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Wirtschaftsprognose für 2022: zunehmende Diskrepanzen und Gleichgewichtsstörungen

Die seit nunmehr zwei Jahren andauernde Pandemie hat der Volkswirtschaft vieler Länder hart zugesetzt und auch die Wirtschaftsströme des Welthandels schwer beeinträchtigt.

Wirtschaftsprognose für 2022: zunehmende Diskrepanzen und Gleichgewichtsstörungen
Wirtschaftsprognose für 2022: zunehmende Diskrepanzen und Gleichgewichtsstörungen

, 14.01.2022, 17:30


RadioRomaniaInternational · Wirtschaftsprognose für 2022: zunehmende Diskrepanzen und Gleichgewichtsstörungen



Bei den vorangegangenen Wirtschaftskrisen von 1996–1997 bzw. 2008–2009 hat die rumänische Volkswirtschaft etwa 5–6 Jahre gebraucht, um sich zu erholen. Erstaunlicherweise brauchte das BIP Rumäniens in der derzeitigen Krise nur anderthalb Jahre, um sich auf das Niveau von vor der Pandemie wieder einzupendeln. Nach einer Abnahme um 3,7% im Jahr 2020 verzeichnete Rumäniens Wirtschaft ein dynamisches Wachstum von 6,3% bis Ende des vergangenen Jahres. Die unerwartet schnelle Wiederankurbelung der Wirtschaft wird jedoch von Preissteigerungen und einem erhöhten Inflationsdruck sowohl auf dem heimischen als auch auf den externen Märkten begleitet. Vor diesem Hintergrund sind die Perspektiven für 2022 nicht gerade rosig — Analysten gehen nach wie vor von einer steigenden Inflation aus, die zusätzlich von erhöhten Energiepreisen und den allerorts eingeforderten Lohnerhöhungen verstärkt wird. Experten zufolge befinden wir uns in einer Inflationsschleife, und die Handelsbilanz ist aus dem Gleichgewicht gekommen, was dem Staatshaushalt auch nicht gut tut, denn seit 2019 verzeichnet Rumänien kontinuierlich ein Haushaltsdefizit.



Rein theoretisch sollte 2022 ein Jahr der Wiederankurbelung sein, doch praktisch werde es ein Jahr der Kontraste und zunehmender Gleichgewichtsstörungen sein, zeigt eine unlängst veröffentlichte Studie eines Beratungsunternehmens. Steigende Preise bei gleichbleibenden Löhnen und Gehältern werden zu einem sinkenden Lebensstandard für viele und zu einer Diskrepanz zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor führen. Letztendlich werde die Schere zwischen Arm und Reich immer mehr auseinanderklaffen, sagt der Wirtschaftsanalyst Adrian Negrescu:



Es wird ein Jahr der Kontraste sein, denn der Unterschied zwischen Preissteigerungen und Lohnerhöhungen wird erheblich sein; au‎ßerdem wird es zu gro‎ßen Diskrepanzen zwischen den unterschiedlichen Wirtschaftsbranchen kommen — manche werden ein bescheidenes Wachstum verzeichnen, andere werden Verluste schreiben. Wiederum andere Branchen sind von den sinkenden Exporten aufgrund der Pandemie betroffen, deren Ende noch lange nicht in Sicht ist. Zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor wird sich das bereits existierende Gefälle sogar vertiefen, denn wir dürfen nicht vergessen, dass die Gehälter im öffentlichen Sektor praktisch eingefroren sind, womit auch die Kaufkraft dieser Menschen schwindet. Allerdings haben die Angestellten im öffentlichen Bereich auch einige Vorteile — die Gehälter sind garantiert und es gibt auch Lebensmittelcoupons und Urlaubsgutscheine, während es im Privatsektor immer schmalere Chancen auf einen besseren Job oder Lohnerhöhungen gibt, wenn man sich die Inflation und die Zahlungsrückstände vor Augen hält.“




Das Jahr 2021 hätte prinzipiell auch das Jahr der viel versprochenen strukturellen Reformen in der Verwaltung, in staatlichen Unternehmen, im Renten-, Gesundheits- und Bildungswesen sein sollen — doch die Trägheit der Systeme und der Mangel an politischem Willen haben dazu geführt, dass die notwendigen Umstrukturierungen auf die lange Bank geschoben wurden. Als Havarielösung hat man die meisten Reformschritte in den Nationalen Wiederaufbau- und Resilienzplan aufgenommen, der mit europäischen Geldern finanziert wird. Die einzige gnadenlos vollzogene Reform“ — wenn man sie denn so bezeichnen kann — war die vollständige Liberalisierung des Energiemarktes, die nun kleine Unternehmen und Endvebraucher vor existenzielle Probleme stellt. Wie wird es 2022 in den unterschiedlichen Branchen weitergehen? Der Wirtschaftsanalyst Adrian Negrescu glaubt, dass der Online-Handel und die damit zusammenhängenden Nebenzweige weiterhin schwarze Zahlen schreiben werden, auch private Kliniken und Krankenhäuser würden im Aufwärtstrend begriffen sein:



Ich erwarte ein signifikantes Wachstum auch in der Landwirtschaft. Wenn die Witterung mitspielt, könnten wir in diesem Jahr sogar landwirtschaftliche Erträge erzielen, die vergleichbar mit jenen vom vergangenen Jahr sind, als die Produktion rekordträchtig war. Im Au‎ßenhandel wird die Bilanz weiterhin negativ bleiben, so dass alle Handelsfirmen, die bis zur Pandemie lukrative Exportgeschäfte machten, Verluste werden hinnehmen müssen. Im Wachstumsbereich wird hingegen der IT-Bereich bleiben, doch vielen anderen Branchen wird aufgrund von mangelnden Investitionen das Wachstum verwehrt bleiben. Hotelbetriebe und Gastronomie werden wahrscheinlich im Überlebensmodus ausharren müssen, so wie es 2020 und 2021 der Fall war. Über den Daumen gepeilt werden wir eine Volkswirtschaft mit mehreren Geschwindigkeiten haben, und leider werden recht viele Unternehmen dicht machen müssen. Allein im Jahr 2021 sind fast 100 000 rumänische Unternehmen von der Bildfläche verschwunden, und ich schätze, dass es auch 2022 vielen KMU an den Kragen gehen wird und damit negative Rekordzahlen aufgezeichnet werden müssen.“




Zum Schluss des Interviews mit unserem Sender versü‎ßte der Wirtschaftsanalyst Adrian Negrescu allerdings seine düstere Prognose. Viele rumänische Unternehmen hätten ihre Lektion aus der Pandemie gelernt und ihre wirtschaftliche Aktivität an die neuen Umstände angepasst. Die Geschäftspläne seien im Einklang mit der wirtschaftlichen Realität des Jahres 2022 kalibriert worden. Schwierig bleibe allerdings weiterhin die Rekrutierung von qualifizierten Arbeitskräften bei wenig wettbewerbsfähigen Löhnen, so Negrescu.

Das EU-Parlament in Straßburg (foto: Endzeiter / pixabay.com)
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