Rumäniens Gasspeicher zu 87 % voll
Rumäniens Gasspeicher sind nahezu voll, und bei Bedarf könnte man auch die benachbarte Moldaurepublik beliefern, sagen die Behörden in Bukarest. Gasprom könnte die Gaslieferungen an die Moldaurepublik komplett einstellen.
Mihai Pelin, 04.10.2022, 13:41
Europa sieht sich in diesem Winter mit einem noch nie dagewesenen Risiko für seine Erdgasversorgung konfrontiert, nachdem Russland den Großteil seiner Gaslieferungen eingestellt hat; der alte Kontinent könnte gezwungen sein, mit Asien um teures Flüssiggas zu konkurrieren, das per Schiff verfrachtet wird, warnt die Internationale Energieagentur (IEA). Dem letzten Bericht der IEA zufolge müssten die EU-Länder ihren Gasverbrauch in kommenden Winter um 13 % reduzieren, wenn Moskau seine Gaslieferungen komplett einstellt. Die Hauptlast würden in dieser Hinsicht die individuellen Verbraucher — also die Bürger — tragen, doch auch Industrie und Versorgungsbetriebe müssten ihren Gasverbrauch drastisch einschränken. Ein weiteres im IEA-Bericht erwähntes Risiko wäre ein langer und frostiger Winter, denn die unterirdischen Gasspeicher arbeiten bei niedrigen Temperaturen langsamer, weil sie den notwendigen Druck nicht mehr schnell aufbauen können. Die EU hat zwar ihre Speicher zu 88% gefüllt und liegt damit schon über das selbstgesteckte Ziel von 80% vor Wintereinbruch, doch die IEA empfiehlt mindestens 90 % für den Fall, dass Russland seine Gaslieferungen an Europa komplett einstellt.
Rumäniens Gasspeicher haben derzeit einen Füllstand von 87 %, und Bukarest könnte im Notfall auch die Moldaurepublik teilweise beliefern, wenn Gasprom dem Nachbarland Rumäniens den Gashahn zudreht, versichert Premierminister Nicolae Ciucă:
Wenn wir es schaffen, Verträge für die Winterperiode rechtzeitig zu unterzeichnen, um das System im Gleichgewicht und die notwendigen Gasmengen auch an frostigen Tagen bereit zu halten, könnten wir auch der Moldaurepublik helfen. Sollte Gasprom seine Gaslieferungen an die Moldau einstellen, hätte das Nachbarland tatsächlich ein Problem. Rumänien könnte in dem Fall 5 Mio. Kubikmeter Gas täglich liefern, aber auch nicht mehr.“
Vor wenigen Tagen wurde in Sofia der Erdgas-Interkonnektor zwischen Griechenland und Bulgarien eingeweiht, der mehreren Staaten der Region helfen wird, in Energiefragen unabhängig von Moskau zu werden. An der Eröffnung nahmen hochrangige Politiker aus den Nutznießer-Staaten teil, Rumänien wurde von Premierminister Ciucă vertreten. Das Erdgas wird in Aserbaidschan gefördert und anschließend nach Griechenland und Bulgarien gepumpt. Von dort soll es nach Rumänien, Ungarn und Österreich weiterbefördert werden. Die Vier-Länder-Initiative Bulgarien-Rumänien-Ungarn-Österreich (kurz: BRUA) und die dazugehörende Pipeline dienen der Erschließung neuer Förderungswege für Erdgas in Europa. Premierminister Nicolae Ciucă hob die Wichtigkeit dieses Unterfangens hervor:
Durch diesen Interkonnektor wird das BRUA-Projekt praktisch umgesetzt, was uns gleichzeitig hilft, durch diesen Korridor auch die Moldaurepublik und die Ukraine mit Gaslieferungen zu unterstützen.“
Auch die EU hat die Bedeutung der BRUA-Pipeline erkannt — für die Bewerkstelligung des Interkonnektors zwischen Griechenland und Bulgarien hat Brüssel 200 Mio. Euro bereitgestellt.