EU besorgt über neue Spannungen zwischen der Ukraine und Russland
Die 28 EU-Mitgliedstaaten haben sich in einer öffentlichen Erklärung bestürzt über die Gewaltanwendung durch Russland gezeigt, die vor dem Hintergrund der zunehmenden Militarisierung in der Region inakzeptabel ist.
Corina Cristea, 14.12.2018, 17:30
Die Erklärung erfolgte am Ende des dritten Tages der Gespräche über die Eskalation der militärischen Gewalt zwischen Kiew und Moskau. Die westlichen Mächte haben das Vorgehen Russlands verurteilt und die Freilassung der drei in der Straße von Kertsch festgenommenen Schiffe und der 24 ukrainischen Soldaten gefordert, die derzeit wegen einer illegalen Grenzübertretung vor zwei Monaten festgehalten werden. Moskau hat zugegeben, dass es einen Teil seiner Ausrüstung eingesetzt hat, um die ukrainischen Schiffe aufzuhalten, während Kiew zuvor Russland gewarnt hatte, dass seine Schiffe das Gebiet auf dem Weg zum Hafen von Mariupol am Asowschen Meer durchqueren würden.
Iulian Chifu, Chef des Thinktanks Zentrum für Konfliktprävention, sprach in einer Sendung bei Radio Rumänien über die Situation:
Die Russische Föderation hat jetzt ihre dritte Front gegen die Ukraine eröffnet. Was noch schwerer wiegt, ist die Tatsache, dass diese neue Aggression in ihrem Hoheitsgebiet stattfand. Wir sprechen hier nicht über die Annexion der Krim durch sogenannte kleine grüne Männer oder die militärische Aggression in der Ostukraine, wo Russland mit Hilfe von Freiwilligen vorgegangen ist. Russland betrachtet die Krim als sein Territorium und versucht dies auch dadurch zu behaupten, indem es das Asowsche Meer annektiert und diese Brücke gebaut hat. Das ist illegal, und jetzt handelt es so, als wären diese Gewässer russisches Eigentum. Moskau verweigert den Zugang und fordert eine Erlaubnis für jeden, der vorbeifahren will. Diesmal ging es um drei militärische ukrainische Schiffe, die aus einem ukrainischen Hafen kommen und einen anderen ukrainischen Hafen ansteuern und denen der Durchgang durch das Asowsche Meer verweigert wurde. Die Situation eskalierte zu Auseinandersetzungen und dann kam es zu Schusswechsel, die Opfer forderten.“
Der Vorfall ereignete sich in der Nähe der Halbinsel Krim, die Moskau 2014 annektierte. Die Spannung nahm nach 2015 zu, als die von Moskau unterstützten Rebellen gegen die Kiewer Regierung in der östlichen Region Donbas einen Krieg auslösten, bei dem Dutzende Menschen ums Leben kamen. Den Fall Kertsch aus einer einzigen Perspektive zu betrachten, ist falsch, sagt jedoch Universitätsprofessor Dan Dungaciu, Direktor des Instituts für Politische Wissenschaften und Internationale Beziehungen der Rumänischen Akademie:
Diese Episode ist nur ein Element in einer Saga, die 2014 begann, als die Russische Föderation das tat, was sie getan hat: sie hat die Krim annektiert, ist in den Osten der Ukraine eingedrungen und kontrolliert nun indirekt zwei Regionen dort. Was ist Kertsch in Wirklichkeit? Vor der Annexion der Krim war es nur eine Straße zwischen der Ukraine, also der Krim, die der Ukraine gehörte, und der Russischen Föderation. Auf russischer Seite gab es eine Kommandoeinheit, die alle Kreuzungen durch die Straße kontrollierte. Jetzt befinden wir uns in einer anderen Situation: die Krim gehört zwar auch zu Russland, de facto aber nicht de jure, und am rechten Ufer ist ebenfalls Russland. Daher kontrolliert Russland alle Zugänge. Hinzu kommt die berühmte Brücke, die die Russen recht schnell bauten.“
Die Brücke, die die Krim mit Russland verbindet, ist eine strategische Brücke, sagt Professor Dan Dungaciu:
Sie bauten diese Brücke n einer Höhe von 30 Metern. Es gibt viele Schiffe mit einer Höhe von mehr als 30 Metern, die nicht mehr unter der Brücke hindurchfahren können und im Asowschen Meer stecken bleiben, was derzeit ebenfalls passiert. Auch aufgrund dieser von der Russischen Föderation errichteten Brücke handelt es sich beim Asowschen Meer eher um ein russisches Meer. Der entscheidende Moment war 2014. Sie hätten damals kritisiert werden müssen. Die Menschen in der Region haben sehr gut verstanden, dass sie nur als Mitglied der NATO oder der EU geschützt werden, weil es nicht genug ist, Teil der UN zu sein. Was in der Ukraine passiert ist, liegt auch an der Unfähigkeit seiner politischen Eliten, es liegt an einem Projektfehler. Seit 20 Jahren glauben sie, Ost und West gegeneinander ausspielen zu können. Die Ukraine und die Republik Moldau sind Gefangene ihrer eigenen falschen politischen Vision, die auf einem russischen Sprichwort basiert, wonach die Ausnutzung beider Seiten das Kluge ist. Diese beiden Länder haben bisher eine Politik gemacht, bei der sie sich nicht eindeutig für die NATO oder die EU entschieden haben.“
Angesichts der jüngsten Entwicklungen hat die EU beide Seiten aufgefordert, ruhig zu bleiben, und hat Moskau aufgefordert, den freien Verkehr in der Straße von Kertsch wieder herzustellen. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat betont, dass Russland kein Mitglied der NATO ist, dessen Prinzip die kollektive Verteidigung seiner Mitglieder ist, aber es wurde darauf hingewiesen, dass das Bündnis die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine gegen russische Bedrohungen unterstützt. In Kiew hat das ukrainische Parlament das Kriegsrecht auf unbestimmte Zeit eingeführt.