Rückblick auf die Woche 11.04.–15.04.2022
Regierung schnürt Hilfspaket zusammen +++ Neue Kampfgruppen sollen Ostflanke der Nato stärken +++ Rumänien, Moldaurepublik und Ukraine wollen im Güterverkehr enger zusammenarbeiten +++ Offshore-Gesetz soll im Parlament erörtert werden
Corina Cristea, 16.04.2022, 13:42
Regierung schnürt Hilfspaket zusammen
Die Bukarester Regierungskoalition hat sich auf ein Paket von wirtschaftlichen und sozialen Hilfsmaßnahmen geeinigt, die die aktuelle Energiepreiskrise und die Preiserhöhungen abfedern sollen. Ein Teil der Maßnahmen wurde bereits vom Parlament abgesegnet, das Paket beläuft sich auf umgerechnet insgesamt 3,5 Mrd. Euro, die Hälfte davon kommt aus europäischen Zuwendungen.
Zu den getroffenen Maßnahmen gehören die Anhebung des Mindestlohns in der Landwirtschaft und in der Lebensmittelindustrie, Subventionen für KMU sowie für Landwirte und die Gewährung von Gutscheinen für diverse Dienstleistungen, die Geringverdienern zugute kommen sollen. Kleine und mittlere Unternehmen sollen zusätzlich mit bis zu jeweils 400.000 Euro für Investitionen bezuschusst werden, Transportfirmen werden künftig umgerechnet 10 Eurocents pro Liter Sprit abschreiben können und Landwirte erhalten Darlehen. Weitere Maßnahmen anvisieren die Verdoppelung der Nahrungsportionen für Krankenhauspatienten und die Erhöhung des Nennwertes der Lebensmittelmarken.
Mit dem Hilfspaket wolle man ein gesundes Wirtschaftswachstum, den sozialen Zusammenhalt und die generationsübergreifende Solidarität fördern, sagte Premierminister Nicolae Ciucă. Nutznießer der sozialen Maßnahmen sollen rund 12 Mio. Menschen in Rumänien sein, so die Verlautbarung der Regierung. Vom Nationalen Statistikinstitut verlautete es indessen, die Inflation habe im Monat März 10,15 % erreicht, einen Wert, der für die letzten 18 Jahre rekordträchtig sei.
Neue Kampfgruppen sollen Ostflanke der Nato stärken
Rund 300 belgische Militärs sind Teil der sogenannten Nato Response Force (Nato-Reaktionsstreitmacht), die der nordatlantische Rat am 25. Februar und damit als sofortige Reaktion auf den Angriff Russlands gegen die Ukraine einberufen hatte. Die belgischen Soldaten stießen im März zu ihren rund 500 französischen Kameraden, die bereits auf dem Luftstützpunkt Nummer 57 im südostrumänischen Mihail Kogălniceanu stationiert sind. Der belgische Premierminister Alexander de Croo stattete ihnen am Mittwoch einen Besuch ab; bei der anschließenden Rede vor den Truppen fand der belgische Regierungschef deutliche Worte — die Nato-Soldaten seien hier, um die freie Welt und ihre Werte vor einer möglichen Aggression aus dem Osten zu verteidigen.
Auch der rumänische Premierminister Nicolae Ciucă, der seinen belgischen Amtskollegen begleitete, sprach von schwierigen Zeiten, die man im 21. Jahrhundert nicht erwartet habe. Vor diesem Hintergrund sei die Stärkung der Ostflanke der Nato eine Notwendigkeit, um jede Gefährdung durch Russland abzuwehren. Die Verbündeten müssen für eine lang anhaltende Krise gewappnet sein — insbesondere für den Fall, dass bedrohliche Situationen vor der Nato-Grenze entstehen, so der rumänische Premierminister.
Der rumänische Staatspräsident Klaus Johannis war ebenfalls zugegen und begrüßte die Präsenz belgischer Militärs auf dem Nato-Luftstützpunkt in Mihail Kogălniceanu. Besonders wichtig sei es, dass die Verteidigungs- und Abschreckungsstrategie der Allianz konsolidiert und insbesondere die Abwehrkapazität der Ostflanke und der Schwarzmeerregion verstärkt werde. In diesem Sinne sollen vier neue Kampfgruppen so schnell wie möglich operationsfähig werden — eine davon werde ihren Einsatz in Rumänien haben.
Rumänien, Moldaurepublik und Ukraine wollen im Güterverkehr enger zusammenarbeiten
Die rumänische Politikerin Adina Vălean, EU-Kommissarin für Verkehr, hat vergangene Woche Bukarest besucht, wo sie zusammen mit Premierminister Nicolae Ciucă an einer Fachkonferenz teilnahm, die von der ständigen Vertretung der EU-Kommission veranstaltet wurde. Bei einer gemeinsamen Videokonferenz mit den Verkehrsministern Rumäniens, der Moldaurepublik und der Ukraine wurde eine engere Zusammenarbeit der Nachbarstaaten im Bereich des Güterverkehrs vereinbart. Straße, Schiene und Wasserwege seien in diesem Zusammenhang gleichermaßen wichtig, die EU-Kommissarin Vălean will in dieser Hinsicht eine Arbeitsgruppe gründen, die eine bessere Abschöpfung von EU-Zuwendungen für Infrastrukturprojekte durch Rumänien ermöglichen soll.
Offshore-Gesetz soll im Parlament erörtert werden
Noch in dieser dieser Woche wollte das rumänische Parlament das neue Offshore-Gesetz erörtern. Damit soll der Weg für Investitionen zur Gasförderung aus dem Kontinentalbecken des Schwarzen Meeres sowie zur Entwicklung der petrochemischen Industrie freigemacht werden. Der Gesetzesentwurf wurde bereits von den an der Regierungskoalition beteiligten PNL, der PSD und dem Ungarn-Verband gebilligt. Die endgültige Form soll von der derzeitigen Mehrheit im Parlament verabschiedet werden. Laut dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Hunor Kelemen, dem Vorsitzenden des Ungarn-Verbandes, könnte frühestens 2026–2027 Gas aus dem Schwarzen Meer gefördert werden. Ministerpräsident Nicolae Ciucă sprach sich auch für dieses Gesetz aus. Er sagte, es werde Rumänien helfen, seine Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern. Der Vorsitzende der Abgeordnetenkammer und der PSD, Marcel Ciolacu, sicherte seinerseits die Unterstützung für diese Vorlage zu, die seiner Meinung nach politische Entschlossenheit und Kohärenz zwischen Gesetzgebung, Regierung und Exekutive aufweist.
Seit über vier Jahren wurde das Offshore-Gesetz im Parlament blockiert. Die Regierungskoalition diskutiert seit Monaten über die Gesetzesänderung und gab nun endlich grünes Licht. Eine Möglichkeit ist, dass der rumänische Staat mindestens 60 % der Gewinne aus der Gasförderung erhält und private Unternehmen 40 %. Derzeit sieht das Gesetz eine progressive Steuer zwischen 30 % und 70 % auf die Mehreinnahmen aus höheren Gaspreisen vor, und die Unternehmen sind verpflichtet, 50 % ihrer Gasproduktion an der Bukarester Börse zu verkaufen. Unternehmen hielten sich mit Investitionen zurück, solange die prohibitive Gesetzgebung in Kraft war.
Das Offshore-Gesetz wird von Unternehmen sehnlichst erwartet, welche die Erdgasförderung im Schwarzen Meer endlich aufnehmen wollen. ÖMV Petrom, ein österreichisches Unternehmen, an dem auch der rumänische Staat beteiligt ist, sowie andere Gasproduzenten haben über ein Jahrzehnt hinweg Milliarden von Dollar ausgegeben, um die geschätzten 200 Milliarden Kubikmeter Gasreserven auf dem rumänischen Festlandsockel zu fördern. Der Inlandsverbrauch liegt bei etwa 11 Milliarden Kubikmetern pro Jahr. Rumänien importiert lediglich 20 Prozent des benötigten Gases. Das neue Gesetz würde es dem Lande ermöglichen, sich von einem Erdgasimporteur zu einem Erdgasexporteur zu entwickeln.