Die Woche 22.10.-26.10.2018 im Überblick
Justizminister fordert die Entfernung des Generalstaatsanwaltes aus dem Amt
Newsroom, 26.10.2018, 17:04
Justizminister fordert die Entfernung des Generalstaatsanwaltes aus dem Amt
Der Antrag des rumänischen Justizministers, Generalstaatsanwalt Augustin Lazar aus seinem Amt zu entfernen, sei völlig unangemessen, meint der rumänische Präsident Klaus Iohannis. Er forderte deshalb erneut den Rücktritt des Justizministers. Es werden erneut Versuche unternommen, die Vorstellung zu stärken, dass Staatsanwälte Feinde der Gesellschaft seien, betonte der Präsident. Iohannis forderte die Richter auf, nicht das Vertrauen in die Fähigkeit der rumänischen Gesellschaft zu verlieren, sich einem in seiner Sicht neuen Angriff auf die Rechtsstaatlichkeit zu widersetzen.
Justizminister Tudorel Toader hat am Mittwoch das Verfahren eingeleitet, um Augustin Lazar aus dem Amt zu entfernen – sein Argument ist, dass Lazar seine gesetzlichen Verpflichtungen nicht erfüllt habe.
Die 20 Vorwürfe gegen den Generalstaatsanwalt reichen von der Missachtung seines eigenen Führungskonzepts bis hin zu öffentlichen Äußerungen politischer Natur. Im Gegenzug sagte der Generalstaatsanwalt, dass die Anschuldigungen des Justizministers peinlich und übertrieben seien und eigene Interessen verschleiern. Lazar versicherte, dass die Staatsanwälte ihre Arbeit in Übereinstimmung mit der Verfassung und den Menschenrechten weiterführen werden. Augustin Lazar wird von seinen Anhängern als letzter Gegner der justizpolitischen Novellen der Regierung gesehen – die Ansätze der Koalition in Bukarest werden von Brüssel scharf kritisiert; bei der EU-Kommission wird befürchtet, dass die Unabhängigkeit der Richter und die Bekämpfung der Korruption gefährdet sind.
Auf die Frage des Journalisten eines rumänischen privaten Fernsehsenders hat die Europäische Kommission die Situation von Augustin Lazar mit jener der ehemaligen Chefin der Anti-Korruptions-Direktion, Laura Codruta Kovesi, verglichen. Sie musste Präsident Iohannis im Juli entlassen, nachdem ihn eine verfassungsgerichtliche Entscheidung dazu zwang.
Über 1000 Magistraten fordern inzwischen den Justizminister auf, das Verfahren der Entlassung des Generalstaatsanwalts sofort einzustellen. Ein solches Verfahren, das die Meinung des Obersten Richterrates, die Unabhängigkeit der Justiz, sowie das Recht des Generalstaatsanwalts auf Verteidigung verkennt, wurde auch international kritisiert: von der Venedig – Kommission, der Staatengruppe gegen Korruption (GRECO ) und von der Europäischen Kommission. Die Position Rumäniens innerhalb der Europäischen Union und des Europarates und die Existenz des rumänischen Staates sei gefährdet, so das Richterforum, ein rumänischen Berufsverband. Kommentatoren sind der Ansicht, dass Präsident Iohannis nach der Entscheidung des Verfassungsgerichts im Fall von Laura Codruta Kovesi keine rechtlichen Instrumente hat, um die Entlassung von Augustin Lazar zu verhindern.
Zum Rechtsstaat und Justizgesetze in Brüssel und Bukarest
Am Dienstag versicherte Klaus Johannis in einer Rede vor dem Europaparlament, dass Rumänien die Rechtsstaatlichkeit wahrt und gegen Korruption vorgeht. Zuvor hatte die Venedig-Kommission einen Bericht veröffentlicht, in dem festgestellt wurde, dass bestimmte Vorschriften in den Gesetzen über den Stand von Richtern und Staatsanwälten, über die Organisation von Gerichten und über den Obersten Richterrat die Unabhängigkeit der rumänischen Richter und Vertrauen in das Justizsystem untergraben könnten.
Genau deshalb glaubt der Präsident, dass diese Gesetze überdacht, modernisiert und verbessert werden müssen. Er argumentiert, dass das Gesetzgebungsverfahren wieder aufgenommen werden müsse, und fordert die Politiker nachdrücklich auf, die Empfehlungen der Venedig-Kommission zu berücksichtigen. Der Chef der Sozialdemokratischen Partei Liviu Dragnea lehnt eine Wiederaufnahme des Gesetzgebungsprozesses ab. Er sagte, der Justizminister habe bereits eine Eilverordnung erlassen, die die notwendigen Korrekturen an den drei Gesetzen enthalte. Der Bündnispartner der Sozialdemokraten, ALDE-Chef Calin Popescu-Tariceanu, glaubt, dass ein parlamentarischer Pakt über die Justizgesetze nützlich sein könnte, insofern er auf dem Prinzip der Wahrung der individuellen Rechte und Freiheiten beruht.
Die Nationalliberale Partei aus der Opposition teilt die Meinung von Präsident Iohannis, sagt ihr Chef Ludovic Orban. Die Union Rettet Rumänien, ebenfalls in der Opposition, kündigte an, dass sie einen Gesetzentwurf vorgelegt hat, der die Empfehlungen der Venedig-Kommission umsetzt. Die dritte Oppositionspartei, die Volksbewegungspartei, vertritt eine radikale Sicht: sie verlangt den Rücktritt der Regierung, die jegliche justizpolitische Glaubwürdigkeit verloren hat. Die Demokratische Union der Ungarn in Rumänien sagt, dass sie offen ist für jegliche Gespräche über die Justizgesetze, vorausgesetzt, dass die Unabhängigkeit der Justiz nicht beeinträchtigt wird, während die anderen im Parlament vertretenen ethnischen Minderheiten die Einrichtung eines speziellen Komitees zur Harmonisierung der Justiz mit den Ansichten des Verfassungsgerichts und der Venedig-Kommission fordern.
Neuer Gesetzentwurf zum Offshore-Gesetz angenommen
Der neue Gesetzentwurf zum Offshore-Gesetz wurde am Mittwoch im Plenum der Abgeordnetenkammer in Bukarest, als beschlussfähiges Gremium angenommen. Die Unterlage, die die Art und Weise regelt, wie Erdgas im Schwarzen Meer gewonnen wird, wurde von Präsident Klaus Iohannis zur Neubewertung dem Parlament zurückgeschickt. Von dem besagten Gesetz hängt insbesondere der Gewinn ab, den der rumänische Staat aus der Erdgasförderung im Schwarzen Meer erwirtschaftet. Die Parteien der Regierungskoalition erzielten Einvernehmen über die Änderungen. 50% der Erdgasproduktion im Schwarzen Meer soll an der rumänischen Börse gehandelt werden. Die Investition der Betreiber kann maximal zu 30% aus der Steuer für den zusätzlichen Umsatz abgeschrieben werden. Die Opposition behauptete allerdings, dass das neue Gesetz ohne Daten und Impaktstudien über die Vermarktung der Erdgasproduktion auf dem internen Markt gefördert wurde.
Italiens Innenminister besucht Bukarest
Die rumänische Innenministerin Carmen Dan hat sich in Bukarest mit dem stellvertretenden Ministerpräsidenten und Innenminister Italiens Matteo Salvini getroffen. Die Situation der rumänischen Gemeinde auf der Halbinsel, Rumäniens Mandat bei der EU-Ratspräsidentschaft in der ersten Hälfte des nächsten Jahres und die bilaterale Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen standen auf der Tagesordnung. Bei dieser Gelegenheit sagte Innenministerin Dan, dass Rumänien alle erforderlichen Instrumente besitzt, um die polizeiliche Zusammenarbeit zu stärken, sowohl durch Innenattachés, als auch durch rumänische Polizeimissionen in Italien. Etwa 90 rumänische Polizisten waren bisher an operativen Einsätzen in Italien beteiligt und in der Zukunft wird in Rom ein neuer Innen-Beauftragter Rumäniens sein Amt übernehmen. Im Kampf gegen die Kriminalität, sagte Ministerin Dan, sei ihr Haus offen für die weitere Zusammenarbeit mit den italienischen Behörden – für Täter sollte Null Toleranz gelten, egal welche Staatsangehörigkeit sie haben. Matteo Salvini erwiderte, dass Fehlverhalten einiger Mitglieder der rumänischen Gemeinschaft nicht zur Sippenhaft führen dürfe. Salvini dankte Rumänien für die Hilfe bei der Identifizierung verfolgter rumänischer Straftäter auf italienischem Gebiet und dafür, dass tausende Italiener in Rumänien ein hohes Maß an Sicherheit genießen dürfen. In diesem Zusammenhang sagte der italienische Innenminister auch, dass die beiden Länder ihre Zusammenarbeit zwischen den Polizeikräften verstärken werde. Minister Salvini lud Carmen Dan ein, einen rumänisch-italienisch Ansatz zur Migrations- und Sicherheitspolitik vorzulegen, der während des rumänischen EU-Ratsvorsitzes erörtert werden soll.