Rumänien wird vom Europäischen Parlament unter die Lupe genommen
Das Europäische Parlament wird am Dienstag in Straßburg über eine Resolution betreffend die Einhaltung der rechtsstaatlichen Grundsätze in Rumänien abstimmen.
Corina Cristea, 12.11.2018, 15:00
Rumänien, das seit 2007 EU-Mitglied ist, und ab 1. Januar 2019 die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt, wird diese Woche von den EU-Einrichtungen unter die Lupe genommen. In Straßburg hat eine neue Plenartagung des Europäischen Parlaments begonnnen; am Dienstag stimmen die EU-Abgeordneten über eine Resolution betreffend die Einhaltung der rechtsstaatlichen Grundsätze in Rumänien ab. Ebenfalls am Dienstag veröffentlicht die Europäische Kommission in Brüssel ihren Bericht über das Kooperations- und Kontrollverfahren in Rumänien für das Jahr 2018.
Das Resolutionsprojekt des EU-Parlaments wurde vom Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres und von Vertretern der politischen Gruppierungen im EU-Parlament erarbeitet und enthält harte Kritik gegen das Parlament und die Regierung in Bukarest, meinen diejenigen, die den Entwurf gelesen haben. Die Entscheidungsträger in Brüssel kritisieren die Gesetzesänderungen, die von der Bukarester Legislative und Exekutive in den Bereichen Justiz, Bekämpfung der Korruption, Meinungsfreiheit und Situation der Nichtregierungsorganisationen durchgeführt wurden. Ferner enthält der Text der Resolution eine harte Verurteilung der gewalttätigen und disproportionierten Eingriffe der Ordnungskräfte gegen die Demonstranten bei der Protestdemonstration der Auslandsrumänen in Bukarest am 10. August, die gegen die Bukarester Regierung und gegen die Sozialdemokratische Partei, die wichtigste Partei der Regierungskoalition in Rumänien gerichtet war.
In der Resolution zeigen sich die EU-Einrichtungen besorgt über die neue Gesetzgebung in den Bereichen Zivilrecht und Strafrecht in Rumänien, vor allem über das Potential dieser neuen Gesetzgebung, die Unabhängigkeit der Justiz und die effiziente Bekämpfung der Korruption in Rumänien zu unterminieren; ferner sprechen die EU-Verantwortlichen über das Risiko einer Schwächung des Rechtsstaates in Rumänien. Die rumänischen Behörden werden aufgefordert, auf alle Maßnahmen zu verzichten, die die Korruption und den Amtsmissbrauch entkriminalisieren würden, und die Antikorruptionsstrategie in Praxis umzusetzen. Ferner werden das Parlament und die Regierung in Bukarest aufgefordert, alle Empfehlungen der Europäischen Kommission, der Staatengruppe des Europarats gegen Korruption (GRECO) und der Kommission in Venedig vollkommen umzusetzen und sich von allen Reformen zurückzuhalten, welche die Achtung des Rechtstaates und die Unabhängigkeit der Justiz verletzen könnten.
Ebenfalls am Dienstag veröffentlicht die Europäische Kommission in Brüssel ihren Bericht über das Kooperations- und Kontrollverfahren in Rumänien für das Jahr 2018; laut Pressemitteilungen würde dieser Bericht sehr harte Kritik gegen Rumänien enthalten. Bulgarien und Rumänien hatten bei ihrem EU-Beitritt am 1. Januar 2007 die Vorgaben in den Bereichen Justizreform sowie Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität noch nicht erreicht. Die Kommission hat das Kooperations- und Kontrollverfahren als Übergangsmaßnahme eingerichtet, um den beiden Ländern dabei zu helfen, die noch bestehenden Unzulänglichkeiten zu beheben. Fortschritte bei der Justizreform sowie bei der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität würden es den Bürgerinnen und Bürgern Bulgariens und Rumäniens ermöglichen, ihre Rechte als EU-Bürger in vollem Umfang wahrzunehmen.
Im Dezember 2006 nahm die Kommission Beschlüsse an, mit denen auch Kriterien (so genannte Benchmarks) für die Bewertung der Fortschritte festgelegt wurden. Die Benchmarks für Rumänien betrafen damals die Leistungsfähigkeit und Transparenz des Justizwesens, die wichtigsten Institutionen in Bereichen wie Integrität und Korruptionsbekämpfung auf allen Ebenen sowie Korruptionsbekämpfung.
Laut Pressemitteilungen würde die EU-Kommission in ihrem Bericht über Rumänien für das Jahr 2018 die Beibehaltung der 12 Benchmarks vom vorigen Jahr, und das Einführen von 5 weiteren Benchmarks empfehlen. Die 5 neuen Benchmarks würden sich auf die jüngsten Änderungen der Justizgesetze und die dazu angenommenen Dringlichkeitsverordnungen der Regierung beziehen. Die rumänische Regierung sollte die Empfehlungen der Staatengruppe des Europarats gegen Korruption (GRECO) und der Kommission in Venedig vollkommen umsetzen, die Entlassungen der Staatsanwälte rückgängig machen, das Verfahren zum Ernennen des Leiters der Nationalen Antikorruptionsbehörde DNA wiederaufnehmen und die Stellungnahme des Obersten Rates der Richter und Staatsanwälte bei der Ernennung oder Entlassung der Chefstaatsanwälte beachten — das wären in etwa die Forderungen der EU-Kommission an die Machthaber in Bukarest, schreibt die rumänische Presse.