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Geopolitische Situation beunruhigt Finanzmärkte

Der Krieg in der Ukraine hat gravierende Folgen auch für die internationalen Finanzmärkte. Dabei scheint insbesondere der europäische Kontinent davon betroffen zu sein.

Geopolitische Situation beunruhigt Finanzmärkte
Geopolitische Situation beunruhigt Finanzmärkte

, 07.10.2022, 14:16



RadioRomaniaInternational · Geopolitische Situation beunruhigt Finanzmärkte



Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar fiel der Wechselkurs des Euro und im September sank er bis knapp unter die psychologische Schwelle der Parität zum US-Dollar. Während der Euro zu Beginn des Jahres bei etwa 1,15 $ notierte, fiel er im vergangenen Monat vorübergehend auf den niedrigsten Stand seit mehr als 20 Jahren. Diese Entwicklung hängt mit der geopolitischen Situation zusammen, die durch den von Wladimir Putin angezettelten Krieg entstanden ist. Ein Krieg, der die wirtschaftliche Lage in der Eurozone verschlechtert hat und die Investoren zunehmend zurückschrecken lässt. Da die EU nun versucht, sich aus der Abhängigkeit von russischem Öl und Gas zu befreien, sind die Energiekosten in den Mitgliedsstaaten massiv gestiegen, was jeder Europäer zu spüren bekommt.



Angesichts der explodierenden Gaspreise und der Möglichkeit, dass Moskau die Lieferungen einstellt, befürchten die Investoren eine mögliche Rezession in der Eurozone. Eine Rezession, von der auch Analysten sprechen, die vorhersagen, dass sie in der EU schneller und härter ausfallen wird als in den USA. Die Befürchtung, dass sich die Weltwirtschaft auf eine Rezession zubewegt, wird immer häufiger geäu‎ßert. Eine neue Weltordnung und eine Neuordnung der Währungsströme und Währungspolitik stehen bevor, die zwischen China und den USA ausgehandelt werden, meint Andrei Rădulescu, Experte für Makroökonomie, im Gespräch mit unserem Sender:



Die jüngsten Entwicklungen der Wirtschaftsparameter in den USA und in der Eurozone zeigen deutlich, dass in der zweiten Hälfte dieses Jahres eine Rezession bevorsteht, d.h. eine Wirtschaftskrise. Meiner Meinung nach wird es sich nicht um eine gro‎ße Krise handeln, sondern eher um eine Wirtschaftskrise, die ähnlich jener Ende der 1990er Jahre ausfallen wird. Auch in Europa zeichnet sich eine soziale Krise ab. Leider wird Europa der Prügelknabe sein, Rumänien eingeschlossen, der die Rechnung für die totale Konfrontation zwischen den USA und China bezahlt. In Falle Rumäniens könnte die Rechnung etwas weniger hoch ausfallen als in den westlichen Ländern, weil wir viel weniger von Kohlenwasserstoffeinfuhren aus Russland abhängig sind.“



Ein weiterer Faktor, der den Dollar gegenüber der europäischen Währung begünstigt hat, ist die Tatsache, dass die US-Notenbank Federal Reserve die Zinssätze zur Bekämpfung der Inflation viel energischer und aggressiver erhöht hat. Angesichts der Unsicherheit in der Weltwirtschaft haben die Anleger also das Gefühl, dass sie sich mehr auf die US-Währung verlassen können, den traditionell sicheren Hafen in Krisenzeiten. Der Wirtschaftsanalytiker Sorin Pâslaru erläutert die Zusammenhänge:



Die Europäische Union hat in der Eurozone nicht den gleichen Mut wie die Vereinigten Staaten, die Inflation zu bekämpfen, weil sie mehr Angst vor einer Rezession hat. Die Amerikaner sind, wie immer, dynamischer. Sobald sie eine ungünstige Situation haben, handeln sie, wie sie es in der letzten Krise getan haben: Sie haben die so genannte quantitative Lockerung eingeführt, bei der sie Billionen in den Markt warfen, um das Vertrauen wiederherzustellen. Jetzt gehen sie aufgrund der Inflation das Risiko einer Rezession ein. Sie glauben, dass sie ohne eine Erhöhung der Arbeitslosigkeit — ich habe sogar Meinungen über eine Verdoppelung der Arbeitslosenzahlen gelesen — die Inflation nicht stoppen können. Und automatisch gehen die Investoren dann nach Amerika. Wir könnten in der Tat einen immer stärkeren Dollar erleben, auch aus geopolitischen Gründen.“



Ein fallender Euro droht einer Wirtschaft, die bereits massiv unter der steigenden Inflation leidet, noch grö‎ßeren Schaden zuzufügen. Und die schlechte Nachricht ist, dass ein schwacher Euro und die damit verbundenen höheren Preise die Europäische Zentralbank vor zusätzliche Herausforderungen stellen — die EZB wurde ohnehin kritisiert, weil sie viel später als andere vergleichbare Institutionen mit der Anhebung der Zinssätze begonnen hat.



Schlimmer für die EZB, deren Aufgabe es ist, die Inflation unter Kontrolle zu halten, ist die Tatsache, dass der Euro nicht nur gegenüber dem Dollar, sondern auch gegenüber anderen Währungen wie dem Schweizer Franken und dem japanischen Yen an Wert verloren hat, so die Analysten. Auch das Pfund Sterling fiel im September auf seinen bisher niedrigsten Stand — 1,0350 zum Dollar — , was auf die von der neuen britischen Premierministerin Lizz Truss inmitten der Energiekrise angekündigten Steuersenkungsma‎ßnahmen zurückzuführen ist.



Die von Ökonomen auf 100 bis 200 Milliarden Pfund teuer geschätzten Ma‎ßnahmen, deren Finanzierung und Auswirkungen jedoch unklar und nicht in den Zahlen der Regierung enthalten sind, haben die Märkte aufgewühlt und zu einem beispiellosen Tadel des Internationalen Währungsfonds geführt, der London zu einer Nachbesserung aufforderte. Wir mussten dringend Entscheidungen treffen, um das Wirtschaftswachstum zu fördern und Ma‎ßnahmen gegen die Inflation zu ergreifen. Das bedeutet natürlich, dass man kontroverse und schwierige Entscheidungen treffen muss, aber als Premierministerin bin ich bereit, das zu tun“, sagte in diesem Zusammenhang Liz Truss.



Das Pfund ist auf ein Allzeittief gefallen, die britische Nationalbank musste einspringen, um Rentenfonds zu retten, der Wert britischer Unternehmen ist in drei Wochen um 500 Milliarden Pfund gesunken, die Kreditzinsen der britischen Regierung sind auf den höchsten Stand seit der Krise von 2009 gestiegen und bedrohen somit die finanzielle Stabilität des Landes. Gegenüber der BBC erklärte die britische Regierungschefin, dass die Erhöhung der öffentlichen Kreditaufnahme die richtige Entscheidung gewesen sei, weil sie den Menschen bei der Bezahlung ihrer Energierechnungen helfen werde. Gleichzeitig schloss sie laut Nachrichtenagenturen nicht aus, die Ausgaben für öffentliche Dienstleistungen zu kürzen.



Nachträglich räumte Liz Truss allerdings ein, dass sie das Terrain besser hätte vorbereiten sollen, bevor sie die massiven Steuersenkungen ankündigte, die die Finanzmärkte in Panik versetzten. Daraufhin machte auch die Exekutive in London bei einigen Ma‎ßnahmen einen Rückzieher.

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