Starker Dollar, schwacher Euro
Der amerikanische Dollar ist heute so stark wie seit Jahren nicht mehr – allen Prognosen nach wird er wahrscheinlich im Spätsommer mit dem Euro gleichauf liegen.
Corina Cristea, 20.03.2015, 16:04
Die neusten Kursentwicklungen sind vor dem Hintergrund massiver Anleihenkäufe durch die Europäischen Zentralbank EZB festzustellen — Ziel dieser Politik ist, Geld in die Wirtschaft zu pumpen, um die Wachstumsmaschine anzuwerfen. Der Bukarester Finanzexperte Ionuţ Dumitru weist darauf hin, dass in den USA höhere Zinsen, in Europa dafür niedrigere, sogar fallende Zinsen zu erwarten sind. Diese Erwartungen der Märkte schaffen einen stärkeren Dollar, meint er. Für Rumänien sind die Schwankungen zum Teil bedenklich, gibt der Finanzexperte weiter zu verstehen:
Der Dollar hat keine unmittelbare Relevanz auf dem rumänischen Devisenmarkt. Was zählt, ist der Kurs des Dollars zum Euro, und diesbezüglich haben wir eine spektakuläre Entwicklung gehabt, seitdem Europa seine Währungspolitik massiver Liquiditätszufuhren umsetzt. Von daher gibt es Auswirkungen auf den Leu — Dollar Kurs. Aber gesamtwirtschaftlich ist das nun einmal weniger wichtig, da wir uns in den letzten 15 Jahren, aber besonders nach dem EU-Beitritt langsam vom Dollar abgekoppelt haben. Was weiterhin in Dollar gehandelt wird, sind importierte Energieprodukte. Wir importieren ja auch Erdöl, und der stärkere Dollar wirkt sich sichtbar auf die Treibstoffpreise aus,” sagt Dumitru.
Was aber als außerordentliche Aufwertung des Dollars zu sein scheint, entspricht in Wirklichkeit einer starken Abwertung des Euro — die europäische Wirtschafts- und Währungspolitik scheint in einer Sackgasse zu stecken, glaubt Prof. Radu Muşetescu, der den Lehrstuhl für internationale Wirtschaftsbeziehungen an der Akademie für Volkswirtschaft in Bukarest leitet:
“In den letzten Jahren schien es so zu sein, dass der Dollar aufgrund der Herausforderungen der USA absteigt — Kriege, Wahlen, Blockaden zwischen Demokraten und Republikanern. Es zeigt sich aber, dass andere sich noch größere Fehler leisten als die Amerikaner, weshalb der Dollar neu bewertet wird — und zwar positiv. Interessant ist aber auch die Rolle Chinas in der globalen Wirtschaft. Zu betonen ist, dass das ganze Wirtschaftswachstum Chinas und seine Exporte meiner Meinung nach über den Dollar laufen. Anders gesagt ist der US-Dollar eine viel internationalere Währung als der Euro oder der japanische Yen,” so Prof. Radu Muşetescu.
In einem Interview mit Radio Rumänien erläutert der frühere Privatisierungsminister und gegenwärtige Finanzberater Valentin Ionescu, welches die Konsequenzen der neueren Entwicklungen sein könnten:
In dem Moment, wo Euro und Dollar auf gleichem Level sind, und der Kurs nähert sich heute diesem Niveau, erscheint die Konkurrenzfähigkeit amerikanischer und europäischer Exporte in einem klaren Licht. Die meisten Unternehmen, amerikanische und europäische, verdienen ihr Geld auf den Auslandsmärkten — und dort ist die Hauptwährung interessanterweise der Dollar. Zwei Drittel des Welthandels werden in Dollar abgewickelt, nicht in Euro. Eine Aufwertung des Dollars wird für einige ein Gewinn sein, für andere ein Verlust. Zweitens kann man sowieso nicht mehr über Kosten wettbewerbsfähig werden, zumindest nicht in diesem bilateralen Verhältnis zwischen EU und USA”
Der Finanzspezialist Ionuţ Dumitru sagt allerdings, dass es sehr schwierig ist, heute zu sagen, wo der Kurs des Euro zum Dollar morgen landen wird:
Eine Prognose ist schon deshalb schwer zu erstellen, weil die Entwicklungen der letzten Wochen kaum von jemandem vorausgesehen wurden. Vieles hängt ab von den Erwartungen der Märkte und von dem Umgang der amerikanischen Fed mit den Zinssteigerungen. Einige Prognosen rechnen mit einer Parität zwischen Euro und Dollar in nächster Zukunft, aber das sind eben nur Prognosen, die immer relativ unzuverlässig sind. Niemand kann heute sagen, wo wir morgen sein werden — es gibt ja auch Voraussetzungen für einen Dollar, der stärker ist als der Euro.”
Dumitru behält aber seine Ruhe — schließlich wickelt Rumänien 70% seines Außenhandels mit Europa ab. Nur 30% entfallen auf Märkte, die vordergründig in Dollar abrechnen.