PSD: Fehde an der Spitze der rumänischen Sozialdemokraten
Drei Spitzenvertreter der regierenden Sozialdemokratischen Partei fordern den Parteivorsitzenden Liviu Dragnea in einem offenen Brief zum Rücktritt aus allen Ämtern auf.
Ştefan Stoica, 20.09.2018, 17:15
Es ist kein halbes Jahr vergangen, seit die Sozialdemokraten in Bukarest die Frage des Vorsitzenden Liviu Dragnea, ob sie ihn weiter an ihrer Spitze haben wollen, unter frenetischem Applaus und Enthusiasmus mit Ja“ beantwortet haben — der kommunistischen Zeit nicht unähnlich. Heute ist die Stimmung eine ganz andere. Drei Vizevorsitzende der Partei — der Vizepremierminister Paul Stănescu, die Oberbürgermeisterin Bukarests, Gabriela Firea, und der Vizevorsitzende des Senats, Adrian Ţuţuianu, — haben eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet, in der sie Liviu Dragnea zum Rücktritt aus dem Amt des Parteivorsitzenden und des Vorsitzenden der Abgeordnetenkammer auffordern.
Der machtbewusste Politiker, der sich den Sieg bei den Parlamentswahlen im Jahr 2016 gutschreibt, als die Sozialdemokratischen Partei fast die Hälfte der Parlamentssitze und das Amt des Bürgermeisters der Landeshauptstadt errungen hat, gilt heute als Gefährder für seine Partei und die Regierungskoalition in Bukarest. Ein Gefährder vor allem aus rechtlichem Blickwinkel, wegen der Korruptionsverfahren, in denen er involviert ist. Seine Gegner werfen ihm vor, er würde die Legitimität der Reformbemühungen seiner Partei im Bereich der Justiz untergraben, weil diese Demarchen mit seinen ureigenen Interessen und denen ihm nahestehender Personen in Verbindung gebracht werden.
Die Spitzenvertreter der Sozialdemokratischen Partei werfen Dragnea eine willkürlichen Führung, parteiinterne Konflikte, in Folge derer zwei Ministerpräsidenten abgesetzt worden waren, sowie konfliktgeladene Beziehungen mit der Opposition, dem Präsidenten, den Geheimdiensten, der Generalstaatsanwaltschaft und der Korruptionsbekämpfungsbehörde vor. All das habe das Misstrauen der Bevölkerung gegenüber der Partei gestärkt. Die Partei selbst ist in den Umfragen stark gesunken, obwohl es dem Lande wirtschaftlich gut gehe. Adrian Ţuţuianu behauptet, der Brief werde von vielen Parteiorganisationen unterstützt. Ţuţuianu:
Dieser Brief ist ein Weckruf. Wir haben alle Parlamentarier der Sozialdemokratischen Partei, alle Filialevorsitzenden, Landkreisratsvorsitzenden, Landräte eingeladen, sich uns anzuschließen. Unsere Demarche zielt einzig auf die nationalen Interessen und die Interessen der Sozialdemokratischen Partei ab. Ich glaube, wir sollten nicht über das Amt sprechen. Wir werden am Freitag, auf dem Nationalen Exekutivkomitee darüber reden und dann werden Sie alle Details erfahren.“
In einer ersten Reaktion hat Liviu Dragnea mit Sarkasmus geantwortet und mit einen Kampf auf Leben und Tod“ gedroht:
Ich werde der Aufforderung nachgehen, diesen Brief zu lesen. Ich habe ihn nicht bis zum Ende gelesen, aber soweit ich lesen konnte, wollen sie vor allem Eines: dass wir uns nicht mehr mit Iohannis streiten, in Grunde sollen wir uns gleichschalten lassen und ihm hörig werden, ebenso sollen wir vor dem Inlandsnachrichtendienst, dem Dienst für Personenschutz und der Korruptionsbekämpfungsbehörde klein beigeben. Ich als Vorsitzender kann und werde es nicht zulassen, dass diese Partei ein Werkzeug dieser Behörden wirf, die sich nicht in die Politik einmischen sollten. Alles andere, was noch gesagt werden muss, werde ich auf der Tagung des Exekutivkomitees hinreichend eloquent, ausführlich und mit Nachdruck sagen.“
Die bürgerlichen Oppositionsparteien sehen den Kampf an der Spitze der Sozialdemokraten als eine Kontenregelung. Sie sollten sich jedoch vorwerfen, dass die Opposition zur Sozialdemokratischen Partei aus den Reihen der Sozialdemokraten selbst kommt, monieren die Medien.