RRI Live!

Hören Sie Radio Rumänien International Live

Arbeitsmarkt leidet unter Demografiezwängen

Die Zahlen schwanken von Jahr zu Jahr, aber in den letzten Jahrzehnten hat sich gezeigt, dass die Bevölkerung Rumäniens schrumpft.

Foto: pixabay.com
Foto: pixabay.com

, 10.11.2023, 21:53

Eine kürzlich von der rumänisch-amerikanischen Handelskammer vorgelegte Studie setzt sich mit den wirtschaftlichen Auswirkungen des Arbeitskräftemangels in Rumänien auseinander. Die Ergebnisse zeigen, dass in den nächsten zehn Jahren eine Million Menschen aus dem Kreis der Erwerbstätigen austreten könnten. Allein bis zum Jahr 2026 könnte der Arbeitskräftemangel auf mehr als 220.000 Fachleute steigen, wenn keine sofortigen Ma‎ßnahmen ergriffen werden. Freiräume scheint es zu geben, denn fünf Millionen Menschen sind zwar arbeitsfähig, werden aber nicht als Arbeitnehmer geführt. 
Bei einer Bevölkerung von etwa 20 Millionen Menschen beträgt die offizielle Zahl der abhängig Beschäftigten fünf Millionen, so dass eine einfache arithmetische Berechnung zeigt, dass nur ein Viertel der Rumänen in dieser Form arbeitet. 



Professor Mircea Coșea von der Akademie für Wirtschaftsstudien in Bukarest erläuterte diese Situation gegenüber Radio Rumänien: „Es gibt zwei Dinge, die zu berücksichtigen sind. Zum einen das so genannte italienische Syndrom: In Rumänien gibt es eine gewisse Tradition, dass junge Menschen länger als nötig bei ihren Eltern im selben Haus wohnen bleiben, auch wenn sie heiraten. Das geht bis zum Alter von 35-40 Jahren. So war es auch in Italien vor 20 oder 30 Jahren. Deshalb nennt man es auch das italienische Syndrom. Das bedeutet, dass sie mit dem auskommen, was ihre Eltern geben und oft nicht arbeiten. Das ist ja auch eine Frage der Ausbildung. Das zweite Problem ist, sagen wir mal, ein politisches. Aus politischen Gründen ist nämlich hier die Gruppe der nicht arbeitenden Sozialhilfeempfänger, die aus Wahlzwecken versorgt werden, grö‎ßer als in anderen Ländern. Die Bürgermeister oder andere lokale Kräfte fassen diese Leute mit Samthandschuhenan, damit sie zur Wahl gehen, um für diejenigen zu stimmen, die sie letztendlich am Leben erhalten, indem sie ihnen Geld geben. 
Das ist gravierend, denn es bedeutet, dass Rumänien einerseits aktive Arbeitskräfte verliert und andererseits, dass der Arbeitsmarkt übermä‎ßig politisiert wird. Und das ist kompliziert.“



Die Problemkonstallation ist aber viel ernster, sagt Mircea Coșea und stellt dabei auf das gro‎ße demografische Defizit ab. In der Tat ist die demografische Statistik für die gesamte EU alarmierend und zeigt, dass die Bevölkerungszahl generell dramatisch sinkt. Die Zahlen zeigen, dass die europäische Bevölkerung zu Beginn des 19. Jahrhunderts 15 % der Weltbevölkerung ausmachte, während sie im Jahr 2050 nur noch 5 % betragen wird. Dies ist eine Folge des Bevölkerungswachstums in anderen Regionen der Welt und des Bevölkerungsschwunds in Europa.



Weil die Zahl der Kinder sinkt und das Durchschnittsalter in der EU steigt, ist ein Rückgang der Arbeitskräfte zu erwarten, mit Konsequenzen für Gesundheits- und Rentensysteme.



Der demografische Rückgang ist vielleicht die grö‎ßte Herausforderung für Rumäniens Zukunft, sagen Experten. Die Zahlen schwanken von Jahr zu Jahr, aber in den letzten Jahrzehnten hat sich gezeigt, dass die Bevölkerung Rumäniens schrumpft. Es werden nicht genug Kinder im Land geboren, um die Verluste auszugleichen, die Rumänien durch die Abwanderung von Millionen von Menschen erleidet, betont Professor Mircea Coșea:



„Der rumänische Staat hat in dieser Frage keine wichtigen Ma‎ßnahmen ergriffen und tut dies auch weiterhin nicht, d.h. er sollte eine sehr aktive demografische Politik betreiben, die neue und junge Familien, Geburten und die Erziehung von Kindern fördert. Nun wissen wir alle, dass wir hier weit zurückliegen, wir helfen den jungen Menschen nicht, wir haben nicht genügend Kinderkrippen, Kindergärten, Schulen, wir haben keine Anreize für die junge Bevölkerung, Kinder zu bekommen und in Rumänien zu bleiben. Das wird uns in Zukunft teuer kosten. Und jetzt gibt es ein Phänomen auf dem Arbeitsmarkt, das ebenfalls negative Folgen haben wird, nämlich dass wir Arbeitskräfte importieren, weil wir nicht mehr mit unseren eigenen Leuten auskommen, und zwar weil der Arbeitsmarkt aus den eben genannten Gründen nicht funktioniert, und wir deshalb importieren müssen”.



Prognosen zeigen, dass die Bevölkerung Rumäniens im Jahr 2050 nur noch 15-16 Millionen Einwohner erreichen könnte. Der Bevölkerungsrückgang verhei‎ßt nichts Gutes für die Wirtschaft und die Gesellschaft, denn er würde eine kleinere Volkswirtschaft und eine alternde Bevölkerung bedeuten. Gleichzeitig sagen Wirtschaftswissenschaftler, dass der demografische Rückgang zu Veränderungen in der Struktur von Konsum und Produktion führen wird. Was könnte man tun? Wir brauchen Sozialgesetze, um die Geburtenrate anzukurbeln, Erleichterungen für junge Familien, bestimmte Bedingungen für junge Mütter, die berufstätig sind, weil es für sie sehr schwierig ist, sich nach der Arbeit um ihre Kinder zu kümmern, mehr Kinderkrippen und Kindergärten. „Wenn man keine Anreize setzt, wenn man nicht dafür sorgt, dass Geburten gut finanziert werden, dass die Kindererziehung gut organisiert ist, mit gut ausgebildeten Lehrern, Betreuern, Kinderkrippen und Heimen, dann wird die Bevölkerung nicht wachsen“, warnt Professor Mircea Coșea.

Foto: LukasJohnns / pixabay,com
Das globale Dorf Freitag, 06 Dezember 2024

Nach Einsatz von US-Raketen in Russland: Neue Etappe im Ukraine-Krieg?

Die US-Regierung unter Präsident Biden legt sich im Endspurt ihrer Amtzeit ins Zeug. Sie will der Ukraine die bestmögliche Unterstützung bieten,...

Nach Einsatz von US-Raketen in Russland: Neue Etappe im Ukraine-Krieg?
Foto: ckstockphoto / pixabay.com
Das globale Dorf Freitag, 22 November 2024

Europäischer Gesundheitsdatenraum: Medizin der Zukunft

Nach Aussage der unmittelbar Beteiligten bestehen weiterhin komplexe Hindernisse, die eine Auschöpfung des Potenzials digitaler Gesundheitsdaten...

Europäischer Gesundheitsdatenraum: Medizin der Zukunft
Projekat Neptun Deep
Das globale Dorf Freitag, 08 November 2024

Emissionsreduzierung: Rumänien setzt weiterhin auf Erdgas

Im vergangenen Jahr hat die EU in Sachen Emissionsreduzierung einen Rekord verzeichnet: Die Emissionen sind um 8,3% gegenüber dem Vorjahr gesunken....

Emissionsreduzierung: Rumänien setzt weiterhin auf Erdgas
Maia Sandu, amtierende Präsidentin der Republik Moldau (Fotoquelle: presedinte.md)
Das globale Dorf Freitag, 01 November 2024

Republik Moldau vor der Stichwahl für das Präsidentenamt: Bleibt das Land auf Europa-Kurs?

  RadioRomaniaInternational · Republik Moldau vor der Stichwahl für das Präsidentenamt: Bleibt das Land auf Europa-Kurs?   Am 20....

Republik Moldau vor der Stichwahl für das Präsidentenamt: Bleibt das Land auf Europa-Kurs?
Das globale Dorf Freitag, 11 Oktober 2024

Anti-Aging-Medizin: Welche Faktoren beeinflussen das Altern?

  RadioRomaniaInternational · Anti-Aging-Medizin: Welche Faktoren beeinflussen das Altern?   In den 1950er Jahren gründete Ana Aslan das...

Anti-Aging-Medizin: Welche Faktoren beeinflussen das Altern?
Das globale Dorf Freitag, 04 Oktober 2024

Reindustrialisierung: ambitionierter Investitionsplan für Wiederankurbelung der Industrie

  RadioRomaniaInternational · Reindustrialisierung: ambitionierter Investitionsplan für Wiederankurbelung der Industrie   Der...

Reindustrialisierung: ambitionierter Investitionsplan für Wiederankurbelung der Industrie
Das globale Dorf Freitag, 20 September 2024

Internetausfälle: Nicht nur Hackerangriffe verantwortlich

Es handelte sich um eine Fehlfunktion, einen Computerfehler, der jedoch Auswirkungen hatte, die einem Cyberangriff sehr ähnlich sind – er...

Internetausfälle: Nicht nur Hackerangriffe verantwortlich
Das globale Dorf Freitag, 21 Juni 2024

Europawahlen – alles beim Alten geblieben?

Die EVP bleibt die größte Fraktion, sogar mit einem deutlichen Zuwachs; die Allianz der Sozialisten und Demokraten landete auf den zweiten Platz,...

Europawahlen – alles beim Alten geblieben?

Partner

Muzeul Național al Țăranului Român Muzeul Național al Țăranului Român
Liga Studentilor Romani din Strainatate - LSRS Liga Studentilor Romani din Strainatate - LSRS
Modernism | The Leading Romanian Art Magazine Online Modernism | The Leading Romanian Art Magazine Online
Institului European din România Institului European din România
Institutul Francez din România – Bucureşti Institutul Francez din România – Bucureşti
Muzeul Național de Artă al României Muzeul Național de Artă al României
Le petit Journal Le petit Journal
Radio Prague International Radio Prague International
Muzeul Național de Istorie a României Muzeul Național de Istorie a României
ARCUB ARCUB
Radio Canada International Radio Canada International
Muzeul Național al Satului „Dimitrie Gusti” Muzeul Național al Satului „Dimitrie Gusti”
SWI swissinfo.ch SWI swissinfo.ch
UBB Radio ONLINE UBB Radio ONLINE
Strona główna - English Section - polskieradio.pl Strona główna - English Section - polskieradio.pl
creart - Centrul de Creație Artă și Tradiție al Municipiului Bucuresti creart - Centrul de Creație Artă și Tradiție al Municipiului Bucuresti
italradio italradio
Institutul Confucius Institutul Confucius
BUCPRESS - știri din Cernăuți BUCPRESS - știri din Cernăuți

Mitgliedschaften

Euranet Plus Euranet Plus
AIB | the trade association for international broadcasters AIB | the trade association for international broadcasters
Digital Radio Mondiale Digital Radio Mondiale
News and current affairs from Germany and around the world News and current affairs from Germany and around the world
Comunità radiotelevisiva italofona Comunità radiotelevisiva italofona

Provider

RADIOCOM RADIOCOM
Zeno Media - The Everything Audio Company Zeno Media - The Everything Audio Company