Die Woche 6.05.-10.05.2019 im Überblick
“Happy summit! in Sibiu
Newsroom, 11.05.2019, 17:09
“Happy summit! in Sibiu
Die Stadt Sibiu in Zentralrumänien wurde am Donnerstag, den 9. Mai, zur politischen Hauptstadt der Europäischen Union, einer Gemeinschaft, die versucht, ihre Stärke wiederzuerlangen und sich als Oase des Wohlstands und der Rechtsstaatlichkeit zu behaupten.
In Sibiu verabschiedeten die Staats- und Regierungschefs der EU eine Erklärung mit zehn Verpflichtungen, die sich unter anderem auf Verteidigung, Solidarität in schwierigen Zeiten, Offenheit für gemeinsame Lösungen, Schutz von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, Wahrung der Gleichbehandlung und Sicherung der Zukunft für die nächsten Generationen der Europäer konzentrieren.
Wir werden ein einziges Europa verteidigen, von Ost nach West, von Nord nach Süd. Vor dreißig Jahren kämpften Millionen von Menschen für ihre Freiheit und Einheit und stürzten den Eisernen Vorhang, der Europa jahrzehntelang geteilt hatte. Es gibt keinen Platz für Spaltungen, die gegen unser gemeinsames Interesse gerichtet sind“, heißt es in einem der Punkte der Erklärung.
Die Staats- und Regierungschefs der EU argumentieren weiter, dass die Union von heute stärker ist als die von gestern, und wir wollen ihre Stärke für morgen weiter ausbauen. Das ist unsere Verpflichtung für die zukünftigen Generationen. Das ist der Geist von Sibiu und einer neuen Union der 27, die bereit ist, ihre Zukunft als eine Einheit anzunehmen, heißt es auch im Dokument. Präsident Klaus Iohannis, langjähriger ehemaliger Bürgermeister von Sibiu, begrüßte die positive Botschaft der EU aus Sibiu, die Union auf der Grundlage klarer Grundsätze und Werte zu konsolidieren. Der Präsident verwies auch auf die bevorstehende strategische Agenda der EU.
Der Präsident der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker, der sich dem Ende seiner Amtszeit nähert, sagte seinerseits, dass die auf dem Gipfel zum Ausdruck gebrachte Einheit nicht nur Show ist, sondern real und robust. Zu sagen, dass alles schief geht, wäre nicht genau, ebenso wenig wie zu sagen, dass alles gut läuft, argumentierte Präsident Juncker. Der Präsident des Europäischen Rates Donald Tusk hielt seinerseits eine Rede in rumänischer Sprache:
Als wir uns im Januar, zu Beginn Ihrer Präsidentschaft, trafen – als ich mit solcher Überzeugung und so emotional über Rumänien sprach -, sprach ich mit Zuversicht, denn ich weiß, dass Sie wirklich bemerkenswert sind. Sie haben einen außergewöhnlichen Gipfel organisiert, und Sie können stolz auf Ihre Arbeit sein, so wie Europa stolz auf Sie ist. Ich habe mich in Sibiu verliebt, ganz Europa hat sich in dich verliebt.
Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union werden sich am 28. Mai nach den Wahlen zum Europäischen Parlament treffen, um sich über die Zusammensetzung der künftigen Kommission zu einigen.
Eine endlose Mineriade
Der Interims-Generalstaatsanwalt Bogdan Licu hat am Mittwoch im Dossier der Bergarbeiteraufmärsche vom Juni 1990 die jüngste Entscheidung des Obersten Gerichtshofes beanstandet. Das Gericht hatte die Strafakte an die Staatsanwaltschaft zurückgeschickt. Zuvor hatte ein Richter der Gerichtskammer für Voruntersuchungen die Anklageschrift für ungesetzmäßig befunden.
Vor zwei Jahren hatten Militärstaatsanwälte ihre Ermittlungen im Dossier der sogenannten Mineriade, der Bergarbeiteraufmärsche also, abschlossen. 14 Personen waren infolgedessen unter Anklage gestellt worden, darunter sehr prominente Namen: etwa der Ex-Präsident Ion Iliescu, der damalige Premierminister Petre Roman, sein Stellvertreter, Gelu Voican-Voiculescu, und der damalige Nachrichtendienst-Chef Virgil Măgureanu. Laut Anklage hätten die Genannten sich direkt an der Planung und Durchführung des Übergriffs auf die friedlichen Demonstranten auf dem Universitätsplatz in Bukarest beteiligt. Bei den Kundgebungen hatten sich die Teilnehmer gegen die damalige politische Machtriege aufgelehnt.
Am 20. Mai 1990, fünf Monate nach dem Sturz der kommunistischen Diktatur von Nicolae Ceauşescu, waren in Rumänien die ersten freien Wahlen abgehalten worden – Ion Iliescu, ehemaliger Minister in den 1970er Jahren unter Ceauşescu, gelang dabei ein unumstrittener Sieg mit etwa 85% der Stimmen. Iliescu hatte es geschafft, sich im Tumult der antikommunistischen Revolution von 1989 als Anführer zu etablieren, obwohl er ebenfalls aus den Reihen der Nomenklatura hatte. Seine Partei, eine Mischung aus authentischen Revolutionären und zweitrangigen Kommunisten, belegte nach der Wahl zwei Drittel der Sitze im ersten postkommunistischen Parlament.
Im April hatten Studenten den Universitätsplatz besetzt und ihn zur neokommunismus-freien Zone erklärt. Die Geste war als Protest gegen den sich abzeichnenden Verbleib ehemaliger Kommunisten in der Machtetage gedacht. Doch nach den deutlichen Wahlergebnissen waren die meisten der ursprünglich zehntausenden von Demonstranten weggeblieben. Auf dem Platz harrten noch einige Dutzend Personen im Hungerstreik aus. In der Nacht von 13. auf den 14. Juni räumte die Polizei den Platz mit unverhältnismäßiger Gewalt – der Einsatz erinnerte an die Unterdrückungsmaßnahmen während der Revolution.
Bis heute bleibt ungeklärt, wer an den gewalttätigen Ausschreitungen des Folgetages beteiligt war – es ist nicht klar, ob die gewalttätigen Personen, die sich Straßenkämpfe mit der Polizei lieferten und Angriffe auf den Sitz des Innenministeriunms und der Fernsehanstalt starteten, eine Verbindung zu den Kundgebungen auf dem Universitätsplatz hatten. Iliescu und seine Nahestehenden bezeichneten sie als Legionäre, in Anlehnung an die extreme Rechte der Zwischenkriegszeit. Obwohl die Armee bereits die Ordnung wieder hergestellt hatte, riefen die Machthaber die Bevölkerung zur Rettung der angeblich erneut gefährdeten Demokratie“ auf.
Bergarbeiter aus dem zentralrumänischen Schiltal folgten dem Aufruf und marschierten am 14. und 15. Juni auf den Straßen der rumänischen Hauptstadt auf. Sie mussten den Behörden über ihr Handeln offenbar keine Rechenschaft geben. Zurück blieben über 1300 Verletzte und mindestens sechs Tote, mehr als Tausend Menschen wurden missbräuchlich verhaftet. Die Bukarester Universität wurde verwüstet, ebenso die Sitze der Oppositionsparteien und der unabhängigen Zeitungen
Vor fünf Jahren zwang der Europäische Gerichtshof der Menschenrechte Rumänien mit einem Beschluss, das Verfahren zu den Bergarbeiteraufmärschen von 1990 neu aufzurollen. Die ehemalige Generalstaatsanwältin Laura Codruta Kövesi musste einräumen, dass das Ermittlungsverfahren zur Mineriade zu den größten Misserfolgen in der Geschichte der Generalstaatsanwaltschaft gehört.
Rumänen in der Welt
Der rumänische Außenminister Teodor Melescanu hat am Mittwoch den Präsidenten Klaus Iohannis aufgefordert, den rumänischen Botschafter in den USA George Maior zurückzurufen. Laut einer Mitteilung des Außenministeriums erfolge der Rückrufvorschlag nach einer Analyse des Mandats des Diplomaten, dessen Tätigkeiten es ihnen nicht erlauben, die Interessen Rumäniens in den Vereinigten Staaten, die ein strategischer Partner sind, glaubwürdig zu vertreten. Im April beschuldigte ihn die Bukarester Parlamentskommission für die Kontrolle des rumänischen Nachrichtendienstes, deren Direktor George Maior vor seiner Ernennung zum Botschafter in Washington war, den Nachrichtendienst für persönliche Zwecke gebraucht zu haben. Das Außenministerium erinnert auch an die vor kurzem freigegebenen Protokolle, die SRI mit den rumänischen Justizbehörden abgeschlossen hatte und die Grundrechte und Grundfreiheiten rumänischer Bürger oder die Interessen des Landes ernsthaft verletzt haben. Präsident Klaus Iohannis gab bekannt, er werde nach dem EU-Gipfel in Sibiu eine Entscheidung über den US-Botschafter George Maior treffen.
Der ehemalige Bürgermeister von Constanţa, einer rumänischen Stadt am Schwarzen Meer, Radu Mazăre ist am Mittwoch in Madagaskar verhaftet worden. Er wird sechs Tage von den Behörden des Landes in Haft gehalten, nachdem die rumänischen Behörden über Interpol einen Durchsuchungsbefehl ausgestellt hatten. So juristischen Quellen in Bukarest. Radu Mazare hat in Rumänien mehrere Verurteilungen, von denen viele nicht endgültig sind. Im Februar wurde er international angeklagt, nachdem er in einer Akte über fiktive Landrückgabe zu 9 Jahren Haft verurteilt wurde. Der ehemalige Bürgermeister verließ Rumänien im Dezember 2017 auf Madagaskar und meinte, man habe politischen Druck in Strafverfahren gegen ihn ausgeübt. Dort unternahm er die notwenidgen Schritte, um Asyl zu erhalten.