Europas Umgang mit weichen Drogen
Malta verabschiedete im Dezember ein Gesetz, das den Besitz von Cannabis erlaubt. Andre Staaten könnten folgen.
Corina Cristea, 07.01.2022, 01:06
Trotz heftiger Kritik seitens der Mitte-Rechts-Opposition, der Ärzteverbände und der Kirche verabschiedete das maltesische Parlament Mitte Dezember ein Gesetz, das jedem Erwachsenen den Besitz von bis zu 7 Gramm Cannabis und den Anbau von maximal 4 Pflanzen erlaubt. Malta ist damit das erste europäische Land, das den begrenzten Anbau und Besitz von Cannabis für den persönlichen Gebrauch erlaubt. Mit dieser Entscheidung steht Malta nicht allein in der Europäischen Union da – im Oktober legte Luxemburg ähnliche Pläne vor, diese wurden jedoch noch nicht vom Parlament gebilligt. Deutschland, das den medizinischen Cannabiskonsum 2017 legalisierte, kündigte an, einen regulierten Cannabis-Markt einrichten zu wollen, nachdem die Regierungen der Schweiz, Luxemburgs und der Niederlande ähnliche Entscheidungen bekannt gaben. In Italien sammelten Cannabis-Befürworter genügend Unterschriften, um ein Referendum zu diesem Thema abzuhalten.
Der Richtungswechsel der europäischen Regierungen erfolgt, nachdem die Vereinten Nationen 2020 beschlossen hatten, Cannabis von der Liste der gefährlichen Substanzen zu streichen. Eine im November veröffentlichte Studie des Institute for Competition Economics in Düsseldorf zeigt, dass die Legalisierung von Cannabis beispielsweise Deutschland jährlich etwa 4,7 Milliarden Euro an Steuereinnahmen bringen würde. Hinzu kämen Einsparungen von 1,3 Milliarden Euro bei Polizei und Justiz, und 27.000 Arbeitsplätze würde zusätzlich geschaffen. Doch wie kann der Drogenkonsum kontrolliert werden, wenn diese Maßnahmen zum Zug kommen? Der europäische Drogen-Markt, der sowohl durch die inländische Produktion als auch durch den Handel mit Drogen aus anderen Teilen der Welt beliefert wird, wächst. Südamerika, Westasien und Nordafrika sind die Hauptursprungsländer für illegale Drogen, die nach Europa gelangen, während aus China neue psychoaktive Substanzen herkommen.
Der im Juni 2021 vorgelegte europäische Drogenbericht warnt vor den Gefahren für die öffentliche Gesundheit, die von der Verfügbarkeit und dem Konsum einer breiteren Palette von Wirkstoffen ausgehen. Aus dem Dokument geht hervor, dass 15 % der jungen europäischen Erwachsenen, d. h. 18 Millionen, im vergangenen Jahr Cannabis konsumiert haben. Weiterhin haben mehr als 25 Millionen Menschen zwischen 15 und 64 Jahren, d. h. 7,6 % dieser Altersgruppe, im vergangenen Jahr Cannabis konsumiert. In dem Bericht heißt es auch, dass organisierte Verbrecherbanden illegale Drogen in Europa vermehrt herstellen, und er warnt davor, dass immer wieder neue, schädliche und starke psychoaktive Substanzen auf dem Markt kommen. Im Jahr 2019 wurden in der Europäischen Union 1,5 Millionen Drogendelikte verzeichnet, von denen 82 % auf den Konsum oder den Besitz für den persönlichen Gebrauch entfielen. Gleichzeitig wurden 370 illegale Labors ausgehoben.
Nach Angaben der europäischen Beobachtungsstelle meldeten mehr als die Hälfte der 45 Städte, die für 2018 und 2019 Daten zu Kokain-Rückständen im Abwasser vorlegten, einen Anstieg. Aus den Daten geht auch hervor, dass in der EU nach wie vor große Mengen an Kokain und Heroin beschlagnahmt werden, was Anlass zur Sorge über die möglichen Auswirkungen auf die Konsumentenzahlen gibt. Fachleute in Rumänien weisen darauf hin, dass auch hier der Konsum von Cannabis und Wirkstoffen mit psychoaktiven Eigenschaften in letzter Zeit zugenommen hat und dass das Alter der Konsumenten immer jünger wird. In den ersten 11 Monaten des Jahres 2021 beschlagnahmten Polizeibeamte der Direktion für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität in Rumänien fast eineinhalb Tonnen Heroin, nahezu 900 kg Kokain und mehr als 400 kg Cannabis. Damit verzeichneten sie einen Anstieg, im Vergleich zu den letzten Jahren. Die meisten dieser Substanzen bleiben jedoch nicht im Land, erklärte Victor Nistor, Hauptkommissar der Polizei, gegenüber Radio Rumänien:
Alle großen Mengen, die in den letzten Jahren in Rumänien beschlagnahmt wurden, waren für den Transit und nicht für den rumänischen Markt bestimmt. Wie andere Länder in Europa ist auch Rumänien ein Ziel des Drogenhandels, da es Schwarzmeerhäfen hat und auf der klassischen Balkanroute des Heroins liegt, die von Afghanistan, dem Iran über die Türkei, Bulgarien und Rumänien bis nach Westeuropa führt. Wir sind, was die Bekämpfung anbelangt, im Vergleich mit den umliegenden Ländern, gut aufgestellt. Aber auch auf den rumänischen Markt gelangen immer mehr Drogen. Alle Berichte über den Drogenhandel spiegeln die Tatsache wider, dass auf dem Markt vermehrt alle Arten von Drogen angeboten werden und die Zahl der Konsumenten ständig zunimmt.“
Victor Nistor ist überzeugt, dass Rumänien noch nicht für die Legalisierung der weichen Drogen bereit ist, auch wenn einige Verbände dies fordern. Maßnahmen diesbezüglich könnten schrittweise eingeleitet werden, um die Menschen durch das Gesundheits- und Bildungssystem über die Gefahren des Drogenkonsums aufzuklären. Erst dann kann eine Lösung gefunden werden, die nicht unbedingt die Legalisierung, sondern die Entkriminalisierung einiger Kategorien weicher Drogen vorsehen könnte.