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„Ich kam als Pilger und Bruder“: zur Bedeutung des Papstbesuchs in Rumänien

20 Jahre nach dem ersten Besuch eines Papstes, des Oberhauptes der katholischen Kirche, in einem mehrheitlich orthodoxen Land, stattete Papst Franziskus Rumänien einen Besuch ab, der im Zeichen der Einheit aller Christen stand.

„Ich kam als Pilger und Bruder“: zur Bedeutung des Papstbesuchs in Rumänien
„Ich kam als Pilger und Bruder“: zur Bedeutung des Papstbesuchs in Rumänien

, 16.08.2019, 17:30

Die ersten Augenblicke des Besuchs hatten eine diplomatische Bedeutung, der Papst sprach über die Blutsbruderschaft, die gleicherma‎ßen vom Katholizismus und der Orthodoxie beansprucht wird:



Die Glaubensverbindungen, die uns vereinen, gehen auf die Apostel zurück, Zeugen des auferstandenen Jesus, besonders auf die Verbindung, die Petrus und Andreas vereinte, die traditionell das Christentum in diese Länder brachten. Sie waren auch speziell Blutsbrüder, die ihr Blut für den Herrn vergossen haben. Sie erinnern uns daran, dass es eine Blutsbruderschaft gibt, die uns vorausgeht und die als stiller und lebensspendender Strom, der über die Jahrhunderte flie‎ßt, nie aufgehört hat, unseren Lebensweg zu benetzen und zu nähren.“




Papst Franziskus verwies andererseits auf die Fortschritte, die Rumänien in den letzten 30 Jahren gemacht hat, als das Land sich trotz zahlreicher Schwierigkeiten und Mängel, mit denen es konfrontiert war, zu einem demokratischen Projekt verpflichtet hat. Die symbolische Bedeutung des Papstbesuchs in Rumänien besteht in dem, was er als den menschlichen Preis bezeichnete, den Rumänien für den Schritt ins 21. Jahrhundert bezahlt hat — die Diaspora und die Rolle der Kirche im Dienste der gesamten Gemeinschaft –, erläutert Theologe und Priester Radu Preda bei Radio Rumänien International:



Es ist klar, dass es in Bezug auf die soziale und ethische Botschaft ein sehr breites Spektrum an Kontakten und sogar an Identifikation von Werten zwischen orthodoxen und katholischen Christen gibt. Der Papst ist nicht nur ein Bildvektor einer einzelnen Person, sondern auch die Synthese der Geschichte, wo es sicherlich auch weniger angenehme Momente gibt, zumindest was uns orthodoxe Gläubige angeht. Aber alles in allem ist unter den gegenwärtigen internationalen Umständen klar, dass wir eine grö‎ßere christliche Solidarität brauchen, als wir es bisher bewiesen haben. Der Papst betonte den menschlichen Preis, den wir dafür bezahlen, dass Rumänien das 21. Jahrhundert erreicht hat. Millionen von Mitbürgern, unsere Brüder und Schwestern, wie er es so treffend ausdrückte, verlie‎ßen ihr Land, wo sie ihren Traum leider nicht wahr werden sahen, und schufen Mehrwert in anderen Ländern, vor allem in Italien. Vergessen wir nicht, dass die rumänische Gemeinschaft in Italien, wenn ich mich nicht irre, die grö‎ßte ist, gefolgt von derjenigen in Spanien und, wenn ich mich nicht irre, von derjenigen in Deutschland. Also wird der Schwerpunkt auf die Diaspora gelegt.“




Papst Franziskus würdigte das Opfer der Söhne und Töchter Rumäniens, die durch ihre Kultur, ihre Werte und ihre Arbeit die Länder bereichern, in die sie ausgewandert sind, und die durch die Früchte ihrer Arbeit ihren Familien zu Hause helfen. Im Unterschied zu dem pastoralen Besuch, den Papst Johannes Paul II. 1999 in Rumänien durchführte, der einen überwiegend ökumenischen Schwerpunkt hatte und der auf Einladung des Staates und der Rumänisch-Orthodoxen Kirche erfolgte, kam Papst Franziskus auf Einladung des rumänischen Präsidenten und der örtlichen Römisch-Katholischen Kirche nach Rumänien. Durch liturgische Zelebrierungen hatte sein Besuch einen pastoralen Charakter, der sich in erster Linie an die katholischen Gläubigen richtete. Es gab einige Neuheiten im apostolischen Besuch von Papst Franziskus in Rumänien: Er dauerte drei Tage, was in keinem anderen europäischen Land geschehen war. Der Papst besuchte in dieser Zeit ebenso katholische Christen, in ihrer sprachlichen und liturgischen Vielfalt, wie orthodoxe Christen. Der letzte Tag des Papstbesuchs, der sich auf die Griechisch-Katholische Kirche konzentrierte, hatte eine besondere symbolische Note. Auf dem Freiheitsfeld im Zentrum der Stadt Blaj (dt. Blasendorf) hat der Papst sieben griechisch-katholische Bischöfe seliggesprochen, die vom ehemaligen kommunistischen Regime gemartert, inhaftiert und gefoltert wurden und an Misshandlungen starben, weil sie sich gegen ein Regime auflehnten, das die grundlegenden Menschenrechte unterdrückte, wie der Papst erinnerte. Wilhelm Dancă, Dekan der Römisch-Katholischen Theologischen Fakultät in Bukarest, sprach über den Besuch des Papstes in Rumänien:



Im Balkanraum finde ich dieses Treffen sehr wichtig. Nördlich von Rumänien, in der Ukraine, gibt es Frakturen, Spaltung und Trennung innerhalb der orthodoxen Kirche, Tendenzen zum Bruch und Fragmentierung der christlichen Einheit. Es gibt dort zwei oder sogar drei Kirchen: Eine ist mit Moskau verbunden, eine andere mit Konstantinopel und die letzte ist autonom. In der Republik Moldau gibt es zwei Gemeinschaften: ein metropolitanes Bistum, das mit Moskau verbunden ist, und eine weiteres, das Bukarest nahe steht. Südlich von Rumänien, in Bulgarien, ist die orthodoxe Kirche mit Moskau verbunden, nicht mit Konstantinopel. Die Kirche in der Republik Nordmazedonien hat sich von Serbien gelöst und will sich der orthodoxen Kirche in Bulgarien anschlie‎ßen. Sehen Sie, das sind alles Tendenzen der Verlagerung, der Trennung, der Vereinigung, und die einzige Kirche, die eine Botschaft der Einheit vermittelt, die mehr oder weniger als Einheitskirche auftritt, ist die rumänisch-orthodoxe Kirche.“




Ich kam in dieses schöne und gastfreundliche Land als Pilger und Bruder, um verschiedene Menschen zu Treffen. Und jetzt gehe ich bereichert nach Hause und nehme Orte und Momente und vor allem Gesichter mit. Eure Gesichter werden meinen Erinnerungen Farbe verleihen und in meinem Gebet gegenwärtig sein. Danke, und ich nehme Euch mit. Und jetzt segne ich Euch, aber zuerst möchte ich Euch um einen gro‎ßen Gefallen bitten: Betet für mich!“ — sagte der Papst am Ende seines Besuchs in Rumänien.

Foto: LukasJohnns / pixabay,com
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