Ukraine möchte Zugang zum Unterricht in der Muttersprache einschränken
Die dramatische Einschränkung des Zugangs zur Bildung für die ethnischen Minderheiten in der Ukraine durch ein neues Bildungsgesestz sorgt für Unruhe in Europa, von Bukarest bis nach Athen, von Budapest bis nach Sofia.
Bogdan Matei, 15.09.2017, 16:36
Vor dem Hintergrund der jungen diplomatischen Spannungen zwischen Rumänien und Ungarn, gibt es sehr selten Themen, wo die Außenminister der beiden Nachbarstaaten einen gemeinsamen Standpunkt vertreten. Dennoch übermittelten Teodor Meleşcanu und Peter Szijjarto, gemeinsam mit ihren Amtskollegen aus Bulgarien, Ekaterina Zakharieva, und aus Griechenland, Nikos Kotzias, dem Kiewer Chefdiplomat Pavlo Klimkin, dem Generalsekretär des Europarates Thorbjorn Jagland und dem Hohen Kommissar der OSZE für Landesminderheiten Lamberto Zannier einen gemeinsamen Brief.
Darin äußern sie die Besorgnis und das tiefste Bedauern wegen der jungen Verabschiedung durch die Obere Rada des Bildungsgesetzentwurfes in der Ukraine. Diese gemeinsame Handlung, so die Urheber, liegt im Interesse der unterzeichnenden Parteien, die Rechte der Landesminderheiten zu wahren. Sie wenden sich an die ukrainischen Behörden, um konkrete Maßnahmen diesbezüglich, im Sinne der Zusammenarbeit und der strengen Einhaltung der einschlägigen internationalen Normen und Standards zu finden.
Das angefochtene Gesetz, das von Präsident Petro Poroschenko promulgiert werden muss, um in Kraft zu treten, schränkt den Zugang zur Bildung in der Muttersprache für die zahlreichen Minderheitengemeinden in der Ukraine ein – Es handelt sich dabei um Russen, Rumänen, Ungarn, Bulgaren, Griechen, Polen usw. Das besagte Gesetz sieht vor, dass in Lyzeen und Hochschulen nur auf Ukrainisch unterrichtet wird. Dabei soll die Bildung in den Sprachen der Minderheiten nur in Kindergärten und Grundschulen möglich sein.
Laut Analytikern richte sich dieser Intoleranzausdruck vor dem Hintergrund des offenen Konflikts mit Moskau, eigentlich nur gegen die Millionen Russischsstämmigen im Osten und im Süden der Ukraine. Die anderen Minderheiten seien somit nur Nebenopfer. Der demografische Anteil der rumänischen Minderheit ist der zweitgrößte, nach den Russen. Rund eine halbe Million Rumänen leben in dem Nachbarland. Die meisten von ihnen leben in den von der Sowjetunion 1940, infolge eines Ultimatums annektierten Gebieten. Diese wurden 1991 von der Ukraine als Nachfolgerstaat übernommen.
In ihrem Namen forderte der Abgeordnete Grigore Timiş, gemeinsam mit zwei Kollegen in der Rada, einem Ungarisch-, bzw. einem Bulgarischstämmigen Präsident Poroschenko auf, dieses Gesetz nicht zu promulgieren. Infolge der Inkraftsetzung würden Bürger der Ukraine ihr Recht verlieren ihre Unterrichtssprache frei zu wählen“.
Zuvor hatten sowohl die Bukarester Diplomatie als auch das Bukarester Ministerium für die Rumänen von Überall ihre Unzufriedenheit gegenüber den Gesetzesvorschriften gäußert. Aus der Opposition warf der liberale Parteiführer Ludovic Orban den Behörden eine verspätete Reaktion vor. Er forderte den Rücktritt der Ressortministerin Andreea Păstârnac. Die Partei Volksbewegung forderte die dringliche Einberufung des gemeinsamen rumänisch-ukrainischen Präsidentschaftsausschusses, um Kiew zu veranlassen, die Einführung des neuen Gesetzes zu überdenken.