Sonderrenten sollen stärker besteuert werden
In Rumänien landet das eben verabschiedete Gesetz zur Besteuerung der Sonderrenten vor dem Verfassungsgericht.
Corina Cristea, 19.06.2020, 13:15
Als entscheidende Kammer hat das Abgeordnetenhaus am Mittwoch dem Entwurf einer Änderungsvorschrift zugestimmt, die eine Abgabe auf Altersbezüge einführt. Der Entwurf war 2019 angenommen und im Plenum von allen Fraktionen getragen worden. Nach Ansicht der Abgeordneten war es eine Initiative für soziale Gerechtigkeit vor dem Hintergrund der schwindelerregenden Gefälle zwischen den Renten aus dem öffentlichen Versicherungssystem und jenen, die aufgrund von Sondergesetzen aus der Staatskasse bezahlt werden. Der oft zitierte eklatanteste Fall ist der einer Rente von umgerechnet 15 Tausend Euro, die ein früherer Staatsanwalt und Leiter einer kommunistischen Strafvollzugsanstalt bekommt — in einem Land, wo die durchschnittliche Rente bei etwas mehr als 250 Euro liegt. Nach der neuen Vorschrift, die Oppositions- und Regierungsfraktionen unterstützen, sind Renten von bis zu 2.000 Lei (etwa 410 Euro) steuerfrei und jene zwischen 2.000 und 7.000 Lei (rund 1450 Euro) werden mit 10% besteuert. Was über 7.000 Lei liegt, wird mit 85% besteuert.
In Rumänien bekommen unter anderen Richter und Staatsanwälte, aber auch Lokalpolitiker solche Renten. Zudem haben Angehörige des Militärs Anspruch auf Sonderrenten. Die am Mittwoch genehmigte Vorlage ließ jedoch die Parlamentarier außen vor — in ihrem Fall war eine Änderung der sogenannten Satzung notwendig. Am Donnerstag kam das Parlament also wieder zusammen, revidierte die Vorschrift zur Änderung des Steuergesetzbuches und verabschiedete eine progressive Besteuerung auch im Falle der Parlamentarier. Die Vorgangsweise war nicht unumstritten. Die Union zur Rettung Rumäniens wandte ein, dass das Planum eigentlich einen Entwurf zur Abschaffung der Spezialrenten auf die Tagesordnung setzen und annehmen sollte — hingegen sei über die Besteuerung von Parlamentarierrenten per Steuergesetzbuch nicht im Plenum abzustimmen. Weil praktisch über die Besteuerung zweimal abgestimmt wurde — am Mittwoch in der Abgeordnetenkammer UND am Donnerstag im Plenum — werde das Verfassungsgericht das Gesetz ablehnen, befürchtet Unionschef Dan Barna. Er warf den Kollegen vor, Dynamit an den verfassungsrechtlichen Unterbau des Gesetzes gelegt zu haben.
Die anderen Fraktionen der PSD und PNL erklärten, dass Beschlüsse des Verfassungsgerichts es notwendig machen, dass Änderungen an der Parlamentssatzung nur im Plenum zu erfolgen haben. Beide zeigten sich überrascht, dass die Union sich einer Maßnahme zugunsten der sozialen Gerechtigkeit widersetzt.
Wie viele es erwarteten, ist das Verfassungsgericht in der Sache bereits angerufen worden — einmal vom OGH, einmal von der Ombudsfrau. Der OGH rügt, dass die jüngere Rechtsprechung zur Frage der Renten ignoriert und mehrere Grundsätze verletzt werden — darunter das Prinzip der Steuergerechtigkeit und die Unabhängigkeit der Justiz. Das Verfassungsgericht hatte gerade letzten Monat ein Gesetz zur Abschaffung der Spezialrenten als verfassungswidrig eingestuft. Kläger waren ebenfalls der OGH und die Ombudsfrau.