Währungsunion: Rumänien nicht fit für Euro-Einführung
Rumänien erfüllt derzeit keines der vier Konvergenzkriterien, um dem Euro-Raum beitreten zu können. Paradoxerweise war die Lage vor einigen Jahren noch besser.
Bogdan Matei, 02.06.2022, 14:41
Der Euro ist dennoch — de facto — die geläufige Währung in Rumänien — zahlreiche Transaktionen und Rechnungen für Dienstleistungen werden in der Gemeinschaftswährung als Rechnungsbasis abgewickelt. Der Wechselkurs ist dank einer vorsichtigen Politik der rumänischen Zentralbank seit Jahren stabil und liegt bei etwa 5 Lei für einen Euro. Kosten für große Infrastruktur-Projekte werden in Euro veranschlagt, Preise für Immobilien und Grundstücke ebenso, auch wenn die Bezahlung in der Landeswährung erfolgt. Die schätzungsweise 4 bis 5 Mio. Rumänen, die im Ausland leben und arbeiten, schicken ihren in der Heimat verbliebenen Familienangehörigen nicht zu unterschätzende Beträge in Euro, und selbst korrupte Politiker und Beamte, die Schmiergeld einstecken, schwören auf die harte Währung.
Und trotzdem erfüllt Rumänien bis dato keines der vier Kriterien, um die Gemeinschaftswährung offiziell einführen zu können. Dem Maastrichter Vertrag von 1992 zufolge muss ein Land stabile Preise haben, eine solide und nachhaltige Finanzpolitik betreiben, einen stabilen Wechselkurs und eine langfristige Konvergenz der Zinsen aufweisen, um der Währungsunion beitreten zu dürfen. Die EU-Kommission hat am Mittwoch den sogenannten Konvergenz-Bericht veröffentlicht, in dem Rumänien als einziger EU-Staat unter den 27 für das exzessive Haushaltsdefizit gerügt wird. Weitere Länder, die den Euro noch nicht eingeführt haben — das sind Bulgarien, Kroatien, Polen, Schweden und Ungarn — schneiden weitaus besser im Bericht der EU-Kommission ab. Kroatien wird sogar als Musterschüler gehandelt — sollten die Euro-Gruppe und der Europäische Rat der Empfehlung der Kommission zustimmen, könnte das Land die Gemeinschaftswährung schon am 1. Januar 2023 einführen.
Rumänien ist zwar sechs Jahre früher als Kroatien in die EU aufgenommen worden und 2016 erfüllte das Land drei der vier notwendigen Kriterien, um auch der Währungsunion beizutreten. Doch es haperte am damals schwankenden Wechselkurs und an der mangelnden Kohärenz der Wirtschafts- und Finanzpolitik der rumänischen Regierungen jeglicher politischer Couleur. Ob links, liberal oder in Koalition — alle Regierungen der letzten Jahre haben keine Maßnahmen getroffen, die den Konvergenzkriterien zuträglich gewesen wären.
Hinzu kam die Pandemie der letzten zwei Jahre, die der Wirtschaft und Gesellschaft hart zugesetzt haben. Oben drauf kommt der russische Invasionskrieg in der benachbarten Ukraine, dessen langfristige Folgen noch unabsehbar sind. Wie in anderen Ländern auch muss man sich in Rumänien zunächst mit den unmittelbaren Auswirkungen des Kriegs und der inkohärenten Politik der Regierung auseinandersetzen: In den letzten Monaten sind die Preise förmlich explodiert, die Zinsen schnellen kontinuierlich in die Höhe, der öffentliche Finanzsektor ist alles andere als solide und nachhaltig, und das Land ist ständig auf Darlehen angewiesen. Alles in allem — das klingt nicht nach einer gesunden Volkswirtschaft.