Republik Moldau – Urteil zugunsten der Präsidentin
Das Verfassungsgericht in Chisinau hat im Streit mit dem Parlament um vorgezogene Wahlen zugunsten von Präsidentin Maia Sandu entschieden.
Eugen Coroianu, 16.04.2021, 12:28
Die Unmöglichkeit der Regierungsbildung sei nach dem Urteil ein Umstand, der die Auflösung des Parlaments rechtfertigt. Die pro-europäische Präsidentin Maia Sandu hatte das Gericht angerufen, da die Abgeordneten zweimal innerhalb von drei Monaten daran gescheitert waren, eine neue Regierung einzusetzen, nachdem das Kabinett von Ion Chicu zurückgetreten war. Somit ist die Bahn frei für vorgezogene Wahlen.
Sandu, die Ende letzten Jahres zum Staatsoberhaupt gewählt wurde, behauptet laut Reuters, dass eine Mehrheit der Moldauer für vorgezogene Parlamentswahlen sei. Die politische Situation in Chisinau ist weiterhin instabil, mit einer Übergangsregierung und Spannungen zwischen Parlament und Präsidentschaft. Die Sozialisten von Igor Dodon und ihre parlamentarischen Verbündeten aus der Partei des flüchtigen Oligarchen Ilan Shor haben wegen der Pandemie den Notstand bis zum 31. Mai ausgerufen, aber keine klaren Maßnahmen zu deren Bekämpfung ausgearbeitet. Laut Verfassung kann das Parlament während des Ausnahmezustands nicht aufgelöst werden, und Experten sagen, dass der wahre Grund darin bestand, vorgezogene Wahlen zu verschieben. Die Sozialisten scheuen Neuwahlen, weil sie laut Umfragen riskieren, die Hälfte ihrer derzeitigen Parlamentssitze zu verlieren. Analysten glauben, dass sie auf verschiedene Weise alles tun werden, um eine vorzeitige Rückkehr zu den Urnen zu verhindern. Die Entscheidung, den Ausnahmezustand zu verhängen, wurde ebenfalls vor dem Verfassungsgericht angefochten, mit der Begründung, dass eine zurückgetretene Regierung kein Recht hätte, eine solche Maßnahme vorzuschlagen. In der Zwischenzeit werden die Mitglieder des Interimskabinetts wöchentlich von der Parlamentsvorsitzenden, Zinaida Greceanii, die die Sozialistische Partei vertritt, einberufen, um administrative Angelegenheiten zu besprechen. Der moldauische Verfassungsrechtler Teodor Cârnaț nennt die Situation einen Missbrauch und eine Verletzung des Prinzips der Gewaltenteilung. Ihm zufolge sei das Parlament ein Kollegialorgan, so dass die Minister die Lage des Landes im Plenum diskutieren sollten, nicht separat mit dem Präsidenten des Parlaments. Solche Treffen haben politische Zwecke, und die Sozialistische Partei versucht, ihre Kontrolle über die Regierung aufrechtzuerhalten, aber auch Signale an die Gesellschaft in einem Wahlkampfkontext zu senden, sagt ein anderer moldauischer Analyst, Veceslav Berbeca. Igor Dodon, der prorussische Vorgänger von Maia Sandu, hat zur Nichtanerkennung der Entscheidung des Verfassungsgerichts aufgerufen und den Rücktritt der Richter gefordert, da es sich um den Versuch eines „Verfassungsputsches“ handele. Die Entscheidung ist jedoch endgültig und nicht anfechtbar und wird mit dem Datum ihrer Verabschiedung wirksam.