Astra Film: Dokumentarfilm-Festival geht online
Das Dokumentarfilm-Festival Astra gilt als die wichtigste Fachveranstaltung Rumäniens. Die Festspiele wurden in den neunziger Jahre ins Leben gerufen und galten damals als etwas Einzigartiges im postkommunistischen Rumänien.
Corina Sabău, 18.07.2020, 17:30
Das Filmfestival Astra ist dieses Jahr ebenso wie andere Kulturveranstaltungen online gegangen. Die Dokumentationen können auf der Website des Festivals unter www.astrafilm.ro angesehen werden. Adina Marin gehört seit der Gründung des Astra-Filmfestivals zu den Organisatoren. Über das Online-Angebot der Festspiele sagte sie:
Als wir Astra Film Online ins Leben gerufen haben, haben wir uns vor allem auf die preisgekrönten Filme konzentriert. Wir wissen, dass gute Filme die Zeit überstehen, das heißt jedoch nicht, dass wir nur alte Dokumentarfilme zeigen. Montag, Dienstag und Mittwoch sind den Filmen von Astra Film Junior gewidmet. Ich erinnere daran, dass Astra Film Junior ein Phänomen ist, dank dem diese Festspiele einzigartig geworden sind. Alle ausländischen Filmemacher und Darsteller, die wir in Hermannstadt zu Gast hatten, haben sich stets von der Größe dieses Phänomens beeindruckt gezeigt sowie von der Art und Weise, in der das Festival durch dieses Programm das Interesse der jüngeren Generation weckt. Dabei zeigen wir Dokumentarfilme je nach Altersgruppe für jüngere Zuschauer, aber auch für Gymnasiasten und Oberstufenschüler. Bei Astra Film Online haben wir beschlossen, uns nur auf jüngere Zuschauer zu konzentrieren, die in dieser Zeit überwiegend online aktiv sind. Deshalb bieten wir ein Sonderangebot von Filmen an, die wir bei den vorherigen Ausgaben von Astra Junior gezeigt haben und die sich beim Publikum eines großen Erfolgs erfreut haben. Es handelt sich um die Serie mit dem Titel »Die Morgen der Welt«, die ich sehr bewegend finde.“
Das Festival konzentriert sich auf non-fiktionale Filme aus Mittel- und Osteuropa, wobei der Schwerpunkt auf dem wettbewerbsorientierten Teil der Dokumentarfilme aus diesem Teil Europas liegt. Dieses Jahr findet das Festival bereits zum 27. Mal statt. Die Festspiele bringen einen deutlichen Beitrag zur Entwicklung des Dokumentarfilms in Rumänien, sagt unsere Gesprächspartnerin:
Offensichtlich spielte das Festival eine ausschlaggebende Rolle bei der Wahrnehmung der Sachfilme in Rumänien. Als der Dokumentarfilmregisseur Dumitru Budrala, derzeit Intendant des Festivals, die Festspiele Anfang der neunziger Jahre ins Leben rief, war er der einzige Organisator der ersten zwei Ausgaben. Ich finde es heute noch unglaublich, dass es ihm gelungen ist, Mitarbeiter zu gewinnen und zu überzeugen, sich einem Projekt anzuschließen, das Anfang der 1990er Jahre so gut wie keine Chance hatte, sich auf dem Markt durchzusetzen. Ich sage das, weil ein Dokumentarfilmfestival vor dem Hintergrund eines fast nicht existierenden audiovisuellen Marktes stattfand, in einem Land, in dem die Demokratie noch in den Kinderschuhen steckte und die Menschen erst begonnen hatten, sich aus dem Kommunismus und dem Elend der achtziger Jahre zu befreien. In diesem Zusammenhang plante Dumitru Budrala die Organisation eines Festivals für nicht-fiktionale Filme. Es handelte sich um ein Dokumentarfilmfestival, aber nicht um propagandistische Streifen, wie der Dokumentarfilm bis dahin wahrgenommen worden war. Dumitru Budrala gründete ein Festival, das dem anthropologischen Dokumentarfilm gewidmet ist und einen Blick auf die Vielfalt, die Freiheiten und die Lebensweise von Menschen aus allen Ecken der Welt wirft. Zu dieser Zeit war das Festival etwas sehr Neues. Ich erinnere mich, dass wir bei den ersten Ausgaben fast nichts zu zeigen hatten, das als rumänischer Dokumentarfilm bezeichnet werden konnte, denn die Dokumentationen, die damals in Rumänien gedreht wurden, waren im Allgemeinen Filme, die das Erbe eines Museums präsentierten. Das waren die rumänischen Dokumentarfilme der neunziger Jahre. Es genügt also ein Vergleich zwischen den Filmen von damals und den Filmen, die wir in den letzten Jahren auf dem Filmfestival Astra gezeigt haben. Zum Beispiel haben wir den Dokumentarfilm »Der Prozess« online gezeigt, der für die Gopo-Preise nominiert wurde. Die Dokumentation von Ileana Bârsan und Claudiu Mitcu bringt dank der Sprache des Sachfilms einige absolut fehlerhafte Mechanismen der rumänischen Justiz wieder in die Aufmerksamkeit. Das wäre nur ein Beispiel, aber ich könnte viele rumänische Filme erwähnen, die zahlreiche Preise gewonnen haben. Die Rolle des Filmfestivals Astra besteht in erster Linie darin, einen Raum zu schaffen, in dem rumänische Filmemacher, die sich für dieses Genre interessieren, ihren Horizont erweitern können. Und viele Menschen begeistern sich für dieses Genre, das unbegrenzte Möglichkeiten bietet.“