Start ins neue Schuljahr: Änderungen und starke Kritik an Ressortminister
Fast 3 Millionen Schüler und Vorschulkinder sind am Montag in Rumänien wieder zur Schule gegangen. Das neue Schuljahr bringt viele Neuerungen, einige davon in der Öffentlichkeit stark kritisiert.
Bogdan Matei, 05.09.2022, 15:56
Da nach Meinung von Experten der Beginn des Schuljahres eine neue Corona-Welle auslösen könnte, hat das Gesundheitsministerium die Empfehlungen zum Tragen von Mundschutz in geschlossenen Räumen und an Orten, an denen sich viele Menschen aufhalten, bekräftigt. Von den Lehrern wird erwartet, dass sie kranke Schüler identifizieren und sie in den schulärztlichen Dienst bringen. Fälle von Ansteckung mit dem neuen Coronavirus sollen von den Lehrern oder alternativ von den Eltern an die Leitung der jeweiligen Bildungseinrichtung gemeldet werden. Die Ärzte empfehlen den Schülern außerdem, sich so oft wie möglich die Hände zu waschen, und den Schulen, Möbel und Gegenstände, mit denen die Schüler ständig in Berührung kommen, täglich zu desinfizieren.
Ansonsten bietet das neue Schuljahr mehrere Neuerungen, die vom Bildungsministerium beschlossen wurden und teilweise von Lehrern, Schülern und Eltern schlecht aufgenommen wurden. Die zwei Halbjahre werden durch fünf Unterrichtsmodule ersetzt, die sich mit fünf Ferienzeiten abwechseln. Die Benotung am Ende des Semesters wird nicht mehr obligatorisch sein und die Halbjahr-Notendurchschnitte in jedem Fach werden durch einen einzigen Notendurchschnitt im Jahr ersetzt. Eine weitere Änderung, die dieses Jahr verabschiedet wurde, ist die Abschaffung der Regeln, die den Prozess der Entfernung von Schülern aus Schulen regeln, da die Primar- und Sekundarschulbildung in Rumänien obligatorisch ist. Diese Maßnahme gilt auch für die Hochschulbildung, die freiwillig ist. In diesem Schuljahr wird der Durchschnitt der Mittelstufe (5. bis 8. Klasse) bei der Berechnung des Durchschnitts für die Zulassung zum Gymnasium nicht mehr berücksichtigt.
Diese Neuerungen sind nur ein Teil des Reformpakets, das Sorin Cîmpeanu, liberaler Bildungsminister vorantreibt. Sorin Cîmpeanu, der das Bildungsressort im Vergleich zu seinen Vorgängern erst seit relativ kurzer Zeit innehat ist bei den Fachleuten des Systems, von Akademikern bis zu Lehrern in Kleinstädten und von Universitätspräsidenten bis zu Schülervereinigungen, umstritten. Petitionen, die ihn zum Rücktritt auffordern, haben relativ schnell Zehntausende Unterschriften gesammelt.
Die Frustration der Führungskräfte im nationalen Bildungssystem ist laut der jüngsten Umfrage der Organisation World Vision offensichtlich. Zwei von drei rumänischen Lehrern betonen immer noch, dass der Lehrplan nach wie vor zu voll ist und dass der Schulabbruch auch in diesem Jahr ein unlösbares Problem bleibt. Aufgrund der Armut können sich 35% der Teenager nicht alle notwendigen Schulmaterialien und Bücher leisten. Einer von zehn Elternteilen ist gezwungen, mindestens ein Kind vorübergehend oder dauerhaft aus der Schule zu nehmen. Die Hälfte der Lehrer gibt an, dass sie von der mangelnden Beteiligung der Eltern an der Bildung ihrer Kinder entmutigt werden. 65% der Lehrer fordern zusätzliche Mittel für Schullabors und Sportstätten.
All dies zeichnet ein sehr deprimierendes Bild vom so genannten „Gebildeten Rumänien“, dem Programm, das vor vielen Jahren von Präsident Klaus Iohannis initiiert wurde, der selbst Physiklehrer war, bevor er in die Politik ging.