Senat stimmt widersprüchlich über Festnahme und Untersuchungshaft von Politikern ab
In Rumänien bedarf die Festnahme von Politikern oder die von Staatsanwälten angeordnete U-Haft der Zustimmung des Parlaments. Zwei jüngste Fälle legen den Verdacht nahe, dass die Abgeordneten hier offensichtlich mit doppeltem Maß messen.
Florentin Căpitănescu, 26.03.2015, 17:10
In Rumänien bedarf die Festnahme von Politikern oder die von Staatsanwälten beantragte U-Haft der Zustimmung des Parlaments. Zwei jüngste Fälle legen den Verdacht nahe, dass die Abgeordneten hier offensichtlich mit doppeltem Maß messen. Während die Festnahme des ehemaligen Finanzministers Vâlcov einhellig genehmigt wurde, scheiterte ein ähnlicher Antrag der Antikorruptionsbehörde (DNA) gegen den ehemaligen Transportminister Dan Şova am Votum der Senatsabgeordneten. Bis auf die seit einiger Zeit losgetretene Antikorruptionskampagne war der Schulterschluss der Parlamentarier keine Seltenheit in der postkommunistischen Geschichte des Landes.
Dan Şova ist Mitglied der Sozialdemokratischen Partei (PSD), die Rumänien seit 2012 wieder regiert. Er wird der Fälschung und Zerstörung von Beweisen in einem Fall beschuldigt, wo der Schaden auf 3,5 Millionen Lei (circa 800.000 Euro) geschätzt wird. Die mutmaßlichen Taten soll er in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrzehntes begangen haben. Şova soll durch seine Beratungsfirma Verträge mit zwei Energieunternehmen unterzeichnet und öffentliche Gelder für eigene Geschäftszwecke veruntreut haben.
Durch das Votum in Parlament darf er auf freiem Fuß bleiben und sich verteidigen. Die liberale Opposition und die Medien meinen, er verdanke seine Verschonung der privilegierten Beziehung zum Premierminister Victor Ponta. Şova, Pontas ehemaliger Kommilitone und Freund, war zweimal Minister, Parteisprecher sowie Mitglied des Wahlkampfteams für die Präsidentschaftswahlen im vergangenen November.
Die Abstimmung im Senat führte erneut zu Diskussionen über die umstrittene Immunität der Parlamentarier und über Moralstandards in der Politik einer demokratischen Gesellschaft. Dass man im Senat aber auch anders abstimmen kann, hatte sich am Mittwoch gezeigt, als ein ähnlicher Antrag der Antikorruptionsstaatsanwaltschaft DNA gegen den ehemaligen Finanzminister Darius Vâlcov, Şovas Parteikollege, genehmigt worden war. Vâlcov soll als Bürgermeister des südrumänischen Slatina im Zeitraum 2008-2009 zwei Millionen Euro an Bestechungsgeldern für die Vergabe öffentlicher Aufträge an bestimmte Unternehmen erhalten haben. Die Staatsanwälte behaupten, Vâlcov habe seine seltsamen Gepflogenheiten auch als Senator und Finanzminister an den Tag gelegt, so dass ein neues Strafverfahren und ein neuer Antrag auf Zustimmung des Parlaments zur Festnahme und Untersuchungshaft eingeleitet wurden.
Ebenfalls am Mittwoch hat die Abgeordnetenkammer den Antrag der Antikorruptionsbehörde auf Festnahme und Untersuchungshaft des Liberalen Theodor Nicolescu genehmigt. Nicolescu wird Vorteilsannahme und Amtsmissbrauch vorgeworfen. In derselben Ermittlungsakte wurde der ehemalige Chef der Nationalen Integritätsbehörde, Horia Georgescu, für 30 Tage festgenommen. Horia Georgescu wird angelastet, Immobilien, für die staatliche Ausgleichszahlungen geleistet werden sollten, absichtlich überbewertet zu haben. Somit sei ein Schaden von 72 Millionen Euro zugefügt worden.