Kunming-Montreal-Abkommen: Fahrplan für die Rettung des Planeten?
In unserem Feature haben wir die jüngsten Klimaentwicklungen unter die Lupe genommen und uns mit der Frage auseinandergesetzt, was die Menschheit gegen den Klimawandel tun kann.
Corina Cristea, 20.01.2023, 15:28
Das vergangene Jahr war das drittwärmste Jahr in der Geschichte der meteorologischen Messungen in Rumänien, so eine Analyse der Nationalen Instituts für Wetterfrischung, die zeigt, dass seit 1900 die fünf wärmsten Jahre 2007, 2015, 2019, 2020 und 2022 waren. Gleichzeitig war der Zeitraum zwischen 2012 und 2022 der wärmste in 11 aufeinanderfolgenden Jahren, was den Trend steigender Lufttemperaturen in Rumänien bestätigt.
Überall auf der Erde kommt es zu viel höheren Temperaturen und klimatischen Störungen. Der Klimawandel betrifft und bedroht den gesamten Planeten, einschließlich der biologischen Vielfalt, er ist folglich nicht mehr nur ein lokales oder nationales Problem, sagen Experten. Wissenschaftler betonen, dass die Zeit drängt — 75 Prozent der Ökosysteme der Welt werden durch menschliche Aktivitäten beeinflusst, mehr als eine Million Arten sind vom Aussterben bedroht, und der Wohlstand der Welt steht auf dem Spiel, denn mehr als die Hälfte des weltweiten BIP hängt von der Natur und ihren Leistungen ab.
Es werden immer wieder Maßnahmen zum Schutz des Planeten erdacht und angekündigt, doch gibt es wirksame Mechanismen, um sie in die Praxis umzusetzen? In der Überzeugung, dass die Menschheit zu einer Massenvernichtungswaffe“ geworden ist, rief der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Antonio Guterres, zu einem Friedenspakt mit der Natur“ auf, und im Dezember wurde auf der Umweltkonferenz in Montreal nach mehr als vier Jahren schwieriger Verhandlungen ein historisches, für die Menschheit lebenswichtiges Abkommen verabschiedet. Der als Kunming-Montreal-Abkommen“ bezeichnete Fahrplan zielt darauf ab, Land, Ozeane und Arten vor Verschmutzung, Degradierung und Klimakrise zu schützen.
Die Schaffung von Schutzgebieten auf 30 Prozent der Erde — das bekannteste der gesetzten Ziele — wurde als das Biodiversitätsäquivalent zum Ziel des Pariser Abkommens dargestellt, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Die Vereinbarung wurde zu einem Zeitpunkt getroffen, als nur 17 Prozent der Landmasse und 8 Prozent der Gewässer geschützt waren. Der Text bietet auch Garantien für indigene Völker in Gebieten, in denen 80 % der verbleibenden biologischen Vielfalt der Erde zu finden sind, und schlägt vor, 30 % der degradierten Flächen wiederherzustellen und das mit Pestiziden verbundene Risiko zu halbieren.
Dieses Abkommen ist historisch, nicht nur, weil es zum ersten Mal einen Rahmen gibt, sondern auch, weil es ein ehrgeiziger Rahmen ist, wie auf dem Treffen in Kanada hervorgehoben wurde — wir haben ein Abkommen, das Pestizide einschließt, wir haben ein Abkommen, das besagt, dass wir Subventionen abschaffen müssen, die schlecht für die biologische Vielfalt sind, wir haben Verpflichtungen nicht nur bis 2050, sondern kurzfristige Ziele, die bis 2030 reichen, und wir haben Finanzmittel — auch wenn einige Länder denken, dass sie nicht so weit reichen –, die sich von jetzt bis 2025 verdoppeln und bis 2030 sogar verdreifachen werden. Aus all diesen Gründen müssen wir sehen, wo wir anfangen. Es ist ein absolut historisches Abkommen.“ Das ist die Meinung von Professor Mircea Duțu, Präsident der Ökologischen Universität Bukarest, einer privaten hochschulischen Einrichtung. Im Interview mit dem Rumänischen Rundfunk detaillierte er seine Ausführungen:
Dies ist ein erster Sieg, aber wir müssen abwarten und sehen, wie der Prozess weitergeht, denn im Grunde genommen befindet sich das Kunming-Montreal-Abkommen noch in der Phase eines vereinbarten Konsenses. Es wird nun den Staaten zur Unterzeichnung vorgelegt und muss anschließend ratifiziert werden, um in Kraft treten zu können. Es geht darum, einen neuen globalen Handlungsrahmen für die biologische Vielfalt zu schaffen, weil die 21 Ziele, die 2010 in Japan für 2020 festgelegt worden waren, nicht erreicht wurden. Daher wäre es wünschenswert, dass dieses Mal alle 23 gesetzten Ziele in größerem Umfang angesteuert werden. Mittelfristig, d.h. bis 2030, soll der Prozess der Erosion der biologischen Vielfalt gestoppt die Erhaltung von Meeres- und Landgebieten verstärkt werden. Langfristig, d.h. für die Jahre 2050 und 2100, wird eine Situation angestrebt, in der die Menschheit im Einklang mit der Natur lebt. Wir sehen, dass all diese Ziele das Tempo und die Meilensteine berücksichtigen, die für die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens vorgesehen sind, da zwischen dem Klimawandel und dem Schutz und der Erhaltung der biologischen Vielfalt ein wechselseitiger Zusammenhang besteht.“
Die Diskussionen wurden durch die finanzielle Frage stark beeinträchtigt, die bis zum Schluss im Mittelpunkt der Debatte stand, sogar während der Verabschiedung im Plenum, wobei mehrere afrikanische Staaten Einwände erhoben. Die Länder des sogenannten Globalen Südens forderten von den reichen Ländern 100 Milliarden Dollar pro Jahr als Gegenleistung für ihre Bemühungen um das Klima und eine schrittweise Aufstockung dieses Fonds auf 700 Milliarden Dollar pro Jahr bis 2030. Schließlich wurde eine Einigung erzielt, die 30 Milliarden Dollar an jährlicher Klimahilfe für Entwicklungsländer vorsieht. Zusätzlich zu den Zuschüssen wurde auch ein globaler Biodiversitätsfonds gefordert, ähnlich dem, der bei den Klimaverhandlungen in Ägypten im November vereinbart wurde, um weniger entwickelte Länder bei der Bewältigung von Klimaschäden zu unterstützen. China, das auf der Biodiversitätskonferenz der Vereinten Nationen (COP15) den Vorsitz führte, hat einen Kompromiss vorgeschlagen, der vorsieht, im Jahr 2023 innerhalb der bestehenden Globalen Umweltfazilität (GEF) einen Zweig für die biologische Vielfalt einzurichten.