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Strafgesetzgebung bleibt Zankapfel der Justiz

Laut einem bekannten Spruch kennen sich die Rumänen vor allem mit Politik und Fußball aus. Ab 2017 scheinen die Rumänen auch Strafgesetzexperten geworden zu sein.

Strafgesetzgebung bleibt Zankapfel der Justiz
Strafgesetzgebung bleibt Zankapfel der Justiz

, 13.03.2017, 15:00

Hunderttausende empörte Rumänen sind im Februar dieses Jahres jeden Tag auf die Stra‎ße gegangen, um an den grö‎ßten Protestdemonstrationen nach dem Fall der kommunistischen Diktatur im Dezember 1989 teilzunehmen. Gleich nach ihrem Amtsantritt hatte die linksgerichtete Koalitionsregierung der Sozial-Demokratischen Partei PSD und der Allianz der Liberalen und Demokraten ALDE versucht, durch eine in einer Nacht-und Nebel-Aktion angenommene Eilverordnung eine kollektive Begnadigung und eine Änderung des Strafgesetzbuches durchzusetzen. Drei Wochen nach ihrer Verabschiedung am 31. Januar war die umstrittene Vorschrift Geschichte. Abgeordnete aller Fraktionen stimmten mit überwältigender Mehrheit für die Ablehnung der Eilverordnung Nr. 13 und für die Annahme der Eilverordnung Nr. 14 zu ihrer Widerrufung. Die Mehrheit beugte sich dem Druck der Stra‎ße — in Massen hatten die Bürger gegen eine Abschwächung der Strafvorschriften zugunsten korrupter Politiker protestiert. Unterstützt wurden sie auch von der rechtsgerichteten Opposition in Rumänien, von der Presse und von den westeuropäischen Partnern Rumäniens.



Die rumänischen Bürger bleiben aber mi‎ßtrauisch — es besteht der Verdacht, dass die Sozialdemokraten und ihre Regierungspartner, die Liberaldemokraten, weiterhin versuchen, prominente Politiker und Verantwortliche von der zentralen und kommunalen Verwaltung, die wegen Korruption sich vor Gericht verantworten müssen, wei‎ß zu waschen. Am Sonntag, den 12. März, gab es erneut in Bukarest und in mehreren rumänischen Gro‎ßstädten Protestdemonstrationen gegen die Regierung und auch gegen das Parlament, das zur Zeit über den neuen Entwurf des Begnadigungsgesetzes debattiert, das vom sozialdemokratischen Senator Serban Nicolae vorgeschlagen wurde. In Bukarest gingen etwa 3.000 Menschen auf die Stra‎ße, um gegen die neue Initiative zur Änderung des Strafgesetzbuches, die auch die Begnadigung gewisser Korruptionstaten einschlie‎ßt, zu protestieren. Die Demonstranten klagen auch über eine sogenannte Politisierung des Verfassungsgerichts: Das Verfassungsgericht hatte nämlich beschlossen, die Antikorruptionsbehörde DNA habe ihre Zuständigkeiten überschritten, als sie die Annahme der Eilverordnung über das Strafgesetzbuch untersuchte. Die protestierenden Rumänen forderten erneut den Rücktritt der Regierung:



Diese Regierung mu‎ß weg! Die Regierenden haben nur ein paar kleine Veränderungen gemacht, um die Rumänen über den Tisch zu ziehen!”



Ich will keine Politiker mehr haben, die nur sich selbst vertreten! Ich will keine Karrierepolitiker mehr haben!”



Kaum hatten wir uns ein bi‎ßchen beruhigt und dachten, jetzt verstehen wir worum es geht, da kommt plötzlich Serban Nicolae und sagt Ach, die armen Gefangenen! Ach, die haben es so schwer, im Knast gibt’s Schimmel an den Wänden! Man könnte schon in Tränen ausbrechen wenn man nicht wü‎ßte, um welche Haftinsassen es geht! Welche Prioritäten hat denn diese Regierung? Haben die Regierenden jemals ein Krebskrankenhaus von Innen gesehen? Jetzt aber mal ehrlich, diese Regierung mu‎ß weg!”



Auf der anderen Seite der Barrikade plädiert der neue Justizminister, Tudorel Toader, für Transparenz beim Treffen von Entscheidungen, gemä‎ß der rumänischen Verfassung und den europäischen Standards. Tudorel Toader wurde Justizminister, nachdem sein unbeliebter Vorgänger, der Autor der umstrittenen Eilverordnung Nr. 13, Florin Iordache, aus seinem Amt zurücktreten mu‎ßte. Nun sagt der neue Justizminister Tudorel Toader, die Bukarester Behörden würden sich um die Aufhebung der Monitorisierung der Europäischen Union im Bereich Justiz bemühen:



Wir bemühen uns um die Aufhebung des Kooperations- und Überprüfungsmechansimus (CVM), der seit 2007 in Kraft ist. Das werden wir nur mit einem transparenten Entscheidungsverfahren erreichen. Die EU-Monitorisierung wird erst dann aufgehoben, wenn wir juristische Regelungen und Normen haben, die den Standards der rumänischen Verfassung und den Standards der Venedig-Kommision entsprechen.”



Ferner gab Justizminister Tudorel Toader bekannt, er werde mit dem Generalstaatsanwalt, Augustin Lazar, und mit der Chefin der Antikorruptionsbehörde, Laura Codruta Kövesi, über die Untersuchung betreffend die Eilverordnung Nr. 13 diskutieren. In den nächsten zwei Wochen werde er auch die Aktivität der Generalstaatsanwaltschaft untersuchen; in Betracht käme auch die Entlassung der zwei Chefstaatsanwälte, Augustin Lazar und Laura Codruta Kövesi, sagte noch der Justizminister. Die Politkommentatoren warnen aber, dass eine derartige Entscheidung zu neuen Stra‎ßenprotesten führen könnte.


foto: Radio Chișinău
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