Klimawandel: Werden wir in Zukunft mit Umweltflüchtlingen konfrontiert?
Der Klimawandel stellt heute eine zentrale Herausforderung dar und wird laut Experten einen erheblichen Einfluss auf die Landwirtschaft und Nahrungsmittelversorgung haben.
Corina Cristea, 19.08.2016, 17:45
Wenn Ihnen der aktuelle Flüchtlings-Exodus von großem Ausmaß vorkommt, stellen Sie sich ein hundertmal größeres Phänomen vor, das in der nahen Zukunft vorkommen wird.“ So lautet die pessimistische Vorhersage der deutschen Experten vom Max-Planck-Instituts für Chemie, laut dem in Zukunft mehr als 500 Millionen Menschen wegen der globalen Erwärmung ihre Heimatorte verlassen müssen werden. Zwischen 1986 und 2005 gab es laut Statistiken rund 16 heiße Tage im Jahr. Deren Zahl steigt deutlich an und wird am Ende des Jahrhunderts rund 200 erreichen. Die Hitze soll laut Einschätzungen von Experten zusammen mit Sandstürmen den Mittleren Osten und den Norden Afrikas in Gebiete verwandeln, in denen es kaum möglich sein wird, zu überleben. Überdies lassen sich die Folgen des Klimawandels auch in unserem Alltag merken. Der Rektor der Ökologie-Universität in Bukarest, Mircea Duţu, erläutert, welche die wichtigsten Folgen des Klimawandels sind und in welchen Bereichen sie sich am stärksten auswirken:
Die Auswirkungen sind zweifellos vielfältig, so zum Beispiel das intensive und häufiger auftretende Extremwetter wie der Anstieg der Durchschnittstemperatur, die andauernde Dürre, die Hitze, starke und häufige Regenfälle. Am stärksten lassen sich diese Phänomene, wie erwartet, auf Bereiche wie Landwirtschaft und Transport auswirken, negative Konsequenzen lassen sich im Leben der Ortschaften, der Städte und des Einzelnen merken. Es handelt sich um eine Gegebenheit, die man nicht mehr übersehen darf, denn die negativen Folgen beeinflussen das Leben sowohl auf globaler als auch auf regionaler und lokaler Ebene. Der Klimawandel wurde von Menschen verursacht. Als wichtige Ursache würde ich hauptsächlich die höhere Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre nennen.“
Hitzewellen und ungewöhnlich heißes Wetter, die Erhöhung des Meeresniveaus, Überschwemmungen, das Schmelzen der Gletscher, das Aussterben vieler Spezies und das drohende Aussterben vieler anderen, die Sturzregen, starke Schneefälle stellen heute eine zentrale Herausforderung dar. Diese Veränderungen sollen laut Experten lange andauern und das Extremwetter wird sogar häufiger auftreten. Unser Gesprächspartner kommt erneut zu Wort mit Einzelheiten:
Auf globaler Ebene wurden sogenannte empfindliche Gebiete identifiziert, die vom Klimawandel am stärksten beeinflusst werden, insbesondere Indien, Bangladesch und die Vanuatu-Insel im Südpazifik, Nordafrika und der Mittlere Osten. Die vom deutschen Max-Planck-Institut für Chemie und dem Fachinstitut in Zypern veröffentlichten Studien stellen heraus, dass Nordafrika und der Mittlere Osten im Jahr 2100 zu den vom Klimawandel am stärksten betroffenen Gebieten zählen werden. Sie werden laut Fachexperten ansteigende Durchschnittstemperaturen, stärkere und längere Hitzewellen, anhaltende Dürre aufweisen. Die Experten machen auf die Konsequenzen für die Landwirtschaft und nicht zuletzt darauf aufmerksam, dass in Zukunft Hundertausende Menschen ihre Heimatorte verlassen und nach Europa oder anderswohin umsiedeln müssen. Zahlreiche Studien sagen regelmäßig voraus, dass bis 2100 eine neue Kategorie von Flüchtlingen entstehen werde, es handle sich um sogenannte Umweltflüchtlinge. Experten sprechen sogar von 800 Millionen Menschen auf globaler Ebene, die infolge des Klimawandels gezwungen sein werden, ihre Heimatorte zu verlassen und in andere Gebiete umzusiedeln.“
Umweltorganisationen zufolge seien der Mittelmeer-Raum und sogar ein Teil der Nordgebiete am stärksten vom Klimawandel betroffen, fügt unser Gesprächspartner hinzu:
In diesen Gebieten kommt das Extremwetter öfter und intensiver vor, sie leiden immer stärker unter der Dürre, was die Landwirtschaft und einschließlich die Nahrungsmittelversorgung bedroht. Nicht zuletzt wird der Klimawandel einen erheblichen Einfluss auf den Lebensstandard und die Lebensqualität haben. Unter diesen Umständen wird es bestimmt eine gezielte Umlenkung der Migrationsströme geben. Auch bezüglich der derzeitigen Situation in Syrien gab es die Mutmaßung, dass der Konflikt und die Auswanderung gewissermaßen auch vom Klimawandel ausgelöst wurden. Bis 2012 haben wir uns mit einer starken Dürre konfrontiert, infolgedessen sind viele Menschen aus Gebieten mit starkem Potential für Landwirtschaft in Großstädte umgesiedelt. Deswegen sei es zu einem sozialen Druck, zum Bürgerkrieg und schließlich zu erheblichen Migrationsströmen nach Europa gekommen.“
Die Europäische Union hat zahlreiche Projekte angestoßen, die darauf abzielen, die Auswirkungen der menschenverursachten Treibhausgase zu reduzieren. Laut Mircea Duţu müssten wir damit rechnen, dass in der aktuellen Konjunktur die EU-Politik im Bereich Energie und Klimawandel umdefiniert wird. Vor diesem Hintergrund müsste sich jeder EU-Staat im Kampf gegen den Klimawandel mehr engagieren.