Moldaurepublik: Wohin führt der erneute Regierungswechsel?
In der Republik Moldau fand vor kurzem ein weiterer Regierungswechsel statt. Nach nur fünf Monaten wurde das prowestliche Kabinett von Maia Sandu infolge eines Misstrauensantrags der Sozialisten gestürzt.
Corina Cristea, 22.11.2019, 17:30
Die Sozialisten hatten angekündigt, dass sie einen Misstrauensantrag einreichen würden, sollte Maia Sandu den Entwurf zur Änderung des Gesetzes, das die Arbeit der Staatsanwaltschaft reguliert, mit der Vertrauensfrage verbinden. Dieser Entwurf sah die Ermächtigung des Premierministers bei der Auswahl von Kandidaten für das Amt des Generalstaatsanwaltes vor.
Seit ihrer Gründung im Juni wurde die Koalition zwischen Pro-Europäern und den pro-russischen Sozialisten von vielen als unnatürlich angesehen, als eine vorübergehende Lösung für die Einsetzung einer Regierung nach drei Monaten vergeblicher Verhandlungen. Dan Dungaciu, Leiter des Instituts für Politikwissenschaft und Internationale Beziehungen der Rumänischen Akademie, zu Gast bei Radio Rumänien, erklärt, was die Koalition zwischen den Pro-Demokraten und den Sozialisten von Igor Dodon erreicht hat:
Zwei Dinge: In erster Reihe in der Innenpolitik der Republik Moldau, nämlich die Beseitigung von Herrn Plahotniuc und die Entschärfung der Lage, die dadurch entstanden ist, dass die Demokratische Partei, Herr Plahotniuc persönlich, die Institutionen in Kischinjow blockiert hat. Intern ging es also um die Beseitigung von Herrn Plahotniuc von den Machthebeln. Das geschah, nachdem am 3. Juni in Kischinjow gleichzeitig ein Vertreter des US-Außenministeriums, des EU-Kommissars für Erweiterung und ein Vertreter des Kremls, in diesem Fall der berüchtigte Herr Kosak, anwesend waren. Der interne Plan war die Beseitigung von Herrn Plahotniuc. Aber der kompliziertere Plan hat mehr mit dieser strategischen Landschaft zu tun — zum ersten Mal saßen die drei wichtigen, in der Republik Moldau bedeutenden Akteure am selben Tisch, wenn auch nicht physisch, und einigten sich, diese unnatürliche Koalition zu bilden. Das heißt, der Osten und der Westen bilden eine Koalition oder die politischen Vertreter des Ostens und des Westens bilden eine Koalition. Natürlich ist es naiv, zu glauben, dass die drei Großen, die in Kischinjow zusammen kamen, sich dort nur wegen Herrn Plahotniuc trafen. Es ist eine Naivität! Der geopolitische Plan war immer vorhanden, der strategische, geopolitische Plan war das Treffen zwischen der Europäischen Union, Russland und den Vereinigten Staaten. Das war meiner Meinung nach die Quelle dieser Koalition. Dieser strategische Plan muss mit dem korreliert werden, was in der Ukraine geschieht, die Ukraine ist der Schlüssel zum Verständnis der Region, und nicht die Republik Moldau.“
Der Plan war, die Republik Moldau neutral zu machen, glaubt Dan Dungaciu. Der Raum zwischen der Europäischen Union und der Russischen Föderation müsse so gestaltet werden, dass er weder für die Europäische Union noch für Russland strategisch störend ist. Deswegen müssten die Ukraine und die Republik Moldau in der Lage sein, beide Parteien zufrieden zu stellen, und nicht eine Quelle für Streitigkeiten darstellen:
Und natürlich kann dies zumindest aus russischer Sicht erreicht werden, indem sogenannte Föderationen geschaffen werden, die heute in der diplomatischen Sprache Moskaus nicht mehr als Föderationen bezeichnet werden, sondern als »Sonderstatusstaaten«: in der Ukraine, im Donbass, in der Republik Moldau, in Transnistrien. Mittels dieser hat man Einfluss auf die Sicherheit und Außenpolitik in Kischinjow und Kiew. Das ist der Plan, das russische Denken in diesem Bereich. Wahrscheinlich waren einige mit diesem Versuch einverstanden, und in der Republik Moldau war diese breite Koalition, die größte in der Geschichte der Republik Moldau, passend, um dieses Projekt umzusetzen. Weil es sowohl aus dem Osten als auch aus dem Westen Legitimität gibt. Die Russen wissen sehr wohl, dass das Kosak-Memorandum 2003 gescheitert ist, weil es ein russischer Plan war. Da der Westen nicht mit am Tisch saß, war es sicherlich leicht, ihn abzulehnen. Nun war bei der Bildung dieser Regierung der Westen mit am Tisch und somit könnte ein solches Projekt theoretisch funktionsfähig sein.“
Nach dem Sturz der Regierung von Maia Sandu nominierte der prorussische Präsident der Republik Moldau, Igor Dodon, den Präsidentenberater Ion Chicu zur Bildung eines neuen Kabinetts, und kurz danach stimmte das Parlament für die Amtseinführung einer sozialistischen prorussischen Regierung ab, in der die meisten der 11 Minister dem Präsidenten Igor Dodon nahe stehen. In Bukarest warnten die rumänischen Politiker, dass die Unterstützung der Moldaurepublik durch Rumänien, auch die finanzielle Unterstützung, im derzeitigen Kontext streng von der Fortsetzung der grundlegenden Reformen für die Demokratie und den europäischen Weg abhängig sein werde. Die Bereitschaft der rumänischen Regierung zur Zusammenarbeit mit einer moldauischen Regierung, die keine ernsthaften Garantien für eine authentische Demokratie anbietet, sei ebenfalls sehr gering.