Constantin Daniel Rosenthal: ein Künstler im Dienste der Revolution
Während der Pandemie fallen zwar viele Kunstveranstaltungen aus, aber längst nicht alle. Unter Vorlagen konnten bis vor kurzem noch Ausstellungen stattfinden.
Ion Puican, 07.11.2020, 17:30
Unter Einhaltung aller Abstandregeln und Hygienevorschriften fand sich im Hof des ehemaligen Königlichen Palastes und heutigen Nationalen Kunstmuseums in Bukarest das Publikum ein, um den Auftakt einer interessanten Ausstellung zu erleben: Rosenthal — ein Künstler in revolutionären Zeiten“. Cristina Verona Tobi ist zeitweilig Museumsdirektorin und klärt über die Hintergründe auf:
In diesem Jahr feiert das Kunstmuseum 70 Jahre seit der Eröffnung der ersten Nationalgalerie — die Gelegenheit durften wir natürlich nicht verstreichen lassen, ohne das Ereignis gebührend zu markieren. Nun jährt sich aber in diesem Jahr auch die Geburt des Künstlers Constantin Daniel Rosenthal, der uns das berühmte Werk des »Revolutionären Rumäniens« hinterlassen hat“, sagt die Museumsleiterin. Ihrem Haus ist es nicht nur wichtig, die größten Kunstaustellungen zu organisieren, sondern immer auch die Verbindung zwischen Kunst und Gesellschaft in den Vordergrund zu stellen, sagt Cristina Verona Tobi. Ein besonderer Moment ist 1848, als die Revolution eine Modernisierung auf der Grundlage liberaler Ideen anstieß, findet sie.
Die Ausstellung zeigt Werke, die das Publikum zum ersten Mal zu sehen bekommt, deshalb ist sie nicht nur für das Fachpublikum interessant, sondern für alle, die sich für Kunst begeistern. Es geht hier auch um eine Einladung an die jungen Menschen, zusammen in die Vergangenheit zu blicken und die Zukunft zu entschlüsseln. Über den Neuerungscharakter der Ausstellung weiß Monica Enache am besten Bescheid. Die Kuratorin der Ausstellung ist auch Leiterin der Abteilung Moderne Rumänische Kunst:
Das ist eigentlich die zweite Monographie-Ausstellung — die erste fand 1970 statt, umfasste aber nur 11 Werke Rosenthals und hatte keinen Katalog. Die Katalogschrift, die diesmal die Ausstellung begleitet, umfasst alle Werke, über die wir heute erfahren haben — im In- und Ausland, in öffentlichen wie privaten Sammlungen.“
Wie die Kuratorin dann ausführt, geht es auch um bisher völlig unbekannte Werke. Aber der Band enthält auch alle Briefe, die es heute in Rumänien aus Rosenthals Nachlass gibt. Einige liegen in der Nationalbibliothek, die anderen in der Bibliothek der Rumänischen Akademie. Das sind Briefe, die Rosenthal seinen Freunden geschrieben hat — vor allem dem Politiker und Publizisten C. A. Rosetti und dem Arzt Adolf Gruno. Abgesehen von der kunstdetektivischen Arbeit, die Werke Rosenthals zusammenzuführen, versucht die Ausstellung auch mehr Licht auf seinen Aktivismus zu werfen. Rosenthal stand nämlich offen und vorbehaltslos auf der Seite der Revolution — von daher sei die Ausstellung ein Anstoß für uns, nachzudenken, inwiefern wir denn bereit sind, für eine gemeinsame Causa einzutreten, sagt Monica Enache. Mithilfe der Ausstellung ist dann ein ehrlicher Blick auf die nähere oder weniger nahe Vergangenheit möglich, auf Persönlichkeiten und Momente — es gilt, die Propagandaschichten abzuschälen und ihre wahre Bedeutung freizulegen, meint die Kuratorin, der diese Ausstellung besonders am Herzen liegt:
Für mich kommt sie einer Neueröffnung des Museums gleich. Ich habe viel und lange von zuhause gearbeitet, was hilfreich war, da die Recherche so tiefgründiger, aber auch praktischer wurde. Das war ein Glück im Unglück, sozusagen“, findet Enache. Sie plante die Ausstellung als Publikumsmagnet, denn — sagt sie — jeder in Rumänien sollte zumindest einmal dieses Bild des Revolutionären Rumäniens“ gesehen haben und zumindest für die Bukarester — wenn es schon keine Touristen mehr gibt — ist das eine Einladung, die man schlecht ausschlagen kann. Enache wollte aber abgesehen von den bekannteren Bildern auch den weniger bekannten Teil seines Lebens und Schaffens zeigen: Letztendlich sei Rosenthals politische Arbeit viel wichtiger als seine Kunst, was einer Kuratorin nicht leicht einzugestehen falle, meint Enache. Am ehesten gibt sein Nachlass Einsicht in seine politischen Einstellung, sagt die Kunstexpertin, die bei der Vernissage aus einem Brief des jüdischen Künstlers an den Revolutionsanführer von 1848 C.A. Rosetti vorlas:
Es gibt so viele vernünftige Menschen in unserem Land und so viele Leidenschaften gilt es zu überwinden. Warum bin ich nicht, wenn auch nur für einen Augenblick, der Mächtigste? Du kann es nicht fassen, wie stark ich für eure Sache leide. Ich hätte nie geglaubt, so walachisch zu sein“, schrieb Rosenthal am 26. Juli 1848 an C.A. Rosetti.