Rumäniens Problem mit anonymen Telefonkarten
Im Kontext der Terroranschläge in Brüssel wird in Rumänien immer mehr über den Umgang mit anonymen Prepaid-Karten diskutiert – denn nach bestimmten Informationen könnten sie zur Vorbereitung von Attentaten im Ausland eingesetzt worden sein.
Florentin Căpitănescu, 31.03.2016, 17:33
Wer in Rumänien vollkommen anonym telefonieren will, kann es theoretisch problemlos tun — Guthabenkarten für den Mobilfunk sind überall zu kaufen, auch an Automaten in der Stadt. Einen Personalausweis vorzeigen muss anders als in vielen europäischen Ländern niemand. Seit langem sind diese anonymen Prepaidkarten ein Dorn in den Augen der Sicherheitsbehörden. Ein Gesetz, das Käufer zur Identifizierung zwingt, kippte das Verfassungsgericht im Herbst 2014. Vor dem Hintergrund der Anschläge in Paris und neulich Brüssel flammt die Diskussion wieder auf — Premierminister Dacian Cioloş sagte in einem Fernsehinterview, dass rumänische Prepaidkarten zur Vorbereitung von Attentaten auf dem Gebiet der EU benutzt worden seien — allerdings ging er nicht darauf ein, ob es sich um die Anschläge in Brüssel gehandelt habe.
Der rumänische Inlandsgeheimdienst (SRI), der aufgrund von Ermittlungsinteresse die Offenlegung der Identität beim Kauf der Guthabenkarten verlangt, musste Farbe bekennen: Der Dienst ermittele tatsächlich zusammen mit westlichen Partnerbehörden, inwieweit solche Karten aus Rumänien in Gebieten mit terroristischer Gefährdungslage eingesetzt werden. Es gebe immerhin Indizien, dass aufgrund solcher Karten Bedrohungslagen für Transportinfrastrukturen in einem europäischen Land ausgegangen waren. Für den Geheimdienst ist es eine gute Gelegenheit, Druck für ein neues Gesetz auszuüben, das den Ansprüchen der Verfassungsrichter genügt — sie hatten damals bemängelt, dass die Vorschrift zur Vorlage eines Ausweises beim Kauf der Telefonkarten nicht genug Garantien bietet, dass die Daten unter Achtung des Grundrechtes auf Privatsphäre und des Telekommunikationsgeheimnisses gespeichert und genutzt werden können.
Das Gericht hatte sich damals auch auf einen Bericht der EU-Kommission berufen, demzufolge die Maßnahme bisher wenig wirksam gewesen sei. Doch seit Herbst 2014 hat sich vieles geändert. Wo bisher Sicherheit und Vertrauen herrschten, haben die Anschläge Misstrauen und Angst gesät. Ungewöhnliche Zeiten verlangen nach ungewöhnlichen Maßnahmen; westliche Experten rechnen mit tiefgehenden Änderungen der europäischen und jeweils nationalen Rechtslage. Nicht auszuschließen ist deshalb, dass die Frage der anonymen Prepaid-Karten per EU-Richtlinie geregelt wird.