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Moldaurepublik zwischen Ost und West: Kommt es zur Zerreißprobe?

Nach dem Sturz der pro-westlichen Regierung bleibt die Konstellation im Nachbarland äußerst kompliziert. Korruption plagt das Land im Inneren, die russischen Truppen in Transnistrien und Putins Expansionsgelüste bedrohen das Land von Außen.

Moldaurepublik zwischen Ost und West: Kommt es zur Zerreißprobe?
Moldaurepublik zwischen Ost und West: Kommt es zur Zerreißprobe?

, 20.11.2015, 17:35

Die NATO zeigt sich besorgt über die komplizierte Lage in der Moldau. Das Militärbündnis ruft die Verantwortlichen in Chişinău auf, ihre Anstrengungen zur Bewältigung der politischen Krise und Bildung einer neuen proeuropäischen Parlamentsmehrheit zu intensivieren. Die neue Parlamentsmehrheit würde die nach dem Sturz der Regierung vergangenen Monat entstandene Machtlücke füllen. Die Koalition aus Liberaldemokraten, Demokraten und Liberalen zerbrach unter dem Misstrauensvotum der Sozialisten und Kommunisten aus der Opposition. Erwähnenswert ist auch die Tatsache, dass die Demokraten ebenfalls zugunsten des Misstrauensantrags stimmten. Sie werfen gemeinsam mit dem linken Lager dem liberaldemokratischen Ministerpräsidenten Valeriu Streleţ Korruptionsdelikte vor.



Die Moldau könne nach wie vor auf die Unterstützung der NATO zählen, erklärte der Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung des Bündnisses, Paolo Alli. Allerdings müsse das Land die notwendigen Reformen in Bereichen wie der Korruptionsbekämpfung oder dem Justizwesen umsetzen. Im Übrigen war eine NATO-Delegation vergangene Woche zu Besuch in Chişinău, um sich über den Stand des Programms zum Wiederaufbau der Verteidigungsstruktur des Landes zu informieren.



An dem Programm sind wichtige Mitglieder der Allianz mit Finanzmitteln und Sachverstand beteiligt, darunter die USA, Deutschland oder die Türkei, und natürlich auch das benachbarte Rumänien. Das Programm wurde beim NATO-Gipfel in Wales im vergangenen Jahr entwickelt. Bei dem Treffen hatte die NATO in der eigenen Strategie auch die Verteidigung von Partnerstaaten wie der Moldau, der Ukraine und Georgien verankert.



Die ehemaligen sowjetischen Kolonien sind jetzt von dem territorialen Appetit Putins bedroht, der russische Präsident ist zudem offenbar bemüht, deren Bestrebungen nach europäischer und euroatlantischer Integration im Keim zu ersticken. Die drei Länder fanden deshalb auch in der Abschlusserklärung des sogenannten Flankengipfels“ in Bukarest Erwähnung, dem Treffen der NATO-Mitglieder aus Mittel- und Osteuropa.



Iulian Chifu ist Berater von Ex-Präsident Traian Băsescu und Leiter des Zentrums für Konfliktprävention. Zudem hat er sich auf den ex-sowjetischen Raum spezialisiert und kann die Entscheidungen der NATO erklären:



Es geht um den ersten Schritt einer letzten Endes extrem energischen Aktion der Allianz, einer Aktion zur Verteidigung der östlichen Nicht-Mitglieder. Diese Alliierten werden unterstützt, Abwehrstrukturen aufzubauen, die zu einer Erhöhung ihrer Sicherheitslage führen sollen. Es ist davon die Rede, dass die Verteidigungsstrategie der NATO auch die Partnerstaaten einschlie‎ßt. Das bedeutet aber nicht, dass sie unter Artikel 5 fallen oder dass es eine gemeinsame Verteidigung gibt, es geht vielmehr um das Interesse der Allianz, diese Staaten in eine gemeinsame Strategie einzubinden und die Entwicklung der eigenen Abwehrkapazitäten zu unterstützten, damit sie die eigene Sicherheit schützen können.“




Der noch amtierende liberale Verteidigungsminister Anatol Şalaru, der mit dem Sturz des gesamten Streleţ-Kabinetts sein Amt abgeben wird, plädiert für die Vertiefung der Verbindung zur NATO. Er selbst bezeichnet seine Haltung als militant anti-sowjetisch. Vor dem Hintergrund des sich hinziehenden militärischen Konflikts in der Ukraine und der Präsenz russischer Truppen im abtrünnigen Transnistrien sei diese die beste Lösung, so Şalaru.



Solange ein Viertel des moldauischen Gebiets noch von der russischen Armee besetzt ist, ist das die beste Lösung. Gro‎ße Dinge werden nicht in einer Woche erreicht, es könnten womöglich Ereignisse wie in der Ukraine verursacht werden, wir tun so, als ob es solche Probleme nicht geben kann. Ich bereite das Militär für einen NATO-Beitritt vor, der jederzeit eintreten könnte.“




Gleichzeitig warnt Şalaru selbst vor dem Szenario einer völligen Auflösung der Moldau als Staat. Es gebe zwei gro‎ße Gefahren für das Land, glaubt er. Eine interne Gefahr — die Korruption, die an der Glaubwürdigkeit der gesamten politischen Klasse gezehrt hat. Und eine externe Gefahr — das Streben Russlands, das alte Reich auferstehen zu lassen.



Viorel Cibotaru ist Mitglied im Gründungsrat des NATO-Informationszentrums in Chişinău. Er selbst beobachtet die anhaltende politische Instabilität und die unterschiedlichen Visionen der Parlamentsparteien mit Sorge. Die Entwicklung könnte die Moldau in der Prioritätenliste der nordatlantischen Allianz nach unten drücken. Es wäre erneut eine verpasste Chance, nachdem die europäische Integration scheinbar bis auf weiteres auf Eis gelegt wurde. Das, obwohl Brüssel im vergangenen Jahr die Moldaurepublik als Musterschüler“ innerhalb der Östlichen Partnerschaft bezeichnet und mit dem Land Assoziierungs- und Freihandelsabkommen unterzeichnet hatte. Die Abkommen galten als Vorkammer eines möglichen EU-Beitritts im Jahr 2020. Das Ziel scheint in weite Ferne gerückt zu sein, wie Cibotaru im Interview mit dem Radio Rumänien-Korrespondenten in Chişinău berichtet.



Die Möglichkeiten, die es vor einigen Monaten noch gab, verschwinden allmählich. Ebenso die Aufmerksamkeit, mit der die NATO und die Europäische Union der Moldaurepublik bislang bedacht haben. In diesem Sinne erwarten wir sehr schwierige Zeiten, einschlie‎ßlich im Bereich der Konsolidierung unserer Landessicherheit und der Abwehr gegen bestimmte Gefahren.“




Vor fast einem Vierteljahrhundert zerfiel die Sowjetunion nach dem Scheitern eines neo-bolschewistischen Putschs. Am 27. August 1991 erklärte Chişinău seine Unabhängigkeit von Moskau. Westliche Sowjetologen räumten der Moldau damals ähnlich günstige Perspektiven wie den baltischen Staaten ein. Heute müssen dieselben Experten ihren Fehler eingestehen: Während Estland, Lettland und Litauen Mitglieder der NATO und EU sind, vegetiert Chişinău wegen der eigenen politischen Entscheidungsträger in der grauen Zone dahin. Und aus dieser grauen Zone könnte das Land jederzeit in die russische Umlaufbahn gezogen werden.

Das EU-Parlament in Straßburg (foto: Endzeiter / pixabay.com)
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