Rumänien vor dem Misstrauensantrag
Drei Monate nach ihrer Einsetzung steht die liberale Minderheitsregierung vor ihrem ersten Misstrauensantrag der linken Opposition - am Montag wurde der Misstrauensantrag der Sozialdemokratischen Partei (PSD) und der UDMR verlesen,
Ştefan Stoica, 04.02.2020, 17:15
Die Regierung hat das Wahlgesetz auf dem Wege der Vertrauensfrage geändert, damit bei den im Sommer geplanten Kommunal- und Kreiswahlen wieder in zwei Runden gewählt wird. Das Verfahren der Vertrauensfrage gibt der Opposition das Recht, einen Misstrauensantrag einzureichen. Die Unterzeichner des Misstrauensantrags bekräftigen, dass die Exekutive dringend abgesetzt werden müsse, da die Änderung der Wahlgesetzgebung so kurz vor den Wahlen gegen die Entscheidungen des Verfassungsgerichts und die Empfehlungen der europäischen Institutionen verstöße. Die Beweggründe der Nationalliberalen Partei (PNL) seien rein politischer Natur und haben nichts mit den Interessen der Bürger zu tun, sagen die Initiatoren des Antrags.
Die Liberalen ihrerseits plädieren für eine größere Repräsentativität und Legitimität der in zwei Wahlgängen gewählten Bürgermeister. Selbst wenn sie während eines Wahljahres beschlossen wird, könne die Rückkehr zu einem Zwei-Runden-Wahlgang als eine Verbesserung der Wahlgesetzgebung angesehen werden; daher ist die PNL der Ansicht, dass sie nicht gegen die europäischen Empfehlungen in dieser Angelegenheit verstoßen würde.
Für die Annahme des Misstrauensantrags sind mindestens 233 Ja-Stimmen erforderlich. Der amtierende Präsident der PSD, Marcel Ciolacu, ist zuversichtlich, dass er sie bekommt. Außerdem sagt er, dass die Sozialdemokraten einen parteilosen Premierminister vorschlagen werden, wenn der Antrag Erfolg hat. „Ich bin sicher, dass wir jetzt alle Stimmen haben, die wir brauchen. Wir haben eine sehr konzentrierte Diskussion mit meinen Kollegen aus der Provinz und dem Parlament geführt, und es sieht so aus, als würden wir einen Vorschlag für einen Premierminister vorlegen, der nicht Mitglied unserer Partei ist. Ich werde niemals für eine PNL-Regierung stimmen und ich werde, solange ich amtierender Präsident dieser Partei bin, nicht empfehlen, dass Orban zum Premierminister gewählt wird“, sagt Ciolacu.
Premierminister Ludovic Orban, ist jedoch zuversichtlich, dass die Opposition scheitern wird:
„Die PNL-Parlamentarier werden im Plenum anwesend sein und vorbehaltlos gegen den Misstrauensantrag stimmen. Ich habe die Fraktionsvorsitzenden beauftragt, Verhandlungen mit allen Partnerfraktionen und einzeln mit den Parlamentariern zu führen, um sie zu überzeugen, dass es für Rumänien äußerst vorteilhaft ist, das kommunale Zwei-Runden-Wahlsystem anzunehmen .“
Wurde die Einreichung des Misstrauensantrags zunächst als eher symbolischer Schritt angesehen, weil die PSD sich kaum vorgezogene Wahlen wünscht, so hat sich die Wahrnehmung inzwischen geändert. Das Risiko, dass die Entlassung des Kabinetts zu vorgezogenen Wahlen führen würde – was für Orban ein Vorteil wäre – bleibt, aber die PSD hat erkannt, dass es von entscheidender Bedeutung ist, ihre Dominanz in den Provinzen zu erhalten. Und um dies zu tun muss sie um jeden Preis die Rückkehr zu den Kommunalwahlen mit zwei Runden verhindern. In einem Jahr, in dem sowohl Kommunal- als auch Parlamentswahlen anstehen geht es in der Politik hart auf hart und alles ist ergebnisoffen.