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Robotergestützte Telechirurgie – von Science Fiction zur Wirklichkeit

Am 7. September 2001 gab es eine Weltpremiere in der Medizin: Ein Chirurgenteam, geleitet von Professor Jacques Marescaux aus Frankreich, führte mit Erfolg eine ferngesteuerte Operation mithilfe eines Roboters durch.

Robotergestützte Telechirurgie – von Science Fiction zur Wirklichkeit
Robotergestützte Telechirurgie – von Science Fiction zur Wirklichkeit

, 06.12.2013, 16:51

Am 7. September 2001 gab es eine Weltpremiere in der Medizin: Ein Chirurgenteam, geleitet von Professor Jacques Marescaux aus Frankreich, führte mit Erfolg eine ferngesteuerte Operation mithilfe eines Roboters durch. An jenem Septembertag wurde einer 68-jährigen Frau in Stra‎ßburg die Gallenblase entfernt. Der Chirurg Jacques Marescaux arbeitete von New York aus, die Verbindung zwischen Patientin und Operateur verlief über ein Glasfaserkabel von France Télécom. Das erste Mal wurde so über den Atlantik hinweg operiert. Operation Lindbergh“ wurde die Aktion seinerzeit genannt, in Anlehnung an Charles Lindbergh, der 1927 als erster Mensch den Atlantik im Alleinflug überquerte. France Télécom hatte damals die Internet-Verbindung gesichert, und die Operation hat bewiesen, da‎ß Telechirurgie mindestens technisch möglich war.



Nach Abschlu‎ß seines Medizinstudiums in Târgu Mureş traf der rumänische Arzt Adrian Lobonţiu Anfang der 1990er Jahre bei einem Medizinkongre‎ß in Paris mit einigen US-amerikanischen Chirurgen zusammen, die ihm ihre Ideen im Bereich der robotergestützen Telechirurgie mitteilten. Fasziniert von der Vision seiner Kollegen wurde Adrian Lobonţiu in relativ kurze Zeit der erste europäische Chirurg, der sich in dieser Technik spezialisierte. Adrian Lobonţiu erinnert sich:



Vor 20 Jahren, als ich in Paris angekommen war, gab es in der Medizin die Tendenz, von der invasiven Chirurgie, bei der wir einen gro‎ßen Schnitt machten und den Patienten öffneten, um alle Organe gut zu sehen, zu einer minimal-invasiven Chirurgie überzugehen, so da‎ß der Patient weniger leidet, der Schmerz nicht so stark ist, das Blutungsrisiko auf ein Minimum vermindert wird, kein Fieber eintritt — kurzum, damit der Patient so schnell wie möglich nach Hause geht und sein normales Leben weiterführt. Das war aber sehr schwer für die Chirurgen.“



Warum war es für die Chirurgen denn so schwer? Weil eine Aufnahmekamera in den Patienten eingeführt wurde, und die Chirurgen mit 30 bis 40 cm langen speziellen Instrumenten operieren mu‎ßten. Die Instrumente waren in der Tat sehr lang — man sollte halt versuchen, mit einem 40 cm langen Stift zu schreiben, den man am seinem Ende hält. Es ist wirklich schwer. Da mu‎ßte man sich eben etwas Anderes einfallen lassen und so kam man auf die Robotik, die in der Industrie fast überall benutzt wurde — in der Medizin aber noch nicht. Adrian Lobonţiu dazu:



Eben weil in der minimal-invasiven oder laparoskopischen Chriurgie die Gesten der Chirurgen so fein und schwierig sind, gibt es jetzt einen Computer zwischen der Hand des Chirurgen und der Spitze des chirurgischen Instruments. Dieser Computer gibt dem Fachmediziner die Flexibilität seiner Hände zurück, er stellt alles wieder her, was durch den Wechsel von der klassichen zur laparoskopischen oder minimal-invasiven Chirurgie verloren gegangen war. Der Chirurg ist der Pilot, er steuert den Roboter. Und was macht der Roboter? Er analysiert jede Geste des Chirurgen, jede Bewegung seiner Finger. Der Roboter wei‎ß genau, wo die Spitze des Instruments im Inneren des Patienten steckt, er wei‎ß wo die Blutgefä‎ße und die Nerven liegen, die nicht geschnitten werden dürfen, er wei‎ß genau, wo sich der Tumor befindet. Der Roboter korrigiert die Bewegungen des operierenden Arztes, er sagt dem Chirurgen z.B.: ‚nicht so viel… pa‎ß auf, deine Hand zittert. Jetzt mu‎ß ich dieses Zittern etwas beruhigen, weil es chirurgisch nicht effizient ist‘. Der Roboter verbessert die Leistung des Chirurgen.“



Adrian Lobonţiu war ein Wegbereiter für diese fast Science Fiction anmutende OP-Methode. Bald wurde er nicht nur in Europa, sondern in der ganzen Welt bekannt — man nannte ihn the flying surgeon“ — den fliegenden Chirurgen. Adrian Lobonţiu:



Mein Leben hat sich etwas geändert — von dem Standardchirurgen, der jeden Tag ins Krankenhaus geht und im OP-Saal seine Patienten operiert, wurde ich in der Tat zum ‚fliegenden Chirurgen‘, denn mit meiner Spezialisierung mu‎ßte ich jede Woche in zwei bis drei Flugmaschinen einsteigen und überall in Europa, manchmal auch in den Mittleren Osten fliegen. Ich begann auch in Israel, im Libanon, in Saudiarabien, in Jordanien zu operieren. Sehr oft fliege ich von Paris nach Bukarest, um mit ehemaligen Kollegen und Professoren zu operieren. Das sind sehr gut ausgebildete Mediziner, mit denen ich immer besonders gern zusammenarbeite. Wir operieren zusammen verschiedene Patienten, wir diskutieren besondere Fälle von minimal-invasiven oder robotergestützter Chirurgie und wir beteiligen uns auch an Medizinkongressen in Europa oder in den Vereinigten Staaten.“



Der Chirurg Adrian Lobonţiu hat sich der medizinischen Robotik ganz verschrieben. Unter anderen beteiligte er sich an einem bahnbrechenden Projekt: Auf dem Flugzeugträger Charles de Gaulle“, der sich irgendwo in der südlichen Hemisphäre befand, gab es Versuchstiere und menschenartige Dummies. Die OP-Simulation wurde nicht über Glasfaserkabel, wie im Lindbergh“-Fall des Professors Jacques Marescaux, sondern per Satellitenverbindung durchgeführt.



Was wurde mit diesen zwei Experimenten bewiesen? Einerseits, da‎ß man robotergestütze Operationen über gro‎ße Entfernungen durchführen und ein Patient von einem hochspezialisierten Chirurgen operiert werden kann, auch wenn der Arzt sich auf einem anderen Kontinent befindet. Andererseits sind solche per Kabel- oder Satellitenverbindung ferngesteuerte Operationen mit enormen Kosten verbunden. Adrian Lobonţiu ist aber der Ansicht, da‎ß in einigen Jahren die Technik der Satellitenverbindung in der Medizin, die Anfang der 1990er Jahre nicht vorstellbar war, sich weit verbreitet und öfter angewandt wird.



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