Ukraine: Minderheitenfrage bleibt aktuell
Im Zuge der Krise in der Ukraine hat sich Bukarest besorgt über die Situation der Minderheiten im Nachbarland geäußert.
Corina Cristea, 07.03.2014, 19:07
Im Zuge der Krise in der Ukraine hat sich Bukarest besorgt über die Situation der Minderheiten im Nachbarland geäußert. Das ukrainische Parlament hatte jüngst ein im Jahr 2012, während der Amtszeit von Viktor Janukowitsch verabschiedete Gesetz aufgehoben, das den Sprachen ethnischer Minderheiten den Status einer Regionalsprache verlieh. Laut dem besagten Gesetz sei die Verwendung von Regionalsprachen auf ukrainischem Territorium garantiert. Zur Kategorie Regionalsprachen“ gehören das Moldauische, Rumänische, Russische, Weißrussische, Bulgarische, Armenische, Gagausische, das Deutsche, Neugriechische, Polnische, Slowakische und Ungarische. Das Gesetz erlaubt den Gebrauch der Minderheitensprachen im Geschäftsumfeld, in Schulen und anderen Bereichen.
Der neulich vom Parlament abgesetzte Präsident Viktor Janukowitsch hatte im Wahlkampf das Thema in den Vordergrund gestellt. Das Gesetz wurde vor zwei Jahren verabschiedet. Selbst wenn es jüngst aufgehoben wurde, bleibt es vorerst dennoch in Kraft. Der ukrainische Interimspräsident beschloss, das Dekret zur Aufhebung des Gesetzes nicht zu promulgieren. Der rumänische Staatssekretär für Strategische Angelegenheiten im Außenministerium Bogdan Aurescu dazu:
Die Entscheidung, das Gesetz über die Regional- oder Minderheitensprachen aufzuheben, war zweifellos ein strategischer Fehler der neuen Regierung in Kiew. Der jüngste Beschluss der Kiewer Exekutive stieß auf internationale Kritik nicht nur Rumänien, auch andere europäische Staaten und Institutionen äußerten sich darüber höchst besorgt. Selbstverständlich bewerte ich positiv, dass der neue Interimspräsident der Ukraine die Aufhebung des Gesetzes, das den Status der Regionalsprache regelt, nicht promulgierte. Ein weiterer positiver Aspekt ist auch, dass die Kiewer Behörden die Absicht zeigen, ein neues derartiges Gesetz zu verabschieden. Wir haben neulich in einem Telefonat zwischen Außenminister Corlăţean und seinem ukrainischen Gegenüber darauf bestanden, dass die neue Gesetzgebung so schnell wie möglich und nach direkten Beratungen mit Vertretern der Minderheiten, einschließlich der rumänischen Gemeinschaft, der Venedig-Kommission und dem Hohen OSZE-Kommissar für nationale Minderheiten, verabschiedet wird. Beide Institutionen hatten bisher kritische Erklärungen über den Gesetzestext zu Regional- oder Minderheitensprachen verabschiedet. Wir möchten, dass die neue Gesetzgebung vollständig europäischen Standards entspricht.“
Das seit August 2012 geltende Gesetz hatte der russischen Sprache den Status einer Regionalsprache in Regionen verliehen, wo sie als erste Sprache für mindestens 10% der Bevölkerung gilt, nämlich in 13 von 27 ukrainischen Regionen, während das Rumänische in den Regionen Czernowitz und Transkarpatien diesen Status genoss. In Kiew wurde diesbezüglich eine Arbeitsgruppe gebildet, die eine neue Gesetzgebung im Bereich vorbereitet. Daran schlossen sich Sprachwissenschaftler und Experten für Sozialpolitik an: Das Ukrainische gilt als Nationalsprache, es wird aber in keiner Weise Einschränkungen in Bezug auf Sprache, Nationalität, Ethnie oder Religion geben. Wir werden von einer demokratischen Regierung geführt, die die Rechte aller Menschen auf ukrainischem Territorium einhält“, versicherte der ukrainische Interimspräsident Oleksandr Turtschinow.
In Bezug auf die jetzige Lage in der Ukraine hatte Rumänien eine eindeutige Stellungnahme, die im Einklang mit der Position der westeuropäischen Staaten steht. Inwieweit lassen sich soziale und wirtschaftliche Auswirkungen der Krise im benachbarten Land in Rumänien spüren? Staatssekretär Bogdan Aurescu erläutert:
Angesichts des sozialen Aspekts haben wir in letzter Zeit, während der blutigen Massenproteste in Kiew festgestellt, dass die Zahl der ukrainischen Staatsangehörigen, die ein Visum für Rumänien beantragen, deutlich anstieg. Aus wirtschaftlicher Sicht ist es leicht zu merken, dass voriges Jahr Rumänien und die Ukraine ihren Handelsaustausch erheblich verstärkt haben. Die rumänischen Exporte in die Ukraine stiegen um 18% und die Importe um 8,1%. Der Gesamtwert des Handelsaustausches bezifferte sich auf 1,8 Milliarden Dollar. Selbstverständlich bestehen während einer wirtschaftlichen oder politischen Krise bestimmte Risiken für die Wirtschaft der Nachbarländer. Voriges Jahr verzeichnete Rumänien mit 3,5% das größte Wirtschaftswachstum in der Europäischen Union. Das ist ein Anzeichen für die Stabilität der rumänischen Wirtschaft. In den letzten Tagen erschütterte die Krim-Krise die internationale Wirtschaft und die Unsicherheit machte sich durch erhebliche Verluste bemerkbar. Laut Wirtschaftsexperten sind die Öl- und Goldpreise wegen der Verschärfung der Krim-Krise kräftig gestiegen.“
Rumänien äußerte sich besorgt über den Konflikt auf der ukrainischen Halbinsel Krim und befürwortet die finanzielle Unterstützung der Ukraine durch internationale Finanzinstitutionen in enger Kooperation mit den USA und der Europäischen Union.
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