Republik Moldau: Ist der Ausnahmezustand gerechtfertigt?
Die Republik Moldau ist seit dem 1. April, für zwei Monate, im Ausnahmezustand. Als Grund wird die Verschlechterung der epidemiologischen Situation angegeben. Doch der Verdacht, mit dieser Maßnahme vorgezogene Wahlen abwenden zu wollen, liegt nahe.
Roxana Vasile, 02.04.2021, 22:59
Die mehrheitlich rumänischsprachige benachbarte Republik Moldau, hat nach einer Entscheidung des Parlaments in Chisinau den Ausnahmezustand für zwei Monate, vom 1. April bis zum 30. Mai, verhängt. Interims-Ministerpräsident Aureliu Ciocoi beschloss, die Verfügung des Ausnahmezustands aufgrund der durch das neue Coronavirus verursachten epidemiologischen Situation anzuregen. Laut Radio Chisinau sind jedoch keine besonderen Gesundheits- oder Wirtschaftsmaßnahmen vorgesehen, sondern nur eine Ausweitung der Vorrechte der Regierung. In den nächsten zwei Monaten sollen Bewegungseinschränkungen, verschärfte Quarantäne- und Arbeitsbestimmungen eingeführt werden.
Die Maßnahme steht massiv unter Kritik. Der Vorwurf lautet, diese sei aus wahltaktischen Gründen getroffen worden. Der Gesetzentwurf zur Verhängung des Ausnahmezustands wurde von den sozialistischen Abgeordneten des ehemaligen prorussischen Staatsoberhauptes Igor Dodon und denen der Mitte-Links-Partei ȘOR initiiert, deren Einfluss die relativ neue Staatspräsidentin Maia Sandu beschränken möchte, um ihre proeuropäischen Pläne umsetzen zu können.
Vor zwei Wochen hat Ihr Vorsitzender, Herr Dodon, gesagt, dass es keine Voraussetzungen, keine Notwendigkeit und kein Erfordernis für einen Ausnahmezustand besteht. Was hat sich in diesen zwei, drei Wochen verändert? Ich sage Ihnen was: die Umstände für die Auflösung des Parlaments! Ihr einziger Plan ist, auf diese Weise vorgezogene Wahlen so spät wie möglich oder gar nicht durchzuführen.“ Dies sagte der Abgeordnete Mihai Popșoi, von der Mitte-Rechts-Partei Aktion und Solidarität. Ihm erwiderte der Sozialist Vasile Bolea: Gestern hatten wir mehr als 60 Corona-Todesfälle. Das ist es, was sich geändert hat. Die Zahl könnte auf über 100 Tote am Tag steigen.“
Da unter dem Ausnahmezustand keine Wahlen abgehalten werden können, will die Sozialistische Partei, nach Meinung einiger politischer Experten, Zeit schinden und nutzt schamlos ein soziales Thema aus. Die Sozialisten sagen, dass sie keine vorgezogenen Parlamentswahlen inmitten einer Pandemie akzeptieren werden und beschuldigen die Präsidentin, auf zynische Weise das Leben der Menschen, um persönlicher und parteipolitischer Ambitionen willen, aufs Spiel zu setzen. Unterdessen hat die Präsidentin Maia Sandu die rechtlichen Voraussetzungen für die Auflösung des Parlaments vom Verfassungsgericht prüfen lassen. Maia Sandu argumentiert, dass es der Legislative in zwei Versuchen nicht gelungen ist, eine Regierung zu wählen, aber auch, dass die derzeitige parlamentarische Mehrheit korrupte Gruppen schützt und nicht nach bürgernahen Lösungen sucht.