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Regierung und Opposition machen mobil: Erklärungen und Kontroversen

Die Sozialdemokratische Partei, die stärkste Partei der Regierungskoalition in Rumänien, organisiert am Samstag, den 9. Juni, eine Großkundgebung zur Unterstützung der Demokratie und gegen die Verletzungen der Rechtsstaatlichkeit.

Regierung und Opposition machen mobil: Erklärungen und Kontroversen
Regierung und Opposition machen mobil: Erklärungen und Kontroversen

, 05.06.2018, 14:00

Seit eineinhalb Jahren finden in Bukarest, in den rumänischen Gro‎ßstädten und überall in der Welt, wo die Rumänen, die ein besseres Leben wollten, sich niedergelassen haben, immer wieder Protestkundgebungen statt. Die wiederholten Proteste der rumänischen Bürger richten sich gegen die linksgerichtete parlamentarische Mehrheit, die nach den Wahlen 2016 in Rumänien die Regierung bildete, und seitdem versucht, sich die Justiz unterzuordnen und die Bekämpfung der Korruption zu stoppen, meinen die härtesten Kritiker der Regierungskoalition. Die Sozialdemokratische Partei PSD, die stärkste Partei der Regierungskoalition in Rumänien, versucht seit langem den Stra‎ßenprotesten der rumänischen Bürger eine Gro‎ßkundgebung entgegenzusetzen. Nach einigem Hin und Her in Bezug auf das Datum und das Thema der Kundgebung hat der PSD-Vorsitzende Liviu Dragnea den 9. Juni als Datum und auch den Zweck der Kundgebung bekanntgegeben:



Wir veranstalten diese Kundgebung um zu zeigen, dass wir entschlossen sind, bis zum Ende zu gehen, damit Rumänien ein demokratisches Land wird, ein Land, wo die Grundrechte und Freiheiten der Bürger respektiert werden. Wir erwarten alle Bürger, die in einem freien Land leben wollen, in einem Land, in dem keine Einrichtungen mehr unter Terror stehen müssen, in einem Land, in dem sich nicht mehr die Frage über eine illegitime Struktur stellt, welche die staatlichen Einrichtungen und die Entscheidungen parasitiert.”



Haupthema der PSD-Kundgebung wird also wieder die Justiz sein. Die Sozialdemokraten zielen auf den sog. parallellen Staat”, eine vermeintliche illegitime, verdeckte Struktur, die die Regierung unterminieren soll. Laut den Regierungsparteien (das sind die Sozialdemokratische Partei PSD und die Allianz der Liberalen und Demokraten ALDE) würden innerhalb dieser ominösen Struktur mehrere Politiker, Staatsanwälte und Geheimdienste zusammenarbeiten, um die unerwünschten Politiker und Entscheidungsträger durch öffentliche Intoxikation, wiederholten Machtmissbrauch und getürkte Prozessakten zu kompromittieren.



Andererseits betonte der PSD-Vorsitzende Liviu Dragnea, dass zwischen der Kundgebung am 9. Juni und dem für den 8. Juni angekündigte Urteil gegen den PSD-Chef wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch keinen Zusammenhang gebe. Am Vorabend der Kundgebung, am Freitag, den 8. Juni, soll das Oberste Gericht Rumäniens das Urteil im Strafverfahren gegen den PSD-Vorsitzenden und Präsidenten der Abgeordnetenkammer Liviu Dragnea aussprechen. Liviu Dragnea wird der Korruption beschuldigt; beim Gerichtstermin am 15. Mai hatte die Antikorruptionsstaatsanwaltschaft DNA in der Anklageschrift Freiheitsstrafen von 5 Jahren und 5 Monaten wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch und 2 Jahren und 6 Monaten wegen Fälschung gefordert. Dragnea soll als Kreisratsvorsitzender des Kreises Teleorman (im Süden Rumäniens) die fiktive Einstellung zweier Frauen, PSD-Parteimitglieder, beim Jugendamt Teleorman angeordnet haben. Die Gehälter der zwei Frauen wurden von öffentlichen Geldern bezahlt, obwohl sie nicht fürs Jugendamt sondern ausschlie‎ßlich für die Sozialdemokratische Partei PSD gearbeitet haben. Gegen Liviu Dragnea war bereits 2016 ein endgültiges Strafurteil ausgesprochen worden, eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren zu Bewährung wegen versuchten Wahlbetrugs.



Die Nationalliberale Partei PNL (von der Opposition) will auf die PSD-Kundgebung reagieren und Aktionen zur Unterstützung eines in Vorbereitung befindenden Misstrauensantrags gegen die Regierung organisieren. Dazu der Vorsitzende der Nationalliberalen Partei PNL, Ludovic Orban:



Wir werden mit Sicherheit an alle appellieren, die von der PSD die Nase voll haben, und wissen, dass die Sozialdemokratische Partei Rumänien verspottet und die Chancen der Rumänen auf ein besseres Leben kompromittiert. Wir werden alle Rumänen zu unseren Protestaktionen erwarten, zusammen mit unseren Parteimitgliedern und unseren Sympathisanten.”



Ermuntert werden die oppositionellen Liberalen bei der Vorbereitung ihres Misstrauensantrags gegen die Regierung auch durch die Überläufe vieler PSD-Mitglieder zu anderen Parteien und durch einen möglichen Schiffbruch der Sozialdemokratischen Partei mit Liviu Dragnea am Steuer. Die PSD-Überläufer sammelten sich in der Zwergpartei Pro Romania“ um ihren ehemaligen Parteivorsitzenden und sozialdemokratischen Premier, Victor Ponta.



Parallell zum komplizierten politischen Kontext steht Rumänien auch vor einer gefährlichen Verfassungskrise. Letzte Woche hat das Verfassungsgericht entschieden, dass der Staatspräsident Klaus Iohannis das Dekret zur Amtsenthebung der DNA-Chefin, Laura Codruţa Kövesi, erlassen müsse, wie der Justizminister, Tudorel Toader, bereits im Februar gefordert hatte. Die Verfassungsrichter haben festgestellt, der Staatschef hätte einen Konflikt mit der Regierung verursacht, als er es abgelehnt hatte, die Chefstaatsanwältin der Antikorruptionsbehörde, Laura Codruţa Kövesi, aus ihrem Amt zu entlassen. Sehr viele Rumänen haben diese Entscheidung, die mit ihrem zwingenden Ton weit über die vorigen Entscheidungen des Verfassungsgerichtes hinausgeht, als unbegreiflich empfunden. Dadurch steigen die Spannungen und auch die legitimen Befürchtungen der Bürger in Bezug auf das Schicksal der Justiz und des Kampfes gegen die Korruption in Rumänien, meinen die Kommentatoren. Seinerseits erklärte Staatspräsident Iohannis, er werde abwarten, bis das Verfassungsgericht die Begründung für seine Entscheidung in dieser Angelegenheit veröffentlicht, und dann werde er entsprechend agieren.




foto: pixabay.com
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