ELI, der stärkste Laser der Welt
Vier Kilometer südlich von Bukarest, auf der Plattform in Măgurele, beginnt das weltweit größte Forschungsprojekt im Bereich photonische Strahlung. Ab 2017 soll hier der stärkste Laser der Welt Impulse erzeugen.
Corina Cristea, 13.09.2013, 13:48
Vier Kilometer südlich von Bukarest, auf der Plattform in Măgurele, beginnt das weltweit größte Forschungsprojekt im Bereich photonische Strahlung. Ab 2017 soll hier der stärkste Laser der Welt Impulse erzeugen — das ist der Atomphysik-Teilbereich des europäischen Projekts Extreme Light Infrastructure“ — kurz ELI.
Die beiden anderen Bausteine des ELI-Projekts entstehen in Prag und im ungarischen Szeged: In der tschechischen Hauptstadt richtet man die Forschungsstation für Hochenergie-Teilchen ein, während in Ost-Ungarn die Elektronendynamik in Atomen, Molekülen, Plasmen und Festkörpern mithilfe von Attosekundenpulsen, das heißt ultrakurzen Impulsen, untersucht werden soll.
Doch zurück in das südrumänische Măgurele, wo das zukünftige Europäische Forschungszentrum für Experimente mit einem Hochleistungs-Laser und einem Teilchenbeschleuniger gebaut wird — das Projekt würde Rumänien in einen Magneten für Forscher aus aller Welt verwandeln. Anlässlich der Einweihungszeremonie in Măgurele, sprach der Europäische Kommissar für Regionalpolitik, Johannes Hahn, über das Potential des zukünftigen Forschungsstandorts:
Es ist ein wichtiger Augenblick, und das nicht nur für die Forschungsgemeinschaft in Rumänien, sondern für das gesamte Europa, und die Europäische Union leistet einen beachtlichen finanziellen Beitrag zu dem Projekt. Zum ersten Mal wird Grundlagenforschung mit Mitteln aus Regionalfonds finanziert, dafür gibt es zwei Gründe. Eine derartige Infrastruktur verfügt zum einen über das Potential, Forscher und Studenten anzuziehen. Und das ist auch ein Schritt für die Umwandlung des Braindrain in einen Brain-Kreislauf und die Anwerbung junger Leute für die Forschung. Zweitens kann dieses Projekt Europa zum weltweit anerkannten Forschungsstandort im Bereich Atomphysik machen, dank der neuesten Laser-Technologie, die eingesetzt wird.“
Man werde dabei die Barrieren der Physik durchbrechen, behaupten die Forscher in Măgurele. Und es ginge nicht nur darum, dass in Rumänien der leistungsstärkste Laser der Geschichte gebaut werde, sondern auch um eine Premiere in der Physik, erklären sie. Zum ersten Mal wird ein Laserstrahl einen Teilchenstrahl treffen, der von einem Gamma-Teilchenbeschleuniger stammt. Die beiden großen Bestandteile, das Lasersystem und der Gammastrahlen-Erzeuger, erreichen viel höhere Leistungen als die leistungsstärksten Systeme der Gegenwart. Der Laser in Măgurele wird eine Gesamtleistung von 10 Petawatt erreichen, das sind 10 Billiarden Watt. Das würde der Leistung von 100.000 Milliarden 100-Watt-Glühbirnen entsprechen. Die derzeit stärksten Laser der Welt in Großbritannien und den USA sind 10 Mal schwächer.
Das Laser-System wird auf ultrasensiblen Erdbebendämpfern gebaut, da die kleinsten Schwingungen eine Katastrophe verursachen könnten. Die Gamma-Strahlen sollen in einem Gebäude erzeugt werden, das über 12 unterirdische Geschosse verfügt, während das Lasersystem in einem Gebäude mit 8 Geschossen unter der Erde ensteht. Das Zentrum ist das Gegenstück zum CERN in Genf. Dort wird Grundlagenforschung im Bereich der Elementarteilchen betrieben, während in Măgurele die Wechselbeziehung zwischen der elektromagnetischen Strahlung und der Materie studiert werden soll.
Die Einrichtung in Südrumänien wird nicht nur aufgrund ihrer Größe einzartig sein, sondern auch dank der Eigenschaften, sagt Nicolae Zamfir. Er ist Direktor des Instituts für Atomphysik und Kernenergietechnik und außerdem Koordinator des ELI-Projekts in Rumänien.
Die ELI ist ein Projekt, das weit über den heute existierenden Einrichtungen hinausgeht. Es ist das einzige Gebäude der Welt, das solche Probleme anschneidet. Der Schutz gegen Schwingungen ist dadurch gewährleistet, dass jeder dieser Tausenden Quadratmeter auf Federn gestützt ist, die alle Schwingungen aufnehmen. Die Temperatur und Feuchtigkeit werden von einer Anlage geregelt, die extrem viel Strom verbraucht, über 5 Megawatt. Das gesamte Projekt wird aus geothermischen Energiequellen versorgt. Und es wird das größte grüne Gebäude in ganz Europa sein. Aus wissenschaftlicher Sicht wird es hier Grundlagenforschung geben, aber auch angewandte Wissenschaft, es liegen Hunderte von Vorschlägen von Forschern aus aller Welt vor.“
Experten sind der Ansicht, dass, wenn eine derartige Laser-Kraft auf eine sehr kleine Fläche ausgeübt wird, es zumindest die theoretische Möglichkeit der Massenbewegung gibt. Die Forschung im Rahmen des ELI-Projekts könnte sich auf den Kenntnisstand in zahlreichen Bereichen auswirken: beginnend mit der Krebstherapie bis hin zur Entsorgung radioaktiver Abfälle. Zur Bekämpfung von Krebs könnte der Laser so eingestellt werden, dass er auf Höchstleistung laufend den Tumor beseitigen kann, ohne das anliegende Gewebe zu zerstören, erklärte der Physiker Andrei Dorobanţu. Ebenfalls für die Medizin wichtig könnte die lasergestützte Erzeugung von Radiopharmaka sein. Die radioaktiven Isotopen können bei der Behandlung bestimmter Krankheiten nützlich sein.
Eine weiterer Anwendungsbereich wäre das Testen von Atomreaktoren während ihres Betriebs. Die Sicherheit und die Terrorismusbekämpfung könnten erhebliche Fortschritte vermelden. Mit einem solchen Laser würde es bei den Grenzkontrollen wahrhaftig keine Geheimnisse mehr geben. Forscher teilen die Ansicht, dass mit dem neuen Instrument auch das größte Problem der Kernenergie gelöst werden könnte, das der radioaktiven Abfälle. Einige davon bleiben für Millionen von Jahren in der Umwelt, ihre Lebenszeit könnte jedoch mit dem Laser auf einige Stunden gekürzt werden.
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