Weltwirtschaft: Steht eine neue Krise bevor?
Die Welt steht vor einer neuen Wirtschaftskrise, meinen Analytiker. Rumäniens Wirtschaft schreibt zwar schwarze Zahlen, würde aber von einer neuen Weltwirtschaftskrise nicht verschont bleiben.
Corina Cristea, 19.02.2016, 17:30
Seit Anfang 2016 hat die Weltwirtschaft ihre stark negative Entwicklung vom letzten Jahr fortgesetzt. Es besteht eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass die immer ernstere Lage Chinas sich ausweitet und wir Zeugen einer neuen schweren Weltwirtschaftskrise werden. Davor warnen immer mehr Analytiker, laut denen es sehr viele Ähnlichkeiten zwischen der 2007 ausgelösten Wirtschaftskrise und der heutigen Lage gibt. Wenn damals der Auslöser das Platzen der Immobilienblase in den Vereinigten Staaten gewesen ist, könnte nun das Platzen der Wirtschaftsblase Chinas, was auch auf den Immobilienbereich zurückzuführen ist, dasselbe bewirken. Außerdem sinken die Börsenindizes, heute wie damals, ohne dass es Anzeichen für eine Umkehr gibt. Hinzu kommen beträchtliche Ausstiege der Investoren von den Aktienmärkten. Andere Fachleute meinen, dass das, was auf dem Börsenmarkt passiert, bloß als Volatilität“ bezeichnet werden kann. Wirtschaftsberater Ionel Blănculescu gehört zur Kategorie derer, die meinen, dass es eher Gründe zur Besorgnis gibt. Zu Gast bei Radio Rumänien, war Blănculescu der Meinung, dass sich die Weltwirtschaft vor einer neuen Krise befindet:
Zum ersten Mal nach mehreren Jahrzehnten haben sich etliche Faktoren gereiht. Es handelt sich um den abrupten Fall der Ölpreise, dann um ein historisches Tief der Rohstoffpreise. Nicht zuletzt haben wir die Lage in China. All diese Situationen, gemeinsam mit der dramatischen Lage der Europäischen Union vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise und der Lage der Banken, die sich in keiner Weise erholt haben, führen zur Schlussfolgerung — und ich sage das klar und deutlich –, dass wir vor einer schweren Krise stehen.“
Die europäischen Börsen haben beträchtliche Tiefgänge verzeichnet, besonders wegen der Panik, die die Finanzmärkte zu dominieren scheint. Die Verluste überlappen sich mit dem schlechtesten Börsenjahr, sodass die Indizes den Stand von vor zwei Jahren erreicht haben. Die Befürchtungen der Investoren sind nicht deutlich begründet, aber beeinträchtigen insbesondere die Aktien der Banken. Die Erklärung ist, dass die extrem niedrigen, in vielen Fällen sogar negativen Bankenzinsen die Zweifel bei den Investoren hinsichtlich der Erreichung ihrer Wirtschaftlichkeitsziele aufkommen lassen. Diese entscheiden sich somit für sicherere Investitionen und Werte.
Die Weltwirtschaft wird 2016 gefährlich leben und eine bescheidene Steigerung in den entwickelten Ländern verzeichnen. Diese wird durch die andauernden Schwächen der Entwicklungsmärkte mit besonders niedriger Inflation und entsprechenden Zinsen und Spannungen, die eine beträchtliche Wirtschaftskrise verursachen können, ausgeglichen. Davor warnten Finanzexperten bereits am Jahresanfang. Kann Rumänien eine mögliche neue Finanzkrise vermeiden? Prof. Dr. Dumitru Miron, Universitätsprofessor an der Akademie für Wirtschaftsstudien Bukarest, erinnert daran, dass Rumänien an die Weltwirtschaft angeschlossen ist und vor den Problemen, mit denen diese konfrontiert wird, nicht immun blieben kann:
Rumänien ist nicht mehr so abgekoppelt. Rumänien hat sich stark externalisiert, solange wir ein Handelsdefizit von rund 12 Milliarden Dollar letztes Jahr verzeichnet haben. Das bedeutet, dass wir nicht mehr dermaßen abgeschottet sein können: Export-Import und der Kapitaleinfluss und –ausfluss, Gewinnwiedereinführungen — alle Bestandteile des Anschlusses an ein turbulentes Medium.“
Wenn eine neue Krise ausbräche, würden wir genauso wie letztes Mal betroffen sein. Die Übertragungskanäle sind die gleichen: Fremdkapital, Exporte und Panik, meint Wirtschaftler Dragoş Cabat in einem Interview mit einer Finanzpublikation. Die Banken werden den Lokalmarkt nicht mehr finanzieren. Folglich wird der Liquiditätsstand sinken. Die Auswirkung wird gleich im Bereich der Absorption der EU-Gelder sichtbar werden, denn es wird keine Kofinanzierung mehr geben. Die Exporte werden durch die sinkende Nachfrage beeinträchtigt werden und der interne Verbrauch wird wegen der herrschenden Panik schrumpfen. Nicht zuletzt würden die Defizite steigen. Es herrschen zwar nicht mehr die Ungleichgewichte von 2008, doch wir sind nicht ganz verschont“, erläutert der Wirtschaftsanalytiker.
Die Zahlen verweisen auf eine recht gute Wirtschaftslage Rumäniens — ein Wirtschaftswachstumsrhythmus von über 3%, eine recht stabile Landeswährung, das an den IWF zurückgezahlte Darlehen, das 2009, in trüben Zeiten aufgenommen wurde, heißt es in einer Bewertung einer Fachfirma in Geschäftsinformation und Kreditmanagement für die Geschäftswelt. Statistik kann allerdings täuschend sein, denn, so das Dokument weiter, die allgemeine Wirtschaftsleistung verdeckt eine ungleichmäßige Entwicklung der Wirtschaft, mit einer starken Betonung des Handels und einem Tiefgang der Produktion, überlappt auf eine immer stärkere geografische Polarisierung.
Vorerst hat die Europäische Kommission ihre Schätzungen bezüglich des Wirtschaftswachstums Rumäniens verbessert und sagt, dass es dieses Jahr sogar einen Höchstwert von 4,2% erreichen wird. Dennoch soll nächstes Jahr laut der Prognose der Kommission das Wirtschaftswachstum auf 3,7% sinken. Der Hauptantrieb des Wirtschaftswachstums bleibt der interne Verbrauch, während der Nettobeitrag der Exporte weiterhin negativ sein wird. Im Falle des Ausbruches einer neuen Krise könnte es in Rumänien erste Anzeichen dafür bzw. Steigerung der Arbeitslosigkeit, Lohnsenkungen, Produktionsreduzierungen erst in der zweiten Hälfte des Jahres 2016 geben.