Rumänische Justiz ermittelt unbeirrt gegen Spitzenpolitiker
In Rumänien mahlen die Mühlen der Justiz trotz Wahlkampf langsam aber stetig weiter - unbeirrt gehen Staatsanwälte nach wie vor gegen die Korruption in der Politik vor.
Bogdan Matei, 07.11.2014, 13:33
Die politischen Wirren und der in der heißen Phase tobende Wahlkampf für die Präsidentschaftswahlen lassen die Beamten der Antikorruptionsstaatsanwaltschaft DNA offensichtlich kalt. Ihr Interesse gilt seit einiger Zeit einflussreichen Lokalpolitikern, die ihre Wahlkreise zur persönlichen Hochburg erklärt und unter dem Anschein der Strafffreiheit wie Ortsherren regiert haben sollen. Viele Jahre galten sie als unantastbar, jetzt werden sie vor Gericht angeklagt oder landen in Untersuchungshaft.
Gleich zwei große Fische sind in der Nacht zum Freitag den Ermittlern ins Netz gegangen. Der Sozialdemokrat Nicuşor Constantinescu war letzte Woche aufgrund einer Interpol-Fahndung in der Türkei festgenommen worden, nachdem er sich zuvor aus medizinischen Gründen sechs Monate in den USA aufhielt und mehrere Vernehmungstermine bei der Staatsanwaltschaft verpasste. Constantinescu wird im Moment dem Haftrichter vorgeführt, die Staatsanwälte beantragen Untersuchungshaft. Der Landeskreischef von Constanţa soll als korrupte Schlüsselfigur zusammen mit Radu Mazare, dem schillernden Stadtherrn von Constanţa, die Geschäfte in der reichen Schwarzmeerregion mitsamt ihren Hafenanlagen kontrolliert haben. Gegen ihn laufen gleich drei Verfahren wegen Amtsmissbrauch und Vorteilsannahme.
Auch sein Parteifreund Tudor Pendiuc steckt in Schwierigkeiten – der altgediente Bürgermeister der südrumänischen Automobilstadt Piteşti, die er seit 1992 fest in der Hand hat, ist am Donnerstagabend nach mehreren Stunden Vernehmung unter dem Verdacht des Amtsmissbrauchs und Bestechlichkeit festgenommen worden. Mit ihm wurden weitere vier mutmaßliche Komplizen in Gewahrsam genommen, darunter Pendiucs eigene Tochter Ema.
Doch nicht nur auf Kommunal- und Regionalpolitiker der als Seniorpartner regierenden Sozialdemokraten haben es die Staatsanwälte von der DNA abgesehen. Auch die von namhaften Oppositionspolitikern regierten Nachbarstädte Bacău und Piatra-Neamţ im Nordosten Rumäniens sind in diesem Jahr ohne Bürgermeister geblieben – der Liberale Romeo Stavarache bzw. der Liberaldemokrat Gheorghe Ştefan, der ein enger Vertrauter von Staatspräsident Traian Băsescu ist, sitzen ebenfalls unter Korruptionsverdacht in Untersuchungshaft. In Braşov ermitteln Staatsanwälte in einer umfangreichen Korruptionsaffäre auch gegen den Präsident des Landeskreisrates Aristotel Căncescu – einen liberaler Amtskollege von Nicuşor Constantinescu sozusagen.
Das sind keine kleinen Fische. Sie waren in früheren Wahlkämpfen Schlüsselakteure gewesen, die aufgrund der Kontrolle über Bürgermeister, örtliche Unternehmer oder sogar Sozialhilfeempfänger eine Wählermasse zur Verfügung hatten, die sie nach Belieben einsetzen konnten. Dass sie jetzt nicht mehr in ihren opulenten Verwaltungspalästen sondern in Haftanstalten sitzen, könnte sich durchaus auch auf die lokalpolitische Szene auswirken, vermuten Politikexperten.