Venedig-Kommission gibt unter Vorbehalt grünes Licht für Verfassungsrevision
Die Verfassungsrevision ist, neben der Regionalisierung, von absoluter Dringlichkeit für die politische Klasse in Rumänien. Jetzt hat auch die Venedig-Kommission, Einrichtung des Europarates, einen Standpunkt zum Änderungsentwurf veröffentlicht.
Florentin Căpitănescu, 26.03.2014, 17:28
Nicht selten hat die aktuelle Verfassung Rumäniens genügend Schwachstellen an den Tag gelegt. Es waren vor allem geschickte Politiker, die je nach der eigenen Agenda die Lücken nach Belieben ausnutzen. Das heute geltende Grundgesetz bzw. die nach der Revision 2003 verabschiedete Fassung behält viele der Bestimmungen der Originalversion von 1991. Damals hatten die erste post-kommunistische Landesführung den Grundstein für ein demokratisches Rumänien gelegt, das inzwischen Mitglied der NATO und EU ist. Aus den genannten Gründen spricht sich die allgemeine Öffentlichkeit jetzt für ein erhebliches Upgrade der Verfassung, die mit der Entwicklung der rumänischen Gesellschaft womöglich nicht Schritt gehalten hat.
Indes hat ein Sonderausschuss des Parlaments einen Entwurf für das neue Grundgesetz erarbeitet, der auch der Venedig-Kommission vorgelegt wurde. Die Kommission muss darüber wachen, dass die Änderungen an der Verfassung internationale Praktiken und internationales Recht einhalten. Die Einrichtung, die zum Europarat gehört, gab grünes Licht für das Dokument, schätzte jedoch dabei, dass bestimmte Kapitel noch verbesserungswürdig seien, darunter einige der empfindlichen Stellen.
Die Venedig-Kommission ist unter anderem der Ansicht, dass die Formulierungen zu der Regierungsform und den Zuständigkeiten des Präsidenten und Ministerpräsidenten unklar sind. Ferner empfiehlt sie die Einschränkung der Verfahren bei Dringlichkeitsverordnungen sowie die Verbesserung der gesetzlichen Grundlage für die Tätigkeit des Obersten Magistratenrates — der Einrichtung, die für die Unabhängigkeit von Richtern und Staatsanwälten garantiert. Einzelheiten über die nächsten Schritte der Verfassungsrevision hat der Vizevorsitzende des Sonderausschusses des Parlaments, der Sozialdemokrat Ioan Chelaru:
Der Standpunkt des Ausschusses, des Verfassungsgerichts, des Legislativ-Rates und der Venedig-Kommission, die wesentlichen Aspekte dieser Standpunkte sollten zu einer Textversion führen, die von all diesen Grundeinrichtungen akzeptiert wird. Ich glaube, dass unser Ausschuss in einem Monat die Arbeit wieder aufnehmen wird und dann können wir eine eventuelle Verabschiedung durch das Parlament Anfang 2015 erwägen, sowie eine Volksbefragung dazu, im Herbst 2015.“
Die Opposition verwies indes, durch die Stimme des Geschäftsführers der PDL, Radu Carp, auf die amateurhafte Umsetzung des Entwurfs.
Das ist der schwerwiegendste Vorwurf gegenüber dem Revisionsentwurf seitens einer unabhängigen Stelle. Die PDL stellt hier die Frage warum diese Anstrengungen notwendig waren, um letztenendes zu beobachten, wie die Mitglieder der Venedig-Kommission und die Regierungsparteien sich elementäre Verwechslungen zwischen dem Parlamentssystem und dem semipräsidentiellen System erlauben.“
Experten sind jedoch der Meinung, dass die Verfassungsrevision in den Hintergrund geraten wird, vor allem aufgrund der bevorstehenden Wahlkämpfe, für die sich die Politiker in diesem Jahr rüsten werden.