Staatsanwaltschaft enthüllt Verstrickungen im Fall Bica
Rumänische Antikorruptions-Staatsanwälte sind in einem Fall von vermutlicher Gewährung von überbewertetem Schadensersatz auf weitere mögliche Straftaten gestoßen. Es könnte sich dabei um schwerwiegenden Amtsmissbrauch handeln.
Roxana Vasile, 15.12.2014, 17:43
Die OK-Bekämpfungsstelle der Generalstaatsanwaltschaft hat am Freitag eine Bilanz gezogen. In den vergangenen 10 Jahren hat sie fast 65.000 Fallakten bearbeitet, in über 10.000 Fällen wurden Anklageschriften erarbeitet und über 30.000 Personen angeklagt. Die aktuelle Führung der Behörde jubelt. Allerdings nur zur Hälfte, glauben viele Beobachter.
Zur Zeit wird die Direktion zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität interimistisch geleitet. Das, nachdem die Ex-Chefin der rumänischen Anti-Mafia-Stelle, Alina Bica, selbst in einem Korruptionsfall verhaftet wurde. Sie wird des Amtsmissbrauchs verdächtigt, eine Tat, die sie als Mitglied des Aussschusses für die Rückgabe von unter dem kommunistischen Regime beschlagnahmten Grundstücke, begangen haben soll. Bica soll 2011 einen Schadensersatz in Höhe von 84 Millionen Euro für einen Geschäftsmann bewilligt haben, obwohl das betroffene Grundstück in Bukarest angeblich einen viel geringeren Wert hatte. Die Entscheidung wurde auch von weiteren Mitgliedern des Ausschusses gebilligt, der entstandene Schaden soll sich laut Angaben von Ermittlern auf mehr als 60 Millionen Euro belaufen.
Die Verwicklungen in dieser Affäre sind jedoch vermutlich noch tiefer und umfassender. Mit jeder Ermittlung kommen auch andere Straftaten ans Tageslicht, wie die jüngsten Enthüllungen vom Sonntag belegen. Seitdem ist nämlich bekannt, dass gegen Alina Bica, die derzeit in U-Haft sitzt und ihres Amtes enthoben wurde, auch in einem weiteren Fall ermittelt wird: Staatsanwälte vermuten, dass sie von einem weiteren Unternehmer ein Schmiergeld in Höhe von 3,5 Millionen Euro erhalten hat, um das gegen diesen laufende Strafverfahren bis zur Verjährungsfrist hinauszuschieben. Der Unternehmer soll Bica ferner das Amt des Oberstaatsanwaltes in Aussicht gestellt haben, eine Ernennung, die er angeblich dank seinen Beziehungen zur Politik in die Wege leiten konnte. Der derzeitige Vize-Ministerpräsident Liviu Dragnea hätte Bica dafür Unterstützung geboten, den Vorwurf lehnte der Sozialdemokrat allerdings entschlossen ab.
Ich höre diese Information zum ersten Mal und….sicherlich, wäre es nicht sehr traurig, könnte man darüber lachen. Gott behüte, wie könnte ich so etwas tun? Mir wurde gesagt, dass ich den Namen des Oberstaatsanwalts vorgeschlagen haben soll. Ich bin doch kein Justizminister, ich war nie Justizminister, wem soll ich sie dann vorschlagen?“ (Liviu Dragnea)
Indes gehen die Ermittlungen der Anti-Korruptions-Staatsanwälte zum unrechtmäßigen Schadensersatz weiter. Die extrem komplizierten Verstrickungen dahinter und die gehandelten Geldsummen sind für den Durchschnittsbürger schwindelerregend. Alina Bica soll zum Beispiel ein Grundstück bei Bukarest erhalten haben, ohne etwas dafür zu zahlen. Auch der Geschäftsmann Dorin Cocos, bis 2013 Ehemann der präsidentennahen Vorsitzenden der Volksbewegung, Elena Udrea, soll verwickelt sein. Sein Sohn und die Ex-Ehefrau Udrea, die in diesem Herbst bei der Präsidentenwahl angetreten war, sollen von der Entschädigungen finanziell profitiert haben. Die Vorsitzende der Volksbewegung, die bekanntlich mit Bica befreundet ist, leugnet die Verwicklung in den Fall.