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Das Recht der Macht oder die Macht des Rechts?

In einer Zeit maximaler Volatilität in den internationalen Beziehungen ist immer öfter von einem Neustart, einem Reset der Weltordnung die Rede. Wir leben in einer Epoche, in der zentrale Säulen der globalen Ordnung einstürzen, sagen viele Experten. Eine große Rolle spielt dabei die Unberechenbarkeit der Trump-Regierung, die sich schon in den ersten Tagen der neuen Amtszeit zeigte? Die erhöhten Zölle gegen Kanada, Mexiko, China, aber auch gegen die EU, die Idee, Grönland und Kanada zu annektieren, der Vorschlag, Gaza in die Riviera des Nahen Ostens zu verwandeln, der Austritt der USA aus der WHO und dem Pariser Klimaabkommen, Trumps überraschende Haltung gegenüber Wolodymyr Selenskyj und Wladimir Putin – all das sind Entscheidungen von globaler Tragweite, die den Eindruck entstehen ließen, die Welt, wie wir sie kannten, existiere nicht mehr. Dieser Meinung ist auch Professor Andrei Țăranu.

Das Recht der Macht oder die Macht des Rechts?
Das Recht der Macht oder die Macht des Rechts?

, 21.03.2025, 12:10

„Sicher, der Begriff der Weltordnung ist eher negativ belegt und war weder vor noch nach dem Zweiten Weltkrieg ein gutes Omen. Wir verabschieden uns gerade  vom gewohnten Modell der letzten 30-35 Jahre mit nur einem Hegemon, den USA  und bewegen uns hin zu einer multipolaren Welt. Und zum ersten Mal akzeptieren die Amerikaner diese Multipolarität mit Russland als gleichberechtigtem Gesprächspartner – aus meiner Sicht völlig grundlos, weder militärisch noch wirtschaftlich. Sie machen gleichzeitig China zur Zielscheibe, das zum neuen Maverick, zum neuen globalen Rebell wird. Wir erleben also ein Ungleichgewicht in diesem Modell der Weltordnung. (…) Wir befinden uns nun in einer Übergangsphase von der Unipolarität zur Multipolarität, ohne den Umweg über eine Bipolarität, und die neuen Akteure verteilen sich auf viel größere Einflusszonen.“, sagt der Politologe Andrei Țăranu.

„Der russisch-ukrainische Krieg führt stillschweigend zu einer Neuordnung der Welt, in der die USA und China als Hauptakteure eines neuen Status quo mit geopolitischen Spannungen und Problemen auftreten werden, die an den Kalten Krieg erinnern“, schrieb auch Bloomberg bereits im Februar 2023 zum Jahrestag der russischen Invasion in der Ukraine. Und fügte hinzu: „Wenn einem die sich abzeichnende geopolitische Lage bekannt vorkommt, dann deshalb, weil die Weltordnung, die sich nach dem Krieg in der Ukraine herausbildet, stark an die des Kalten Krieges erinnert – eine demokratische Welt steht einer autokratischen gegenüber. Die internationalen Beziehungen beschreiben diese geopolitische Lage als ‚bipolar‘ – ein Begriff, der auf die beiden geopolitischen Machtzentren des Kalten Krieges verweist, nämlich Washington und Moskau.“

Doch wie zutreffend ist diese Analyse in einer Zeit, in der wir erleben, dass die USA und Russland bei wichtigen Themen mit einer Stimme sprechen – und diese Stimme unterscheidet sich von der der EU? Und wie vorbereitet ist Europa auf diese neue Konstellation? „Wir erleben ein undenkbares Bündnis zwischen Putin und Trump, das Europa auf eigenem Terrain an den Rand drängt“, erklärte kürzlich der französische Premierminister vor der Nationalversammlung. François Bayrou sagte: „Wir erleben die Ablösung der Macht des Rechts durch das Recht der Macht, und die Europäer waren auf diese Entwicklung nicht vorbereitet.“

Auch Professor Iulian Chifu, Präsident des Zentrums für Konfliktanalyse und Frühwarnung, entgehen die neuen Entwicklungen nicht: „Natürlich ist diese Auseinandersetzung zwischen dem Recht der Stärke und der Stärke des Rechts so alt wie die Diskussion darüber, wie wir internationale Beziehungen organisieren und Regeln unterwerfen sollen. Nun erleben wir die Rückkehr zur Machtpolitik und zur Politik der Großmächte. Machtpolitik bedeutet, in internationalen Beziehungen Gewalt einzusetzen. Und Russland hat 2014 und endgültig 2022 den Rubikon überschritten. Großmachtpolitik bedeutet, dass die Großen auf Kosten der Kleinen ihre Geschäfte erledigen. Das ist das harte, reine Trump-Realismus-Modell 2.0. Das nichts anderes bedeutet, als die Realitäten der Welt den Kräfteverhältnissen anzupassen und keineswegs Prinzipien, Werten oder der moralischen Dimension zu folgen. Es ist ein Haltungswechsel, ein Aufbegehren der Starken, die beklagen, dass sie durch Regeln behindert würden, die ungerecht seien, weil sie ihr Entwicklungspotenzial blockierten – im Fall Russlands auch das der Besetzung von Nachbarn.“

Daher, so Professor Chifu, müsse die EU – ein großer und reicher Markt – auch eine militärische Dimension entwickeln, sich eine kohärente Reaktionsfähigkeit und ein Machtinstrument schaffen, das die Regeln, Prinzipien und Werte stützt und verteidigt und zumindest die Staaten auf ihrem eigenen Territorium schützt.

Was Trump betrifft, so ist er „ein Revisionist der regelbasierten Welt“, sagt Professor Chifu. „Er ist ein Anhänger von Macht- und Großmachtpolitik, von Deals mit anderen Großmächten – sei es auf europäischer oder globaler Ebene.“ In der Zwischenzeit tobt der „sehr grausame Krieg“, den der US-Präsident angeblich beenden könnte, weiter. Russland unter der Führung von Putin – von dem Internationalen Strafgerichtshof als mutmaßlicher Kriegsverbrecher angeklagt – wiederholt zwar, es wolle Frieden, schweigt aber nicht zu den Waffen und stellt immer neue Bedingungen, um die Widerstandskraft Kiews zu lähmen.

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