen selbst, im Theaterstudio Cavas, dem Studio Virgil Flonda, aber auch in den Räumlichkeiten des Nationaltheaters Radu Stanca, im Kulturheim der Gewerkschaften und am Kinder- und Jugendtheater Gong — dort sollten sie neben großen Künstlern auftreten und sich dabei auf ihren Abschluss vorbereiten. Es ist ein Festival, das von den Studenten des Studiengangs Theaterwissenschaften und Kulturmanagement organisiert wird, mit Unterstützung der Studenten der Schauspielschule und den Masterstudenten. Alle Studenten der Abteilung, die in der Spielzeit 2016-2017 eigene Rollen hatten, sind vier Tage lang in einen Wettkampf um die Hauptpreise des Festivals getreten: jene für den besten Schauspieler und die beste Schauspielerin und der Preis für die beste Aufführung.“
Bei der Auswahl der teilnehmenden Aufführungen habe es im Vorfeld des DATfestes eine klare Vorgabe gegeben, berichtete die Projektleiterin Luminiţa Bîrsan.
Die Strategie der Abteilung für Theaterwissenschaften besteht darin, dass Bachelor-Studenten, die vor dem Abschluss stehen, mit jungen Regisseuren zusammenarbeiten müssen. Im Laufe der Zeit wurden Regisseure aus Rumänien und dem Ausland eingeladen, die Workshops geleitet und sich Aufführungen ausgedacht haben. Wir reden hier etwa von Bogdan Georgescu und seiner Trilogie — »Antisocial«, »#minor«, »Mal/praxis«, von Eugen Jebeleanu, der am Theater in Sibiu die Aufführung »Familien« inszeniert hat, von Cosmin Chivu und seinem Musical »Rocky Horror Show« und von Eugen Gyemant, der eingeladen wurde, die Aufführung »Papierflugzeuge« mit den Studenten des 3. Jahrgangs zu besetzen.“
Die Theaterkunst hat sich mit der Zeit ihren ganz besonderen Stellenwert in Hermannstadt erarbeitet. Es gibt in der Stadt das Festival, den Bachelor-Studiengang Schauspielkunst, einen Masterstudiengang, Promotionsstellen und sogar eine Fachrichtung Schauspielkunst am Gymnasium Onisifor Ghibu“. Zwischen all den genannten Institutionen läuft eine anhaltende Zusammenarbeit. Bei einigen Aufführungen der Studenten haben etwa auch professionelle Darsteller des Radu Stanca“-Theaters mitgemacht. Und unter die Zuschauer von DATfest mischten sich auch echte Schauspieler. Das Theaterphänomen hat sich in Bezug auf und mit der Hermannstädter Stadtgemeinschaft weiterentwickelt. Und das wurde während des viertägigen DATfestes erneut deutlich, als Hermannstädter Theaterfans die angehenden Schauspieler mit erfreutem, jedoch auch kritischem Blick verfolgten.
Der Schauspieler Alexandru Ion, Mitgründer des Festivals für Junges Theater Ideo Ideis im südrumänischen Alexandria, saß diesmal in der Jury des Festivals in Sibiu. Auch ihm sei die besondere Beziehung aufgefallen, sagt er.
Ich glaube, es gibt hier eine doppelte Bedeutung. Einerseits entsteht hier ein Gefühl des Zusammenhalts in ihrer Gemeinschaft, wie ich zumindest hoffe. Die Tatsache, dass alle Studenten bei einer Veranstaltung mitwirken und gemeinsam wie eine eingespielte Truppe auftreten, das scheint mir sehr förderlich, denn solche Dinge bringen sie einander näher. Darüber hinaus ist die gemeinschaftliche Komponente hier auf dem Spiel — ich glaube, dass es sehr nützlich ist, dass das Publikum in einer überschaubaren Stadt die Gelegenheit bekommt, die Studenten auf der Bühne zu sehen. Denn letzten Endes werden einige von ihnen in Zukunft auf den Theaterbühnen dieser Stadt als Schauspieler auftreten. Es ist also eine bilaterale Entwicklung. Das Hermannstädter Publikum nimmt Kontakt auf zu den jungen Studenten und sie nehmen Kontakt auf zum Publikum.“
Bei der dritten Ausgabe von DATfest wurde Mal/praxis“ unter der Regie von Bogdan Georgescu zur besten Aufführung gewählt. Die Preise für die beste Schauspielerin und den besten Schauspieler gingen an zwei Studenten aus dem dritten Jahrgang: Simona Negrilă und Radu Carp. Wir fragten sie, was die Teilnahme an einem derartigen Festival bedeutet. Als erstes Simona Negrilă:
Es hat mir sehr geholfen, über meine Grenzen hinaus zu gehen, auch wenn man berücksichtigt, dass wir sehr nah am Publikum spielen mussten. Das ist schon ein anderes Gefühl. Und nach mehreren Vorstellungen ist mein Selbstvertrauen gestiegen und es machte mir sehr viel Spaß, in dem Stück mitzuspielen. Es ist unsere erste Aufführung, es ist wie ein Anfang. Ich denke, dass man das in Zukunft weiterentwickeln sollte, dass es noch mehr Aufführungen geben sollte. Es ist wirklich sehr wichtig, denn es bietet dem Studenten die Möglichkeit, auf der Bühne eines Festivals zu stehen, ausgezeichnet zu werden.“
Radu Carp sagte:
In erster Linie ist es aus meiner Sicht wichtig, weil wir Studenten sind. Ich finde, wir brauchen derartige Festivals, weil eine Atmosphäre rundherum entsteht, unsere Aufführungen haben ein Publikum. Die größte Bedeutung kommt unserer ersten Aufführung mit Publikum zu, mit einem Regisseur, der extra für uns gekommen ist, und das hat uns sehr viel bedeutet.“
Simona Negrilă wurde für ihre Rolle in der Aufführung Papierflugzeuge“ unter der Regie von Eugen Gyemant belohnt — auch Radu Carp erhielt die Auszeichnung für seine Rolle in dem Stück, aber auch für den Auftritt im Musical Rocky Horror Show“, bei dem Cosmin Chivu Regie führte.