Weltraumfahrt: NASA will bemannte Raumkapsel zum Mond schicken
Die im November gestartete Raumsonde Artemis 1 war unbemannt und umkreiste nur den Mond, doch schon im kommenden Jahr soll mit Artemis 2 ein vierköpfiges Astronauten-Team (zu dem auch eine Frau gehört) den Erdtrabanten umrunden.
Corina Cristea, 23.12.2022, 16:27
Die US-amerikanische Weltraumagentur NASA hat im Herbst dieses Jahres Artemis 1, die erste Mission im Rahmen des Programms der US-Raumfahrtbehörde zur Rückkehr auf den Mond gestartet. Dieser erste Testflug fand ohne Astronauten an Bord statt: Am 16. November schoss die neue Riesenrakete der NASA, das sogenannte Space Launch System (SLS), die Orion-Kapsel nach mehreren gescheiterten Versuchen gen Mond.
Am 21. November, also fünf Tage nach dem Start, hatte sich die Kapsel nach einer Reise von etwa 400 000 Kilometern dem Mond genähert, genauer gesagt lag sie im Orbit 128 Kilometer von der Mondoberfläche entfernt. Bei ihrer Rückkehr zur Erde landete sie vor der mexikanischen Insel Guadalupe. Artemis, wie die Raumsonde getauft wurde, hatte mehrere Ziele: die Fähigkeit der Orion-Kapsel zu demonstrieren, vom Mond zurückzukehren und im tiefen Weltraum zu operieren, wo die Temperaturen viel niedriger sind als in der Erdumlaufbahn, sowie die erfolgreiche Bergung der Rakete zu sichern.
Der Schriftsteller und Wissenschaftsjournalist Alexandru Mironov erläutert gegenüber Radio Rumänien die Bedeutung dieser Raumfahrt-Mission:
Ein halbes Jahrhundert nach dem ersten Schritt auf den Mond ist der nächste Schritt die Rückgewinnung des Mondes als greifbares Ziel für die Menschheit. Mit dem Artemis-Programm soll sichergestellt werden, dass wir erfahren, wie wir ein Raumschiff ins Weltall schicken können, das stark genug ist, um die Reise von der Erde zum Mond zu bewältigen. Die Kapsel startete von der Erde, umkreiste unseren Planeten zwei- oder dreimal, um eine gewisse Beschleunigung zu erreichen, und begab sich anschließend auf eine Flugbahn, die den Mond umkreiste. An Bord: Puppen oder Dummys, die mit allen möglichen Sensoren ausgestattet waren, die nach 26 Tagen mit vielen, von Wissenschaftlern noch auszuwertenden Daten, zurückkamen.“
In einer zweiten Etappe soll allerdings auch eine bemannte Mission geplant sein, weiß Alexandru Mironov:
Artemis 2 wird nächstes Jahr starten. Es wird genau die gleiche Route wie Artemis 1 fahren und vier unserer Erdlinge an Bord haben, darunter eine Frau. Sie werden den Mond umrunden — und hier versuche ich immer, wenn ich diese Geschichte erzähle, mir die Frustration vorzustellen, die die Astronauten empfinden werden, wenn sie den Mond umkreisen: Sie werden den Mond in greifbarer Nähe erleben, sie werden die Erde hinter dem Mond aufgehen sehen, aber sie werden keinen Fuß auf den Mond setzen dürfen. Dies ist der zweite Teil des Projekts zur Rückeroberung des Mondes. Der dritte Teil soll in zwei oder drei Jahren kommen, wenn die Astronauten endlich wieder auf dem Mond landen werden. Denn die Menschheit wird nicht länger ein Experiment durchführen, wie sie es mit dem Apollo-Programm getan hat, sondern wird den Mond erobern, in dem Sinne, dass unzählige Mineralien, die wir brauchen, dass vielleicht die Gletscherstücke, die sich unter der Mondkruste befinden, genutzt werden können, indem man das Wasser abschöpft. Vieles an diesem Projekt deutet darauf hin, dass es ein großer Gewinn für die Menschheit sein wird. Und es wird möglicherweise einen Gateway geben, eine Weltraumstation, die ich als eine Art planetarische Werft sehe, denn dort wird der eigentliche Bau von Raumschiffen beginnen, die mit sehr geringem Energieaufwand in Richtung Mars, unserem nächsten Schritt, starten könnten. Die Orion-Raumsonde, die den weiten Weg zurückgelegt hat, ist von der Spitze eines riesigen Raumschiffes aus in den Kosmos gestartet. Im Moment ist es ein NASA-Raumschiff, und nächstes Jahr wird es auch ein NASA-Raumschiff sein, doch ist auch eine Zusammenarbeit zwischen Regierungen und Privatwirtschaft denkbar, beispielsweise mit Unternehmern wie Elon Musk, die hier einspringen würden. Dann wäre ein permanentes Pendeln mit dem Shuttle zum Mond durchaus vorstellbar.“
Orion war bereits 2014 im Weltraum, angetrieben von einer Delta-IV-Rakete. Damals umkreiste die Kapsel zweimal die Erde, hauptsächlich um den Hitzeschutzschild beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre zu testen. Jetzt aber war die Geschwindigkeit viel höher — der Wiedereintritt erfolgte mit einer Geschwindigkeit von fast 40 000 Stundenkilometern. Auch diesmal ging es um den Hitzeschutzschild von Orion, der beim Wiedereintritt Temperaturen von 2 800 Grad Celsius — fast halb so heiß wie auf der Sonnenoberfläche — standhalten musste. Der Wissenschaftsjournalist Alexandru Mironov erläutert weiter:
Durch die Reibung mit der Luft steigt die Temperatur sehr stark an. Der Hitzeschutzschild wird aus speziellen Keramiken hergestellt, an denen die Wissenschaftler lange tüfteln. Hier versucht man, Probleme zu lösen, die man bei früheren Raumfähren nicht wirklich bewältigt hatte. Deshalb hatten wir ja die beiden großen Unfälle in der Geschichte der Weltraumfahrt. Und ich glaube, dass die Leute bei der NASA, die Astrophysiker und die Astrophysik-Ingenieure, nach und nach die Lösung in den Griff bekommen werden. Wir sind folglich auf dem richtigen Weg zum Mond und darüber hinaus.“
Beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre konnten die Kameras Orion und das spektakuläre Bild der sich nacheinander öffnenden 11 Fallschirme einfangen, was beweist, dass alles nach Plan verlief. Die Mission stellte auch einen Rekord auf: Am 28. November übertraf Orion die Entfernung, die das Raumschiff Apollo 13 im Jahr 1970 zurückgelegt hatte: Mit 430 000 Kilometern begab sich die Raumkapsel an den weitesten Punkt, der jemals von einem bemannten Raumschiff erreicht wurde.