Rumänien im LIBE-Ausschuss des EP kritisiert
Der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des Europäischen Parlaments hat sich in einer außerordentlichen Sitzung mit der Situation der Rechtsstaatlichkeit in Rumänien befasst.
Bogdan Matei, 02.10.2018, 17:25
Hintergrund waren die Justizreform sowie die Demonstration am 10. August dieses Jahres in Bukarest, als mehrere Hundert Menschen beim Eingriff der Sicherheitskräfte verletzt wurden.
Die Beharrlichkeit, mit der die Regierungskoalition von PSD-ALDE seit ihrer Gründung im Januar 2017 die von ihren Anhängern als Reform der Justiz bezeichneten Novellen gefördert hat, führte zu Misstrauen und massiven Straßenprotesten. Aus Sicht der bürgerlichen Opposition, der Zivilgesellschaft und der Presse wollen die Machtpolitiker durch die Änderung der Strafgesetze und der Justizverwaltungsgesetze dem Anti-Korruptions-Kampf ein Bein stellen und Richter und Staatsanwälte der Politik unterordnen. Auf der anderen Seite behaupten PSD und ALDE, dass die Änderungen nur die nationalen Rechtsvorschriften in Übereinstimmung mit den Urteilen des Verfassungsgerichts und des EGMR bringen. Die in Bukarest nicht enden wollende Polemik wurde nun nach Straßburg exportiert, wo der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des Europäischen Parlaments am Montagabend in einer außerordentlichen Sitzung zur Situation in Rumänien zusammentrat. Das war ein Auftakt für die Debatte am Mittwoch, bei der im Plenum des Europäischen Parlaments über die gewaltsame Unterdrückung der Proteste gegen die Regierung am 10. August in Bukarest und im Allgemeinen über die Rechtsstaatlichkeit in Rumänien diskutiert werden soll.
Der Vizepräsident der Europäischen Kommission Frans Timmermans befürchtet, dass Gesetzesänderungen die rumänische Justiz behindern könnten — einschließlich in ihrer Fähigkeit, Korruption sowie andere Straftaten zu bekämpfen. Experten der EU würden die Änderungen sowie die Einhaltung der europäischen Rechtsvorschriften eingehend prüfen. Gelangt die Kommission zum Schluss, dass gegen die Regeln verstoßen wird, werde die Europäische Kommission alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, unter anderem auch, die Regierung vor Gericht zu bringen.
Die Situation hat sich verschlechtert. Ich versichere Ihnen, dass alle Entwicklungen in diesem Bericht gründlich bewertet und geprüft werden. Wie ich bereits mehrfach betont habe, wäre ein Rückschritt eine große Enttäuschung für die Freunde Rumäniens, aber vor allem für seine Bürger. Fortschritte wurden erzielt, aber sie sind nicht unumkehrbar. Im Gegenteil, die jüngsten Entwicklungen stellen diese Fortschritte infrage und gefährden daher unser gemeinsames Ziel, die Situation in Rumänien ins Positive zu verändern und so den Kooperations- und Verifizierungsmechanismus hinfällig erscheinen zu lassen“, sagte Frans Timmermans.
In Bukarest meinte der starke Mann der Koalition, der sozialdemokratische Spitzenpolitiker Liviu Dragnea, dass das LIBE-Treffen keine Debatte gewesen sei, sondern eine Liste vorher festgelegter Positionen, eine Vorverurteilung vor der Prüfung der Beweislage“. Călin Popescu-Tăriceanu, der Vorsitzende der ALDE, der Juniorpartner der Regierung, erklärte nur, dass Rumänien trotz der Kritik des Europäischen Parlaments die Tür zum Dialog mit den westlichen Partnern öffnen muss.
Tatsache ist, dass die Situation nicht nur in Europa, sondern auch in Übersee von Bedeutung ist. Auch der US-Botschafter in Bukarest, Hans Klemm, sagte am Montag, dass der Wandel in der Justiz Rumänien in die frühen 2000er Jahre zurückdränge, als Korruption auf höchster Ebene kennzeichnend war.