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Schottland: Was kommt nach dem Referendum?

Nur knapp entschieden die schottischen Wähler für den Verbleib ihres Landes in Großbritannien. Trotzdem stehen das Vereinigte Königreich und die EU immer noch vor offenen Fragen.

Schottland: Was kommt nach dem Referendum?
Schottland: Was kommt nach dem Referendum?

, 03.10.2014, 15:14

Ein Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands vom Vereinigten Königreich (engl. Scottish Independence Referendum) fand am 18. September 2014 statt. Das Endergebnis betrug 55,3% Nein-Stimmen und 44,7% Ja-Stimmen bei einer Beteiligung von 84,59%, wodurch die Unabhängigkeit Schottlands von der Mehrheit der Wähler abgelehnt wurde.



Das Ergebnis des Referendums über die Unabhängigkeit Schottlands vom Vereinigten Königreich bestätigte die Meinungsumfragen, laut denen die Unionisten um eine Nasenlänge gewinnen sollten. Die Schotten haben beschlossen, Gro‎ßbritannien nicht zu zerteilen. Nach dem schottischen Nein“ atmete Brüssel erleichtert auf. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy erklärte, er respektiere die willkommene Wahl der Schotten. Gro‎ßbritannien sei ein wichtiges EU-Mitglied, so profitieren alle Bürger und Mitgliedstaaten, sagte Van Rompuy. Der scheidende EU-Kommissionspräsident Manuel Barroso begrü‎ßte das Nein“ Schottlands zur Loslösung von Gro‎ßbritannien. Das Ergebnis ist gut für ein einiges, offenes und stärkeres Europa, für das die EU-Kommission steht.“ Die Kommission begrü‎ße zugleich die Tatsache, dass Schottlands Regierung und Bevölkerung wiederholt ihr Engagement für Europa bekräftigt habe, so Barroso.



Auch der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, war mit dem Ergebnis zufrieden, da die EU nicht einmal einen Plan A“ hatte, wie sie mit einem unabhängigen Schottland umgehen sollte. Ferner äu‎ßerte Martin Schulz die Bereitschaft der Europäischen Union zu einem konstruktiven Dialog mit der schottischen Regierung in wichtigen Bereichen wie das Schaffen von neuen Arbeitsplätzen, Wirtschaftswachstum, Politik, Energie und Klimawechsel. Diese heiklen Themen waren auch von den Unionisten angesprochen worden, deren Kampagne auf die wirtschaftlichen Folgen einer Separation pochte und die Schotten über den Verlust von Arbeitsplätzen und eine schlechtere Position in Europa und in der Welt warnte. Andererseits sagten die schottischen Separatisten, Gro‎ßbritannien werde von Westminster aus von einer englischen Elite regiert, die es in der Regel ablehnt, die Interessen Schottlands zu berücksichtigen. In der Nordsee werde schottisches Rohöl gefördert, aber nur ein kleiner Teil des Gewinns bleibe in Schottland, so die Separatisten. Und auch die Tatsache, dass die Schotten in puncto Atomwaffen in ihrem Land nicht mitreden könnten, führte in den letzten Jahren zu starken Ressentiments. Der Polit-Kommentator Cristian Mititelu demontiert aber teilweise diese Argumente:



Es gibt keinen bestimmten Grund dafür, dass die schottische Bevölkerung heute wirtschaftlich schlechter dran sein sollte, denn die gro‎ße Deindustrialisierung hat schon vor 20 Jahren, während der Thatcher-Regierung stattgefunden. Dann wurde die schottische Wirtschaft umstrukturiert und zurzeit erlebt sie eine steigende Tendenz, wie auch die Wirtschaft Gro‎ßbritanniens. Wenn man genau hinschaut, ist das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner in Schottland höher als in England. Die wirtschaftlichen Begründungen sind meistens perzeptionsbedingt: ‚Ich habe den Eindruck, dass es mir schlechter geht als den anderen‘, sagt man. Das entspricht aber nicht immer der Wahrheit.“




Was wäre gewesen, wenn Schottland sich von Gro‎ßbritannien getrennt hätte? Wie wären die EU oder die NATO mit einem neuen Land, mit einem neuen unabhängigen Staat umgegangen, der auf seine EU-Mitgliedschaft bestanden hätte? Die EU-Staatschefs hatten schon vor dem Referendum gewarnt: Sollte Schottland unabhängig werden und wollte es der Europäischen Union angehören, so müsste es das gesamte EU-Beitrittsverfahren von vorne anfangen und durchziehen. Der Fall Schottland wird umso interessanter, da er keine isolierte Erscheinung in Europa ist. Der Journalist und Mitglied des Internationalen Presseverbands Thomas Friedrich, der sich auf EU-Angelegenheiten spezialisiert hat, äu‎ßerte sich darüber in einem Interview mit dem RRI-Korrespondenten in Brüssel:



Der Fall Schottland ist nicht der einzige seiner Art, generell in Europa und speziell in der Europäischen Union. Wir haben den Fall Katalonien, das seine Autonomie fordert, wir haben eine ähnliche Bewegung in Norditalien, und sogar hier, in Belgien, erleben wir die Neigung, dieses kleine Land zu spalten. Wenn wir die Perspektive erweitern, können wir diese Bewegungen auch im Fall der Ukraine feststellen. Ich glaube, dass jedes Land in Europa, und zwar auf dem gesamten europäischen Kontinent, nicht nur in der Europäischen Union, die schon in mehreren Teilen gespalten ist, dadurch viel schwächer und viel anfälliger gegenüber Risiken und Gefahren aller Art wird. Ich würde eher ein föderales System wie in Deutschland empfehlen. Ein solches Modell wäre eine mögliche Lösung für die Ukraine — man würde den einzelnen Regionen mehr Verwaltungsbefugnisse und mehr Autonomie gewähren, aber die gesamte Nation könnte doch eine Einheit bleiben.“




Der rumänische Au‎ßenminister Titus Corlăţean begrü‎ßte das Ergebnis des Referendums in Schottland und sagte, Gro‎ßbritannien sei mit Schottland als Teil des Vereinigten Königreichs ein strategischer Partner Rumäniens, sowohl in puncto bilaterale Beziehungen als auch im Rahmen der Europäischen Union und der NATO.




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