Afghanistan: Rumänien zieht seine Truppen ab Mai 2021 ab
Im Einklang mit seinen Nato-Verbündeten hat Rumänien beschlossen, seine über 600 Soldaten und die Militärtechnik nach Hause zu befördern.
Corina Cristea, 07.05.2021, 17:30
Vor fast 20 Jahren schickten die USA kurz nach den Terroranschlägen auf New York und das Pentagon Truppen nach Afghanistan. Washington beschuldigte die Taliban, Osama bin Laden und die für die Anschläge verantwortliche Dschihadisten-Terrororganisation Al Qaida Unterschlupf gewährt zu haben, und entmachtete sie. Es folgten fast zwei Jahrzehnte Missionen der NATO-Truppen in der Region, die von zahlreichen Anschlägen geprägt waren.
Doch dann, im April dieses Jahres, erklärte US-Präsident Joe Biden: Angesichts der Terrorbedrohung, die jetzt an vielen Orten herrscht, macht es für mich und unsere politischen Führer wenig Sinn, Tausende von Truppen am Boden zu halten und in nur einem Land zu konzentrieren, was jedes Jahr Milliarden kostet. (…) Es ist an der Zeit, Amerikas längsten Krieg zu beenden. Es ist Zeit, dass die amerikanischen Truppen nach Hause kommen.“
Die Vereinigten Staaten werden mit ihren NATO-Verbündeten für einen koordinierten Abzug aus dem asiatischen Land arbeiten, nach dem von Anfang an festgelegten Prinzip: Wir gehen gemeinsam hinein, wir passen uns gemeinsam an und gehen gemeinsam raus. Anschließend gab die Nordatlantische Allianz bekannt, dass die notwendigen Bedingungen für die Beendigung ihrer Resolute Support“-Mission in Afghanistan erfüllt seien und es nicht mehr notwendig sei, die 9.600 Soldaten aus 36 Ländern dort zu halten.
Rumänien ist Teil der Koalition gegen den Terrorismus. Die ersten rumänischen Soldaten wurden kurz nach den Anschlägen vom 11. September nach Afghanistan geschickt und Rumänien gehört seitdem ständig zu den wichtigsten Partnern der NATO-Mission. Im Einvernehmen mit seinen Partnern in der Allianz hat Rumänien beschlossen, seine Streitkräfte ab dem 1. Mai 2021 aus Afghanistan abzuziehen, eine Entscheidung, die vom Obersten Verteidigungsrat des Landes getroffen wurde. Der Einsatz in Afghanistan wird für das Verteidigungsministerium erst dann enden, wenn alle rumänischen Soldaten sicher nach Hause zurückgekehrt sind, sagte Verteidigungsminister Nicolae Ciucă:
Als einer der wichtigsten Beiträger zur Resolute Support Mission, mit über 600 Soldaten im Einsatzgebiet, wird Rumänien in Übereinstimmung mit den Alliierten laut Abzugsplan handeln. Rumänien hat vor zwei Jahrzehnten die Entscheidung getroffen, Teil der Anti-Terror-Koalition zu werden und sich seinen strategischen Verbündeten anzuschließen, um einen Feind zu bekämpfen, der den Frieden und die Sicherheit seiner Bürger bedroht. In den fast 20 Jahren haben zehntausende rumänische Soldaten Missionen im afghanischen Einsatzgebiet erfüllt und wesentlich dazu beigetragen, die Sicherheitslage in der Region zu verbessern.“
Dabei handelt es sich um zwei Missionen. Die erste war die International Security Assistance Force“ (ISAF), der 2015 die Resolute Support“ folgte, deren Ziel es war, die afghanischen nationalen Sicherheitskräfte auszubilden, zu beraten und zu unterstützen. Im Gespräch mit Radio Rumänien zeichnete Nicolae Ciucă, Kommandeur des ersten rumänischen Bataillons in Afghanistan, ein Bild der Situation aus rumänischer Sicht:
Für die rumänische Armee bedeutete das Jahr 2002 Hoffnung und Bemühungen, im Herbst desselben Jahres zum Beitritt zur Allianz eingeladen zu werden, was auch geschah. Zwei Jahre später erfüllte die rumänische Armee weiterhin ihre Missionen in Afghanistan, aber auch im Irak, und wurde aufgrund des Beschlusses des NATO-Gipfels Vollmitglied der Nordatlantischen Allianz. All diese Elemente der Analyse lassen sich auf zwei Ebenen beschreiben — der Wille, der Enthusiasmus und der Geist, zu beweisen, dass wir in der Lage sind, über die menschlichen Ressourcen verfügen, und, warum nicht, den Opfergeist haben, um Mitglied des Nordatlantischen Bündnisses zu werden. Danach haben wir bewiesen, dass wir ein glaubwürdiges Mitglied dieses Bündnisses sind. Und weil ich von Opfer gesprochen habe, möchte ich an die 27 rumänischen Soldaten, die in Afghanistan ihr Leben verloren haben, und an die über 200 Menschen, die dort verwundet wurden, erinnern und ihnen unsere Dankbarkeit aussprechen. Das ist der Einsatz, den die rumänische Armee in diesen 20 Jahren geleistet hat.“
Wie sieht Afghanistan heute aus und inwieweit wurden die Probleme gelöst? Afghanistan ist immer noch kein perfektes Land, aber es ist kein Vergleich zu dem Afghanistan der Enthauptungen und Folterungen vor zwei Jahrzehnten. Afghanistan hat jetzt Dutzende von diplomatischen Vertretungen in der ganzen Welt, eine Verfassung, einen rechtmäßig gewählten Präsidenten und eine Regierung, ein gewähltes Parlament und lokale Räte, in denen auch Frauen vertreten sind. Parteien, NGO und zivilgesellschaftliche Organisationen wurden wieder gegründet. Die meisten Afghanen haben Zugang zu einer medizinischen Grundversorgung, und Millionen von Kindern sind gegen epidemische Krankheiten geimpft. Dennoch bleiben große Herausforderungen in Bezug auf Regierung, Drogen, Armut und Korruption. Die Zukunft ist immer noch ungewiss.
Liviu Mureşan, Präsident der EURISC-Stiftung sagte dazu:
Nach zwei Jahrzehnten geht diese Operation, die so viele Menschenleben und riesige Geldsummen gekostet hat und das Problem ungelöst ließ, zu Ende. Wir wissen nicht, wie sich die Dinge in der kommenden Zeit entwickeln werden. Es ist sehr wichtig, dass wir, da wir von Anfang an an diesem Einsatz in Afghanistan beteiligt waren, möglichst alle unsere Soldaten und wenn möglich auch die dazugehörige Ausrüstung wieder zu Hause haben. Afghanistan wird ein Lehrstück dafür bleiben, wie die Infrastruktur über das Schicksal, das Leben und das gute Funktionieren eines Einsatzes entscheidet. Ein Land, das keinen Zugang zum Meer hat, ist ein Land, das nicht erobert, kontrolliert und wirklich verändert werden kann, besonders mit der Geographie, die Afghanistan hat.“
Der Vorsitzende des afghanischen Parlaments, Mir Rahman Rahmani, hat davor gewarnt, dass der Abzug ausländischer Truppen aus dem Land unter den derzeitigen Umständen zu einem Bürgerkrieg führen wird.
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